Wenn wir die Sonn' in beyden Sonnen-Wenden, Wie es uns vorkommt, sehn; So würckt dies alles doch allein der Erde Drehn. Denn, wenn sich die gemessne Schrancken enden, Es mag beym Steinbock so, als auch beym Krebs geschehn; So scheint im Gegen-Lauff die Sonn' in jenen Höhen, So viele Grade fortzugehen. Jhr Blick allein verursacht allezeit Der Aenderung getheilten Unterscheid. So wie die Erd' am Sonnen-Strahl Jn einem halben Jahr die Norder-Seite beut; Jm andern halben ihr die Süder-Seite zeiget, So zeiget sie gantz richtig allemahl Veständig' Aendrung ohne Zahl: Der Sommer folget stets dem grausen Frost, Der Frost folgt abermahl des Sommers schwülen Glantz: Wenn Nächt und Tage gleich; so reicht der Herbst uns Most, Der Frühling manchen Bluhmen-Crantz. Durch eben das, was uns der Täg' Ungleichheit macht. Sind auch die Aendrungen des Jahrs hervorgebracht.
Wenn nun die Sonne nicht mehr läufft Jn der Eccliptica, und man von ihrem Stand Die Wahrheit recht begreifft, Und ihre Ruh uns recht bekannt; So macht man mit geringrer Müh Die Welt- und Land-Chart' unsrer Erden. Es dürfen Poli nicht, Aequator, Tropici, Am Firmamente sich mehr eingebildet werden.
Die
Von der Sonne, Planeten, Firmament.
Wenn wir die Sonn’ in beyden Sonnen-Wenden, Wie es uns vorkommt, ſehn; So wuͤrckt dies alles doch allein der Erde Drehn. Denn, wenn ſich die gemeſſne Schrancken enden, Es mag beym Steinbock ſo, als auch beym Krebs geſchehn; So ſcheint im Gegen-Lauff die Sonn’ in jenen Hoͤhen, So viele Grade fortzugehen. Jhr Blick allein verurſacht allezeit Der Aenderung getheilten Unterſcheid. So wie die Erd’ am Sonnen-Strahl Jn einem halben Jahr die Norder-Seite beut; Jm andern halben ihr die Suͤder-Seite zeiget, So zeiget ſie gantz richtig allemahl Veſtaͤndig’ Aendrung ohne Zahl: Der Sommer folget ſtets dem grauſen Froſt, Der Froſt folgt abermahl des Sommers ſchwuͤlen Glantz: Wenn Naͤcht und Tage gleich; ſo reicht der Herbſt uns Moſt, Der Fruͤhling manchen Bluhmen-Crantz. Durch eben das, was uns der Taͤg’ Ungleichheit macht. Sind auch die Aendrungen des Jahrs hervorgebracht.
Wenn nun die Sonne nicht mehr laͤufft Jn der Eccliptica, und man von ihrem Stand Die Wahrheit recht begreifft, Und ihre Ruh uns recht bekannt; So macht man mit geringrer Muͤh Die Welt- und Land-Chart’ unſrer Erden. Es duͤrfen Poli nicht, Aequator, Tropici, Am Firmamente ſich mehr eingebildet werden.
Die
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Von der Sonne, Planeten, Firmament.
Wenn wir die Sonn’ in beyden Sonnen-Wenden,
Wie es uns vorkommt, ſehn;
So wuͤrckt dies alles doch allein der Erde Drehn.
Denn, wenn ſich die gemeſſne Schrancken enden,
Es mag beym Steinbock ſo, als auch beym Krebs geſchehn;
So ſcheint im Gegen-Lauff die Sonn’ in jenen Hoͤhen,
So viele Grade fortzugehen.
Jhr Blick allein verurſacht allezeit
Der Aenderung getheilten Unterſcheid.
So wie die Erd’ am Sonnen-Strahl
Jn einem halben Jahr die Norder-Seite beut;
Jm andern halben ihr die Suͤder-Seite zeiget,
So zeiget ſie gantz richtig allemahl
Veſtaͤndig’ Aendrung ohne Zahl:
Der Sommer folget ſtets dem grauſen Froſt,
Der Froſt folgt abermahl des Sommers ſchwuͤlen Glantz:
Wenn Naͤcht und Tage gleich; ſo reicht der Herbſt uns Moſt,
Der Fruͤhling manchen Bluhmen-Crantz.
Durch eben das, was uns der Taͤg’ Ungleichheit macht.
Sind auch die Aendrungen des Jahrs hervorgebracht.
Wenn nun die Sonne nicht mehr laͤufft
Jn der Eccliptica, und man von ihrem Stand
Die Wahrheit recht begreifft,
Und ihre Ruh uns recht bekannt;
So macht man mit geringrer Muͤh
Die Welt- und Land-Chart’ unſrer Erden.
Es duͤrfen Poli nicht, Aequator, Tropici,
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/235>, abgerufen am 19.07.2024.
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