Die unterschiedne Macht Von einer jeglichen Bewegung stammt allein Von der Bewegung her, die allgemein. Und ob es gleich gantz anders scheint zu seyn, Jst es dennoch, wenn wir es überlegen, Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen. Kan unser Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen: So muß sich unser Geist doch nicht damit betrügen.
Noch bey der überall bemerckten Flüchtigkeit Die solche Wunder wirckt, und solche Last bewegt, Sieht man zu aller Zeit, Jn unterschiednen Dingen, So manche plötzliche Veränderung entspringen, Durch kleine Federchen erregt, Die nicht zu sehen sind. Man will es stets ergründen, Und immer jedem Ding' ein eigne Ursach finden. Man grübelt und man sucht so manchen Unterscheid, An statt gefundner Deutlichkeit; Erfüllt man alle Ding mit dunckler Eigenschafft. Man höret anders nichts, als eine gährende, Bald eine Sympathetische, Bald eine zu sich ziehnde Krafft. Die einige Bewegung muß allein Durch eitle Nahmen nur so offt vervielfacht seyn.
Der
Q 4
Von den abſonderlichen Bewegungen.
Von den abſonderlichen Bewe- gungen.
Die unterſchiedne Macht Von einer jeglichen Bewegung ſtammt allein Von der Bewegung her, die allgemein. Und ob es gleich gantz anders ſcheint zu ſeyn, Jſt es dennoch, wenn wir es uͤberlegen, Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen. Kan unſer Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen: So muß ſich unſer Geiſt doch nicht damit betruͤgen.
Noch bey der uͤberall bemerckten Fluͤchtigkeit Die ſolche Wunder wirckt, und ſolche Laſt bewegt, Sieht man zu aller Zeit, Jn unterſchiednen Dingen, So manche ploͤtzliche Veraͤnderung entſpringen, Durch kleine Federchen erregt, Die nicht zu ſehen ſind. Man will es ſtets ergruͤnden, Und immer jedem Ding’ ein eigne Urſach finden. Man gruͤbelt und man ſucht ſo manchen Unterſcheid, An ſtatt gefundner Deutlichkeit; Erfuͤllt man alle Ding mit dunckler Eigenſchafft. Man hoͤret anders nichts, als eine gaͤhrende, Bald eine Sympathetiſche, Bald eine zu ſich ziehnde Krafft. Die einige Bewegung muß allein Durch eitle Nahmen nur ſo offt vervielfacht ſeyn.
Der
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Von den abſonderlichen Bewegungen.
Von den abſonderlichen Bewe-
gungen.
Die unterſchiedne Macht
Von einer jeglichen Bewegung ſtammt allein
Von der Bewegung her, die allgemein.
Und ob es gleich gantz anders ſcheint zu ſeyn,
Jſt es dennoch, wenn wir es uͤberlegen,
Richts, als von einem Ort zum andern, ein Bewegen.
Kan unſer Sinn nun gleich hievon nicht Nachricht kriegen:
So muß ſich unſer Geiſt doch nicht damit betruͤgen.
Noch bey der uͤberall bemerckten Fluͤchtigkeit
Die ſolche Wunder wirckt, und ſolche Laſt bewegt,
Sieht man zu aller Zeit,
Jn unterſchiednen Dingen,
So manche ploͤtzliche Veraͤnderung entſpringen,
Durch kleine Federchen erregt,
Die nicht zu ſehen ſind. Man will es ſtets ergruͤnden,
Und immer jedem Ding’ ein eigne Urſach finden.
Man gruͤbelt und man ſucht ſo manchen Unterſcheid,
An ſtatt gefundner Deutlichkeit;
Erfuͤllt man alle Ding mit dunckler Eigenſchafft.
Man hoͤret anders nichts, als eine gaͤhrende,
Bald eine Sympathetiſche,
Bald eine zu ſich ziehnde Krafft.
Die einige Bewegung muß allein
Durch eitle Nahmen nur ſo offt vervielfacht ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/277>, abgerufen am 25.12.2024.
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