Nicht unempfindlich ist; der tausend Feler hat; Den oft ein Vorurteil und oft ein Feu'r verwirr't; Der oft sich übereilt; der tausend mal geirrt; Ja der vielleicht selbst itzt, ob er gleich auf sich schmälet, Und selbst gestehen muß, daß, und wie oft er felet, Nicht unzufrieden ist. Warüm? Er denkt, erzelet, Und schreibt von seinem Jch.
Der Schöpfer kenn't allein, wie in dem Labyrinth Des Menschlichen Gemüt's so viele Winkel sind.
Ach GOTT, der Du das Herz ergründest, Die Nieren prüs'st, und klärlich findest, Weßwegen und wodurch ich denke, was ich denke, Weßwegen und wodurch ich thue, was ich thu'; Erbarme Du Dich mein, erleuchte, führe, lenke, Bereite meinen Sinn, formir' und richte Du Mein Herz nach Deinem Willen zu! Ach laß, o Grosses All, Du Schöpfer aller Dinge, Wenn ich von Deinen Werken singe, Nicht mich, mein elend mich, bloß Deine Gröss' allein, Den Endzweck meiner Lieder seyn! Gib zu der Absicht Deinen Segen, Daß viele sich, nebst mir, dadurch erbauen mögen; Daß ich nebst vielen stets, o HErr, zu Deinen Ehren, Empfinden, riechen, sehn, auch schmecken mag, und hören!
Auf-
J i 3
Nicht unempfindlich iſt; der tauſend Feler hat; Den oft ein Vorurteil und oft ein Feu’r verwirr’t; Der oft ſich uͤbereilt; der tauſend mal geirrt; Ja der vielleicht ſelbſt itzt, ob er gleich auf ſich ſchmaͤlet, Und ſelbſt geſtehen muß, daß, und wie oft er felet, Nicht unzufrieden iſt. Waruͤm? Er denkt, erzelet, Und ſchreibt von ſeinem Jch.
Der Schoͤpfer kenn’t allein, wie in dem Labyrinth Des Menſchlichen Gemuͤt’s ſo viele Winkel ſind.
Ach GOTT, der Du das Herz ergruͤndeſt, Die Nieren pruͤſ’ſt, und klaͤrlich findeſt, Weßwegen und wodurch ich denke, was ich denke, Weßwegen und wodurch ich thue, was ich thu’; Erbarme Du Dich mein, erleuchte, fuͤhre, lenke, Bereite meinen Sinn, formir’ und richte Du Mein Herz nach Deinem Willen zu! Ach laß, o Groſſes All, Du Schoͤpfer aller Dinge, Wenn ich von Deinen Werken ſinge, Nicht mich, mein elend mich, bloß Deine Groͤſſ’ allein, Den Endzweck meiner Lieder ſeyn! Gib zu der Abſicht Deinen Segen, Daß viele ſich, nebſt mir, dadurch erbauen moͤgen; Daß ich nebſt vielen ſtets, o HErr, zu Deinen Ehren, Empfinden, riechen, ſehn, auch ſchmecken mag, und hoͤren!
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Nicht unempfindlich iſt; der tauſend Feler hat;
Den oft ein Vorurteil und oft ein Feu’r verwirr’t;
Der oft ſich uͤbereilt; der tauſend mal geirrt;
Ja der vielleicht ſelbſt itzt, ob er gleich auf ſich ſchmaͤlet,
Und ſelbſt geſtehen muß, daß, und wie oft er felet,
Nicht unzufrieden iſt. Waruͤm? Er denkt, erzelet,
Und ſchreibt von ſeinem Jch.
Der Schoͤpfer kenn’t allein, wie in dem Labyrinth
Des Menſchlichen Gemuͤt’s ſo viele Winkel ſind.
Ach GOTT, der Du das Herz ergruͤndeſt,
Die Nieren pruͤſ’ſt, und klaͤrlich findeſt,
Weßwegen und wodurch ich denke, was ich denke,
Weßwegen und wodurch ich thue, was ich thu’;
Erbarme Du Dich mein, erleuchte, fuͤhre, lenke,
Bereite meinen Sinn, formir’ und richte Du
Mein Herz nach Deinem Willen zu!
Ach laß, o Groſſes All, Du Schoͤpfer aller Dinge,
Wenn ich von Deinen Werken ſinge,
Nicht mich, mein elend mich, bloß Deine Groͤſſ’ allein,
Den Endzweck meiner Lieder ſeyn!
Gib zu der Abſicht Deinen Segen,
Daß viele ſich, nebſt mir, dadurch erbauen moͤgen;
Daß ich nebſt vielen ſtets, o HErr, zu Deinen Ehren,
Empfinden, riechen, ſehn, auch ſchmecken mag, und hoͤren!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/537>, abgerufen am 22.11.2024.
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