Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730.Von den Eigenschafften der Materie. Wenn man darauf sein Aug' aufs Kleine lencket, Und auf der Kleinheit Grösse dencket; So theilt man sie Auch bis zu ihrem Ende nie. Der Geist verlieret sich, und alle Krafft vergehet, Ja der Verstand erstaunt, bewundert, und gestehet: Die Ding' auf beiden Seiten seyn Unendlich groß, unendlich klein. So viel und grosse Werck aus der Materie, Die unermäßlich ist, hervorgebracht, Sind all' aus Cörperchen, so nicht zu sehn, gemacht: Und die aufs neu, wenn sie sich mischen und verfliegen, Sich abermahl zum ersten Klumpen fügen. Von allen unterschiednen Dingen Fällt jedes unvermerckt das, drauf es würcket, an, Und suchet ihm den Untergang zu bringen. Ein jedes zögert nicht, und nimmt, wenn sie sich reiben, So zarte Theilchen weg, die man nicht sehen kan. Die Lufft, so leicht sie ist, durchgräbt den härtsten Stein: Die feuchte Nacht, des frohen Tages Schein Die haben unbekannte Spitzen, Wodurch sie alles abzunützen Geschickt und fähig seyn. Ohn allen Knall vom Donner und von Blitzen Vermag, Jhr stet- und unsichtbarer Schlag, Was noch so fest gegründet stund, Bis auf den Grund Herum zu stürzen, zu verstöhren. Es
Von den Eigenſchafften der Materie. Wenn man darauf ſein Aug’ aufs Kleine lencket, Und auf der Kleinheit Groͤſſe dencket; So theilt man ſie Auch bis zu ihrem Ende nie. Der Geiſt verlieret ſich, und alle Krafft vergehet, Ja der Verſtand erſtaunt, bewundert, und geſtehet: Die Ding’ auf beiden Seiten ſeyn Unendlich groß, unendlich klein. So viel und groſſe Werck aus der Materie, Die unermaͤßlich iſt, hervorgebracht, Sind all’ aus Coͤrperchen, ſo nicht zu ſehn, gemacht: Und die aufs neu, wenn ſie ſich miſchen und verfliegen, Sich abermahl zum erſten Klumpen fuͤgen. Von allen unterſchiednen Dingen Faͤllt jedes unvermerckt das, drauf es wuͤrcket, an, Und ſuchet ihm den Untergang zu bringen. Ein jedes zoͤgert nicht, und nimmt, wenn ſie ſich reiben, So zarte Theilchen weg, die man nicht ſehen kan. Die Lufft, ſo leicht ſie iſt, durchgraͤbt den haͤrtſten Stein: Die feuchte Nacht, des frohen Tages Schein Die haben unbekannte Spitzen, Wodurch ſie alles abzunuͤtzen Geſchickt und faͤhig ſeyn. Ohn allen Knall vom Donner und von Blitzen Vermag, Jhr ſtet- und unſichtbarer Schlag, Was noch ſo feſt gegruͤndet ſtund, Bis auf den Grund Herum zu ſtuͤrzen, zu verſtoͤhren. Es
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Von den Eigenſchafften der Materie.
Wenn man darauf ſein Aug’ aufs Kleine lencket,
Und auf der Kleinheit Groͤſſe dencket;
So theilt man ſie
Auch bis zu ihrem Ende nie.
Der Geiſt verlieret ſich, und alle Krafft vergehet,
Ja der Verſtand erſtaunt, bewundert, und geſtehet:
Die Ding’ auf beiden Seiten ſeyn
Unendlich groß, unendlich klein.
So viel und groſſe Werck aus der Materie,
Die unermaͤßlich iſt, hervorgebracht,
Sind all’ aus Coͤrperchen, ſo nicht zu ſehn, gemacht:
Und die aufs neu, wenn ſie ſich miſchen und verfliegen,
Sich abermahl zum erſten Klumpen fuͤgen.
Von allen unterſchiednen Dingen
Faͤllt jedes unvermerckt das, drauf es wuͤrcket, an,
Und ſuchet ihm den Untergang zu bringen.
Ein jedes zoͤgert nicht, und nimmt, wenn ſie ſich reiben,
So zarte Theilchen weg, die man nicht ſehen kan.
Die Lufft, ſo leicht ſie iſt, durchgraͤbt den haͤrtſten Stein:
Die feuchte Nacht, des frohen Tages Schein
Die haben unbekannte Spitzen,
Wodurch ſie alles abzunuͤtzen
Geſchickt und faͤhig ſeyn.
Ohn allen Knall vom Donner und von Blitzen
Vermag,
Jhr ſtet- und unſichtbarer Schlag,
Was noch ſo feſt gegruͤndet ſtund,
Bis auf den Grund
Herum zu ſtuͤrzen, zu verſtoͤhren.
Es
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