Die erst bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu drücken Die Cörper, so da um sie seyn; Die Würckung aber ist verschiedlich, insgemein. Durch Trummel-Schläg' erzittern Fenster-Scheiben, Die auf gewisse Weit' entfernet bleiben; Da sie ein stärckrer Ton im mindsten nicht bewegt. Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait' erregt: Wodurch man alsobald verspürt, Daß eine andere sich gleichfalls rührt. Die denn, wofern man sie in selben Ton gestimmt, Erbebt und unberührt auch gleichen Ton annimmt.
Viel Oerter finden sich, die nie zurücke lencken Die Töne, die wir in sie sencken: Und andere, worinn also die Töne fallen; Daß selbe, wiederholt, zum öfftern rückwerts prallen. Viel Hölen giebts, worinn die Töne gleichsam sterben, Und, als verschluckt, ohn Gegenklang verderben. Noch giebt es andre Hölen, Die, was man ihnen sagt, gedoppelt uns erzehlen. Auch Grotten, Felsen, Stein', in die der Ton sich senckt, Sich recht zusammen presst und rückwerts lenckt, Ja eben, wie man ihn formirt, Uns, öffters wiederholt, wird wieder zugeführt.
Hiedurch belebet sich die Fabel auf das neu, Wir wissen nun, welch' eine Stimm' es sey, Die, wie man spricht, so ängstlich sich beklaget.
Die
Von dem Ton.
Die erſt bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu druͤcken Die Coͤrper, ſo da um ſie ſeyn; Die Wuͤrckung aber iſt verſchiedlich, insgemein. Durch Trummel-Schlaͤg’ erzittern Fenſter-Scheiben, Die auf gewiſſe Weit’ entfernet bleiben; Da ſie ein ſtaͤrckrer Ton im mindſten nicht bewegt. Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait’ erregt: Wodurch man alſobald verſpuͤrt, Daß eine andere ſich gleichfalls ruͤhrt. Die denn, wofern man ſie in ſelben Ton geſtimmt, Erbebt und unberuͤhrt auch gleichen Ton annimmt.
Viel Oerter finden ſich, die nie zuruͤcke lencken Die Toͤne, die wir in ſie ſencken: Und andere, worinn alſo die Toͤne fallen; Daß ſelbe, wiederholt, zum oͤfftern ruͤckwerts prallen. Viel Hoͤlen giebts, worinn die Toͤne gleichſam ſterben, Und, als verſchluckt, ohn Gegenklang verderben. Noch giebt es andre Hoͤlen, Die, was man ihnen ſagt, gedoppelt uns erzehlen. Auch Grotten, Felſen, Stein’, in die der Ton ſich ſenckt, Sich recht zuſammen preſſt und ruͤckwerts lenckt, Ja eben, wie man ihn formirt, Uns, oͤffters wiederholt, wird wieder zugefuͤhrt.
Hiedurch belebet ſich die Fabel auf das neu, Wir wiſſen nun, welch’ eine Stimm’ es ſey, Die, wie man ſpricht, ſo aͤngſtlich ſich beklaget.
Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0395"n="365"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem Ton.</hi></fw><lb/><lgtype="poem"><l>Die erſt bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu druͤcken</l><lb/><l>Die Coͤrper, ſo da um ſie ſeyn;</l><lb/><l>Die Wuͤrckung aber iſt verſchiedlich, insgemein.</l><lb/><l>Durch Trummel-Schlaͤg’ erzittern Fenſter-Scheiben,</l><lb/><l>Die auf gewiſſe Weit’ entfernet bleiben;</l><lb/><l>Da ſie ein ſtaͤrckrer Ton im mindſten nicht bewegt.</l><lb/><l>Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait’ erregt:</l><lb/><l>Wodurch man alſobald verſpuͤrt,</l><lb/><l>Daß eine andere ſich gleichfalls ruͤhrt.</l><lb/><l>Die denn, wofern man ſie in ſelben Ton geſtimmt,</l><lb/><l>Erbebt und unberuͤhrt auch gleichen Ton annimmt.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">V</hi>iel Oerter finden ſich, die nie zuruͤcke lencken</l><lb/><l>Die Toͤne, die wir in ſie ſencken:</l><lb/><l>Und andere, worinn alſo die Toͤne fallen;</l><lb/><l>Daß ſelbe, wiederholt, zum oͤfftern ruͤckwerts prallen.</l><lb/><l>Viel Hoͤlen giebts, worinn die Toͤne gleichſam ſterben,</l><lb/><l>Und, als verſchluckt, ohn Gegenklang verderben.</l><lb/><l>Noch giebt es andre Hoͤlen,</l><lb/><l>Die, was man ihnen ſagt, gedoppelt uns erzehlen.</l><lb/><l>Auch Grotten, Felſen, Stein’, in die der Ton ſich ſenckt,</l><lb/><l>Sich recht zuſammen preſſt und ruͤckwerts lenckt,</l><lb/><l>Ja eben, wie man ihn formirt,</l><lb/><l>Uns, oͤffters wiederholt, wird wieder zugefuͤhrt.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">H</hi>iedurch belebet ſich die Fabel auf das neu,</l><lb/><l>Wir wiſſen nun, welch’ eine Stimm’ es ſey,</l><lb/><l>Die, wie man ſpricht, ſo aͤngſtlich ſich beklaget.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[365/0395]
Von dem Ton.
Die erſt bewegte Lufft giebt ihnen Macht zu druͤcken
Die Coͤrper, ſo da um ſie ſeyn;
Die Wuͤrckung aber iſt verſchiedlich, insgemein.
Durch Trummel-Schlaͤg’ erzittern Fenſter-Scheiben,
Die auf gewiſſe Weit’ entfernet bleiben;
Da ſie ein ſtaͤrckrer Ton im mindſten nicht bewegt.
Durch einen Bogen-Strich wird eine Sait’ erregt:
Wodurch man alſobald verſpuͤrt,
Daß eine andere ſich gleichfalls ruͤhrt.
Die denn, wofern man ſie in ſelben Ton geſtimmt,
Erbebt und unberuͤhrt auch gleichen Ton annimmt.
Viel Oerter finden ſich, die nie zuruͤcke lencken
Die Toͤne, die wir in ſie ſencken:
Und andere, worinn alſo die Toͤne fallen;
Daß ſelbe, wiederholt, zum oͤfftern ruͤckwerts prallen.
Viel Hoͤlen giebts, worinn die Toͤne gleichſam ſterben,
Und, als verſchluckt, ohn Gegenklang verderben.
Noch giebt es andre Hoͤlen,
Die, was man ihnen ſagt, gedoppelt uns erzehlen.
Auch Grotten, Felſen, Stein’, in die der Ton ſich ſenckt,
Sich recht zuſammen preſſt und ruͤckwerts lenckt,
Ja eben, wie man ihn formirt,
Uns, oͤffters wiederholt, wird wieder zugefuͤhrt.
Hiedurch belebet ſich die Fabel auf das neu,
Wir wiſſen nun, welch’ eine Stimm’ es ſey,
Die, wie man ſpricht, ſo aͤngſtlich ſich beklaget.
Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/395>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.