Ein mäßig ein gemildert Licht, Das, nur gelind und sanft beweget, Auf unser Aug' ein schwach Gefühl erreget, Ergötzet und vergnügt uns das Gesicht. Wenn aber durch die Schnelligkeit der Theile, Und durch der Klarheit spitze Pfeile Die Augen sehr erschüttert seyn; Erreget es uns eine Pein, Wie eine strenge Hitz auf eine Hand, Wenn selbe schon vorhin verbrannt.
Dies reine Licht, die Seel' und Schönheit dieser Welt, Hat in der Sonnen Rund die Lebens-reiche Quelle. Man sehe nur von ihrer Pracht die Stelle, Da, wo der Morgen sie für seine Gottheit hält. Den Augenblick, wenn sie den Lauf scheint anzufangen, Und sie den halben Theil der Erden übergüldet; So sehen wir, so bald sie aufgegangen, Sie als ein feurig Rund, mit Glantz gekrönt, gebildet. Es rühret alles sich durch ihren Lebens-Schein, Sie füllt, durchdringt, und nimmt die Himmels-Tieffen ein.
Man dencke nicht, daß sie durch so viel Zeichen rennt, Und glaube sicherlich, ihr Sitz sey fest gestellt Jm Mittelpunct der Welt, Formirt aus Cörperchen, die zart und rein, Und sehr beweglich seyn, Ein rund Gefäß, das voll vom ersten Element,
Von
A a 2
Von dem Licht.
Ein maͤßig ein gemildert Licht, Das, nur gelind und ſanft beweget, Auf unſer Aug’ ein ſchwach Gefuͤhl erreget, Ergoͤtzet und vergnuͤgt uns das Geſicht. Wenn aber durch die Schnelligkeit der Theile, Und durch der Klarheit ſpitze Pfeile Die Augen ſehr erſchuͤttert ſeyn; Erreget es uns eine Pein, Wie eine ſtrenge Hitz auf eine Hand, Wenn ſelbe ſchon vorhin verbrannt.
Dies reine Licht, die Seel’ und Schoͤnheit dieſer Welt, Hat in der Sonnen Rund die Lebens-reiche Quelle. Man ſehe nur von ihrer Pracht die Stelle, Da, wo der Morgen ſie fuͤr ſeine Gottheit haͤlt. Den Augenblick, wenn ſie den Lauf ſcheint anzufangen, Und ſie den halben Theil der Erden uͤberguͤldet; So ſehen wir, ſo bald ſie aufgegangen, Sie als ein feurig Rund, mit Glantz gekroͤnt, gebildet. Es ruͤhret alles ſich durch ihren Lebens-Schein, Sie fuͤllt, durchdringt, und nimmt die Himmels-Tieffen ein.
Man dencke nicht, daß ſie durch ſo viel Zeichen rennt, Und glaube ſicherlich, ihr Sitz ſey feſt geſtellt Jm Mittelpunct der Welt, Formirt aus Coͤrperchen, die zart und rein, Und ſehr beweglich ſeyn, Ein rund Gefaͤß, das voll vom erſten Element,
Von
A a 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0401"n="371"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem Licht.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">E</hi>in maͤßig ein gemildert Licht,</l><lb/><l>Das, nur gelind und ſanft beweget,</l><lb/><l>Auf unſer Aug’ ein ſchwach Gefuͤhl erreget,</l><lb/><l>Ergoͤtzet und vergnuͤgt uns das Geſicht.</l><lb/><l>Wenn aber durch die Schnelligkeit der Theile,</l><lb/><l>Und durch der Klarheit ſpitze Pfeile</l><lb/><l>Die Augen ſehr erſchuͤttert ſeyn;</l><lb/><l>Erreget es uns eine Pein,</l><lb/><l>Wie eine ſtrenge Hitz auf eine Hand,</l><lb/><l>Wenn ſelbe ſchon vorhin verbrannt.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">D</hi>ies reine Licht, die Seel’ und Schoͤnheit dieſer Welt,</l><lb/><l>Hat in der Sonnen Rund die Lebens-reiche Quelle.</l><lb/><l>Man ſehe nur von ihrer Pracht die Stelle,</l><lb/><l>Da, wo der Morgen ſie fuͤr ſeine Gottheit haͤlt.</l><lb/><l>Den Augenblick, wenn ſie den Lauf ſcheint anzufangen,</l><lb/><l>Und ſie den halben Theil der Erden uͤberguͤldet;</l><lb/><l>So ſehen wir, ſo bald ſie aufgegangen,</l><lb/><l>Sie als ein feurig Rund, mit Glantz gekroͤnt, gebildet.</l><lb/><l>Es ruͤhret alles ſich durch ihren Lebens-Schein,</l><lb/><l>Sie fuͤllt, durchdringt, und nimmt die Himmels-Tieffen ein.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">M</hi>an dencke nicht, daß ſie durch ſo viel Zeichen rennt,</l><lb/><l>Und glaube ſicherlich, ihr Sitz ſey feſt geſtellt</l><lb/><l>Jm Mittelpunct der Welt,</l><lb/><l>Formirt aus Coͤrperchen, die zart und rein,</l><lb/><l>Und ſehr beweglich ſeyn,</l><lb/><l>Ein rund Gefaͤß, das voll vom erſten Element,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Von</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[371/0401]
Von dem Licht.
Ein maͤßig ein gemildert Licht,
Das, nur gelind und ſanft beweget,
Auf unſer Aug’ ein ſchwach Gefuͤhl erreget,
Ergoͤtzet und vergnuͤgt uns das Geſicht.
Wenn aber durch die Schnelligkeit der Theile,
Und durch der Klarheit ſpitze Pfeile
Die Augen ſehr erſchuͤttert ſeyn;
Erreget es uns eine Pein,
Wie eine ſtrenge Hitz auf eine Hand,
Wenn ſelbe ſchon vorhin verbrannt.
Dies reine Licht, die Seel’ und Schoͤnheit dieſer Welt,
Hat in der Sonnen Rund die Lebens-reiche Quelle.
Man ſehe nur von ihrer Pracht die Stelle,
Da, wo der Morgen ſie fuͤr ſeine Gottheit haͤlt.
Den Augenblick, wenn ſie den Lauf ſcheint anzufangen,
Und ſie den halben Theil der Erden uͤberguͤldet;
So ſehen wir, ſo bald ſie aufgegangen,
Sie als ein feurig Rund, mit Glantz gekroͤnt, gebildet.
Es ruͤhret alles ſich durch ihren Lebens-Schein,
Sie fuͤllt, durchdringt, und nimmt die Himmels-Tieffen ein.
Man dencke nicht, daß ſie durch ſo viel Zeichen rennt,
Und glaube ſicherlich, ihr Sitz ſey feſt geſtellt
Jm Mittelpunct der Welt,
Formirt aus Coͤrperchen, die zart und rein,
Und ſehr beweglich ſeyn,
Ein rund Gefaͤß, das voll vom erſten Element,
Von
A a 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/401>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.