Sieht man die Welt Nach ihren Gütern an, wodurch sie uns erhält; So scheint sie uns zum Nutz hervor gebracht. Doch schauet man Sie bloß nach ihrer Pracht, Nach ihrer Harmonie und Schönheit an; So scheinet sie zu uns'rer Lust gemacht.
Die Sonne, so der Erde Sel' und Geist Mit allem Rechte heisst, Aus welcher das, was Nutz und Narung bringet, Unstreitig grösten Teils entspringet, Erfüllet durchs Gesicht und durchs Gefül die Brust Mit Anmut, Lieblichkeit und Lust.
Die ungezäl'te Schar der Tiere, der Geflügel, Die GOtt der HErr in unserm Leben Uns zum verschiedenen Gebrauch gegeben, Erfüllet auch zu gleicher Zeit Die Wälder, Felder, Thal und Hügel Mit mannigfalt'ger Lieblichkeit. Sie dienet uns zur Lust, zum jagen, Und durch die Schönheit, so sie schmückt, Erreget sie uns mancherley Behagen. Die klaren Bäche, Flüss' und Seen, Erfrischen, wenn man sie erblickt, Nicht minder das Gesicht und den Verstand, Als das durch sie erfrischte Land, Wodurch sie rieseln, fliessen, gehen.
Verschied'ne grosse Geister meinen, Daß es durchaus nicht sey von ungesehr geschehen, Wann GOtt, den Kreis der Welt zu schmücken,
Beschlos-
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Gedanken von der Welt Schoͤnheit.
Sieht man die Welt Nach ihren Guͤtern an, wodurch ſie uns erhaͤlt; So ſcheint ſie uns zum Nutz hervor gebracht. Doch ſchauet man Sie bloß nach ihrer Pracht, Nach ihrer Harmonie und Schoͤnheit an; So ſcheinet ſie zu unſ’rer Luſt gemacht.
Die Sonne, ſo der Erde Sel’ und Geiſt Mit allem Rechte heiſſt, Aus welcher das, was Nutz und Narung bringet, Unſtreitig groͤſten Teils entſpringet, Erfuͤllet durchs Geſicht und durchs Gefuͤl die Bruſt Mit Anmut, Lieblichkeit und Luſt.
Die ungezaͤl’te Schar der Tiere, der Gefluͤgel, Die GOtt der HErr in unſerm Leben Uns zum verſchiedenen Gebrauch gegeben, Erfuͤllet auch zu gleicher Zeit Die Waͤlder, Felder, Thal und Huͤgel Mit mannigfalt’ger Lieblichkeit. Sie dienet uns zur Luſt, zum jagen, Und durch die Schoͤnheit, ſo ſie ſchmuͤckt, Erreget ſie uns mancherley Behagen. Die klaren Baͤche, Fluͤſſ’ und Seen, Erfriſchen, wenn man ſie erblickt, Nicht minder das Geſicht und den Verſtand, Als das durch ſie erfriſchte Land, Wodurch ſie rieſeln, flieſſen, gehen.
Verſchied’ne groſſe Geiſter meinen, Daß es durchaus nicht ſey von ungeſehr geſchehen, Wann GOtt, den Kreis der Welt zu ſchmuͤcken,
Beſchloſ-
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Gedanken von der Welt
Schoͤnheit.
Sieht man die Welt
Nach ihren Guͤtern an, wodurch ſie uns erhaͤlt;
So ſcheint ſie uns zum Nutz hervor gebracht.
Doch ſchauet man
Sie bloß nach ihrer Pracht,
Nach ihrer Harmonie und Schoͤnheit an;
So ſcheinet ſie zu unſ’rer Luſt gemacht.
Die Sonne, ſo der Erde Sel’ und Geiſt
Mit allem Rechte heiſſt,
Aus welcher das, was Nutz und Narung bringet,
Unſtreitig groͤſten Teils entſpringet,
Erfuͤllet durchs Geſicht und durchs Gefuͤl die Bruſt
Mit Anmut, Lieblichkeit und Luſt.
Die ungezaͤl’te Schar der Tiere, der Gefluͤgel,
Die GOtt der HErr in unſerm Leben
Uns zum verſchiedenen Gebrauch gegeben,
Erfuͤllet auch zu gleicher Zeit
Die Waͤlder, Felder, Thal und Huͤgel
Mit mannigfalt’ger Lieblichkeit.
Sie dienet uns zur Luſt, zum jagen,
Und durch die Schoͤnheit, ſo ſie ſchmuͤckt,
Erreget ſie uns mancherley Behagen.
Die klaren Baͤche, Fluͤſſ’ und Seen,
Erfriſchen, wenn man ſie erblickt,
Nicht minder das Geſicht und den Verſtand,
Als das durch ſie erfriſchte Land,
Wodurch ſie rieſeln, flieſſen, gehen.
Verſchied’ne groſſe Geiſter meinen,
Daß es durchaus nicht ſey von ungeſehr geſchehen,
Wann GOtt, den Kreis der Welt zu ſchmuͤcken,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/573>, abgerufen am 23.02.2025.
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