Es mag entweder schräg', es mag gerade fallen, Es mag vereint, getheilt, gebrochen, rückwerts prallen; So theilt es sich Auch unsern Augen mit verschiedentlich. Die Cörper, welche glatt und dicht, Wodurch der Strahlen Schönheit nicht Geschwächt ist, drücken sie hell, gläntzend, rein, Schnell wiederum zurück in hellen Wiederschein. Wenn aber sie die Krafft an andre Cörper brechen, Die sie zertheilen, biegen, schwächen; So prallen sie auf unsre Blicke So gläntzend lange nicht, und nicht so starck, zurücke.
Wenn Phoebus sich von uns entfernet, (wie man meinet) Und er mit schrägem Blick auf unsre Fläche scheinet; So treffen uns von seinem Licht Sehr viele Strahlen nicht: Da eine grosse Meng' in Lüfften sich verlieret, Wodurch man minder Licht und minder Wärme spüret. Hingegen in der Sommer-Zeit, Wenn unser Horizont von Glantz und Heiterkeit Fast angezündet ist, durch seinen Flammen-Wagen, Der über unserm Haupt scheint in den Krebs zu jagen; So dringet auf uns zu, von allen Seiten, Sein Strahlen-Heer mit regen Heiterkeiten, Nichts hemmet ihren Lauf, nichts mindert ihre Pracht, Und wir empfinden mehr der Sonnen Licht und Macht.
Es täuschet unsern Blick das frühe Morgen-Licht, Das, wie man weiß, sich in den Lüfften bricht.
Es
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Von dem Licht.
Es mag entweder ſchraͤg’, es mag gerade fallen, Es mag vereint, getheilt, gebrochen, ruͤckwerts prallen; So theilt es ſich Auch unſern Augen mit verſchiedentlich. Die Coͤrper, welche glatt und dicht, Wodurch der Strahlen Schoͤnheit nicht Geſchwaͤcht iſt, druͤcken ſie hell, glaͤntzend, rein, Schnell wiederum zuruͤck in hellen Wiederſchein. Wenn aber ſie die Krafft an andre Coͤrper brechen, Die ſie zertheilen, biegen, ſchwaͤchen; So prallen ſie auf unſre Blicke So glaͤntzend lange nicht, und nicht ſo ſtarck, zuruͤcke.
Wenn Phoebus ſich von uns entfernet, (wie man meinet) Und er mit ſchraͤgem Blick auf unſre Flaͤche ſcheinet; So treffen uns von ſeinem Licht Sehr viele Strahlen nicht: Da eine groſſe Meng’ in Luͤfften ſich verlieret, Wodurch man minder Licht und minder Waͤrme ſpuͤret. Hingegen in der Sommer-Zeit, Wenn unſer Horizont von Glantz und Heiterkeit Faſt angezuͤndet iſt, durch ſeinen Flammen-Wagen, Der uͤber unſerm Haupt ſcheint in den Krebs zu jagen; So dringet auf uns zu, von allen Seiten, Sein Strahlen-Heer mit regen Heiterkeiten, Nichts hemmet ihren Lauf, nichts mindert ihre Pracht, Und wir empfinden mehr der Sonnen Licht und Macht.
Es taͤuſchet unſern Blick das fruͤhe Morgen-Licht, Das, wie man weiß, ſich in den Luͤfften bricht.
Es
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Von dem Licht.
Es mag entweder ſchraͤg’, es mag gerade fallen,
Es mag vereint, getheilt, gebrochen, ruͤckwerts prallen;
So theilt es ſich
Auch unſern Augen mit verſchiedentlich.
Die Coͤrper, welche glatt und dicht,
Wodurch der Strahlen Schoͤnheit nicht
Geſchwaͤcht iſt, druͤcken ſie hell, glaͤntzend, rein,
Schnell wiederum zuruͤck in hellen Wiederſchein.
Wenn aber ſie die Krafft an andre Coͤrper brechen,
Die ſie zertheilen, biegen, ſchwaͤchen;
So prallen ſie auf unſre Blicke
So glaͤntzend lange nicht, und nicht ſo ſtarck, zuruͤcke.
Wenn Phoebus ſich von uns entfernet, (wie man meinet)
Und er mit ſchraͤgem Blick auf unſre Flaͤche ſcheinet;
So treffen uns von ſeinem Licht
Sehr viele Strahlen nicht:
Da eine groſſe Meng’ in Luͤfften ſich verlieret,
Wodurch man minder Licht und minder Waͤrme ſpuͤret.
Hingegen in der Sommer-Zeit,
Wenn unſer Horizont von Glantz und Heiterkeit
Faſt angezuͤndet iſt, durch ſeinen Flammen-Wagen,
Der uͤber unſerm Haupt ſcheint in den Krebs zu jagen;
So dringet auf uns zu, von allen Seiten,
Sein Strahlen-Heer mit regen Heiterkeiten,
Nichts hemmet ihren Lauf, nichts mindert ihre Pracht,
Und wir empfinden mehr der Sonnen Licht und Macht.
Es taͤuſchet unſern Blick das fruͤhe Morgen-Licht,
Das, wie man weiß, ſich in den Luͤfften bricht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/407>, abgerufen am 16.07.2024.
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