Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von dem Bau der Welt. Durch einem stärckern Stern, wird immer der, so schwach, Sammt seiner eigenen Bewegung, fortgerissen: Wie, wenn in seiner Wuht, ein aufgeschwollner Bach Macht, daß durch schnellen Lauff die Fluhten schäumen müssen; Man Wirbel rollen sieht, Wovon ein jeglicher sich um sich selbsten drehet, Die aber doch der Bach, als der beständig gehet, Jn dem beschäumten Schooß beständig mit sich zieht. Wenn wir in diesen tieffen Höhen So mancherley Gestalt so vieler Sterne sehen; So fraget sichs: auf welche Weise werden So viele Sonnen, so viel' Erden Jn dieser Wirbel Schooß, in welchen sie verschrenckt? Es fraget sich, auf welche Weise, Von allen Ecken her, von ihrem äussern Creyse, Die Himmels-Lufft, in ihrer Flüssigkeit, Sich so gewaltig sencket Nach einem Mittel-Punct von Cörpern, die nicht gleich? Hier wird, da alles sich mit Macht im Creyse führt; Jm Mittel-Punet ein helles Rund formirt: Und dort auf gleiche Weise, Ein dunckles Rund in einem andern Creyse. Die Sonne, die umschränckt in einer glühnden Ründe, Zieht ihrer Klarheit helle Flammen Jn einen Mittel-Punet zusammen. Wer kan doch so zusammen dringen Solch einen regen Stoff, der sich empor zu schwingen Und L 5
Von dem Bau der Welt. Durch einem ſtaͤrckern Stern, wird immer der, ſo ſchwach, Sammt ſeiner eigenen Bewegung, fortgeriſſen: Wie, wenn in ſeiner Wuht, ein aufgeſchwollner Bach Macht, daß durch ſchnellen Lauff die Fluhten ſchaͤumen muͤſſen; Man Wirbel rollen ſieht, Wovon ein jeglicher ſich um ſich ſelbſten drehet, Die aber doch der Bach, als der beſtaͤndig gehet, Jn dem beſchaͤumten Schooß beſtaͤndig mit ſich zieht. Wenn wir in dieſen tieffen Hoͤhen So mancherley Geſtalt ſo vieler Sterne ſehen; So fraget ſichs: auf welche Weiſe werden So viele Sonnen, ſo viel’ Erden Jn dieſer Wirbel Schooß, in welchen ſie verſchrenckt? Es fraget ſich, auf welche Weiſe, Von allen Ecken her, von ihrem aͤuſſern Creyſe, Die Himmels-Lufft, in ihrer Fluͤſſigkeit, Sich ſo gewaltig ſencket Nach einem Mittel-Punct von Coͤrpern, die nicht gleich? Hier wird, da alles ſich mit Macht im Creyſe fuͤhrt; Jm Mittel-Punet ein helles Rund formirt: Und dort auf gleiche Weiſe, Ein dunckles Rund in einem andern Creyſe. Die Sonne, die umſchraͤnckt in einer gluͤhnden Ruͤnde, Zieht ihrer Klarheit helle Flammen Jn einen Mittel-Punet zuſammen. Wer kan doch ſo zuſammen dringen Solch einen regen Stoff, der ſich empor zu ſchwingen Und L 5
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Von dem Bau der Welt.
Durch einem ſtaͤrckern Stern, wird immer der, ſo ſchwach,
Sammt ſeiner eigenen Bewegung, fortgeriſſen:
Wie, wenn in ſeiner Wuht, ein aufgeſchwollner Bach
Macht, daß durch ſchnellen Lauff die Fluhten ſchaͤumen muͤſſen;
Man Wirbel rollen ſieht,
Wovon ein jeglicher ſich um ſich ſelbſten drehet,
Die aber doch der Bach, als der beſtaͤndig gehet,
Jn dem beſchaͤumten Schooß beſtaͤndig mit ſich zieht.
Wenn wir in dieſen tieffen Hoͤhen
So mancherley Geſtalt ſo vieler Sterne ſehen;
So fraget ſichs: auf welche Weiſe werden
So viele Sonnen, ſo viel’ Erden
Jn dieſer Wirbel Schooß, in welchen ſie verſchrenckt?
Es fraget ſich, auf welche Weiſe,
Von allen Ecken her, von ihrem aͤuſſern Creyſe,
Die Himmels-Lufft, in ihrer Fluͤſſigkeit,
Sich ſo gewaltig ſencket
Nach einem Mittel-Punct von Coͤrpern, die nicht gleich?
Hier wird, da alles ſich mit Macht im Creyſe fuͤhrt;
Jm Mittel-Punet ein helles Rund formirt:
Und dort auf gleiche Weiſe,
Ein dunckles Rund in einem andern Creyſe.
Die Sonne, die umſchraͤnckt in einer gluͤhnden Ruͤnde,
Zieht ihrer Klarheit helle Flammen
Jn einen Mittel-Punet zuſammen.
Wer kan doch ſo zuſammen dringen
Solch einen regen Stoff, der ſich empor zu ſchwingen
Und
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