Die, wider die Natur der regen Flammen, still Und unbeweglich stehn: der seh' ein Tulpen-Feld, Das uns ein buntes Feu'r recht schön vor Augen stellt. Wie mannichfaltig nun der Tulpen Farben scheinen; So findet sich dennoch, (wer sollt' es meynen?) Daß sie nur bloß aus gelb, aus rot und weiß bestehn, Die aber die Natur so wunderbarlich mischt, Daß sie den Blick so gar durch ihre Gluht erfrischt. Hier sieht man gelbe Lichter blitzen, Da weisse, rote dort; Es haben rote weiss', und weisse rote, Spitzen; Hier mischt sich rot mit Gold, mit weiß an jenem Ort', Und zwar in so geformten Strichen, Daß sie gespitzt, getheilt recht einer Lohe glichen. Sie stell'ten einen süssen Brand Auf ihren Blättern vor. Ein dunkles Feuer glühet Jn einigen, wenn dort man einen weissen Rand Auf Purpur-farb'nen Bluhmen siehet. Man sieht so gar, und zwar nicht ohn Vergnügen, Oft in der Bluhme solch ein schwarz, wie Kolen, liegen. Jn Kolen schein't der Grund durchs Feur bereits verkehrt, Dadurch des Feuers Glanz und Gleichheit sich vermehrt. Es scheinet die Natur, ob wolle sie vor allen Uns in der Tulpen Heer fast mit Gewalt gefallen. Jhr unvergleichlich schönes Blat, Das sonsten breit und glatt, Wird zur Veränderung von ihr An der Monstros' in einer neuen Zier Nicht nur gekräus't und eingekerbt, Nein, auch zum Unterschied der Farben, grün gefärbt. Die Form der Bluhme selbst ist mehrenteils oval, Sie scheint ein netter Kelch, ein zierlicher Pocal, So bald sie offen geht, das allezeit geschicht, Wenn sie das warme Sonnen-Licht
Und
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Die, wider die Natur der regen Flammen, ſtill Und unbeweglich ſtehn: der ſeh’ ein Tulpen-Feld, Das uns ein buntes Feu’r recht ſchoͤn vor Augen ſtellt. Wie mannichfaltig nun der Tulpen Farben ſcheinen; So findet ſich dennoch, (wer ſollt’ es meynen?) Daß ſie nur bloß aus gelb, aus rot und weiß beſtehn, Die aber die Natur ſo wunderbarlich miſcht, Daß ſie den Blick ſo gar durch ihre Gluht erfriſcht. Hier ſieht man gelbe Lichter blitzen, Da weiſſe, rote dort; Es haben rote weiſſ’, und weiſſe rote, Spitzen; Hier miſcht ſich rot mit Gold, mit weiß an jenem Ort’, Und zwar in ſo geformten Strichen, Daß ſie geſpitzt, getheilt recht einer Lohe glichen. Sie ſtell’ten einen ſuͤſſen Brand Auf ihren Blaͤttern vor. Ein dunkles Feuer gluͤhet Jn einigen, wenn dort man einen weiſſen Rand Auf Purpur-farb’nen Bluhmen ſiehet. Man ſieht ſo gar, und zwar nicht ohn Vergnuͤgen, Oft in der Bluhme ſolch ein ſchwarz, wie Kolen, liegen. Jn Kolen ſchein’t der Grund durchs Feur bereits verkehrt, Dadurch des Feuers Glanz und Gleichheit ſich vermehrt. Es ſcheinet die Natur, ob wolle ſie vor allen Uns in der Tulpen Heer faſt mit Gewalt gefallen. Jhr unvergleichlich ſchoͤnes Blat, Das ſonſten breit und glatt, Wird zur Veraͤnderung von ihr An der Monſtroſ’ in einer neuen Zier Nicht nur gekraͤuſ’t und eingekerbt, Nein, auch zum Unterſchied der Farben, gruͤn gefaͤrbt. Die Form der Bluhme ſelbſt iſt mehrenteils oval, Sie ſcheint ein netter Kelch, ein zierlicher Pocal, So bald ſie offen geht, das allezeit geſchicht, Wenn ſie das warme Sonnen-Licht
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Die, wider die Natur der regen Flammen, ſtill</l><lb/><l>Und unbeweglich ſtehn: der ſeh’ ein Tulpen-Feld,</l><lb/><l>Das uns ein buntes Feu’r recht ſchoͤn vor Augen ſtellt.</l><lb/><l>Wie mannichfaltig nun der Tulpen Farben ſcheinen;</l><lb/><l>So findet ſich dennoch, (wer ſollt’ es meynen?)</l><lb/><l>Daß ſie nur bloß aus gelb, aus rot und weiß beſtehn,</l><lb/><l>Die aber die Natur ſo wunderbarlich miſcht,</l><lb/><l>Daß ſie den Blick ſo gar durch ihre Gluht erfriſcht.</l><lb/><l>Hier ſieht man gelbe Lichter blitzen,</l><lb/><l>Da weiſſe, rote dort;</l><lb/><l>Es haben rote weiſſ’, und weiſſe rote, Spitzen;</l><lb/><l>Hier miſcht ſich rot mit Gold, mit weiß an jenem Ort’,</l><lb/><l>Und zwar in ſo geformten Strichen,</l><lb/><l>Daß ſie geſpitzt, getheilt recht einer Lohe glichen.</l><lb/><l>Sie ſtell’ten einen ſuͤſſen Brand</l><lb/><l>Auf ihren Blaͤttern vor. Ein dunkles Feuer gluͤhet</l><lb/><l>Jn einigen, wenn dort man einen weiſſen Rand</l><lb/><l>Auf Purpur-farb’nen Bluhmen ſiehet.</l><lb/><l>Man ſieht ſo gar, und zwar nicht ohn Vergnuͤgen,</l><lb/><l>Oft in der Bluhme ſolch ein ſchwarz, wie Kolen, liegen.</l><lb/><l>Jn Kolen ſchein’t der Grund durchs Feur bereits verkehrt,</l><lb/><l>Dadurch des Feuers Glanz und Gleichheit ſich vermehrt.</l><lb/><l>Es ſcheinet die Natur, ob wolle ſie vor allen</l><lb/><l>Uns in der Tulpen Heer faſt mit Gewalt gefallen.</l><lb/><l>Jhr unvergleichlich ſchoͤnes Blat,</l><lb/><l>Das ſonſten breit und glatt,</l><lb/><l>Wird zur Veraͤnderung von ihr</l><lb/><l>An der Monſtroſ’ in einer neuen Zier</l><lb/><l>Nicht nur gekraͤuſ’t und eingekerbt,</l><lb/><l>Nein, auch zum Unterſchied der Farben, gruͤn gefaͤrbt.</l><lb/><l>Die Form der Bluhme ſelbſt iſt mehrenteils oval,</l><lb/><l>Sie ſcheint ein netter Kelch, ein zierlicher Pocal,</l><lb/><l>So bald ſie offen geht, das allezeit geſchicht,</l><lb/><l>Wenn ſie das warme Sonnen-Licht</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="sig">C 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Und</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Die, wider die Natur der regen Flammen, ſtill
Und unbeweglich ſtehn: der ſeh’ ein Tulpen-Feld,
Das uns ein buntes Feu’r recht ſchoͤn vor Augen ſtellt.
Wie mannichfaltig nun der Tulpen Farben ſcheinen;
So findet ſich dennoch, (wer ſollt’ es meynen?)
Daß ſie nur bloß aus gelb, aus rot und weiß beſtehn,
Die aber die Natur ſo wunderbarlich miſcht,
Daß ſie den Blick ſo gar durch ihre Gluht erfriſcht.
Hier ſieht man gelbe Lichter blitzen,
Da weiſſe, rote dort;
Es haben rote weiſſ’, und weiſſe rote, Spitzen;
Hier miſcht ſich rot mit Gold, mit weiß an jenem Ort’,
Und zwar in ſo geformten Strichen,
Daß ſie geſpitzt, getheilt recht einer Lohe glichen.
Sie ſtell’ten einen ſuͤſſen Brand
Auf ihren Blaͤttern vor. Ein dunkles Feuer gluͤhet
Jn einigen, wenn dort man einen weiſſen Rand
Auf Purpur-farb’nen Bluhmen ſiehet.
Man ſieht ſo gar, und zwar nicht ohn Vergnuͤgen,
Oft in der Bluhme ſolch ein ſchwarz, wie Kolen, liegen.
Jn Kolen ſchein’t der Grund durchs Feur bereits verkehrt,
Dadurch des Feuers Glanz und Gleichheit ſich vermehrt.
Es ſcheinet die Natur, ob wolle ſie vor allen
Uns in der Tulpen Heer faſt mit Gewalt gefallen.
Jhr unvergleichlich ſchoͤnes Blat,
Das ſonſten breit und glatt,
Wird zur Veraͤnderung von ihr
An der Monſtroſ’ in einer neuen Zier
Nicht nur gekraͤuſ’t und eingekerbt,
Nein, auch zum Unterſchied der Farben, gruͤn gefaͤrbt.
Die Form der Bluhme ſelbſt iſt mehrenteils oval,
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Wenn ſie das warme Sonnen-Licht
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/77>, abgerufen am 24.11.2024.
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