Ob gleich die scharfe Luft die Lust ihm oft verleidet, Wenn sie die spröde Haut fast wie ein Messer schneidet; So ist jedennoch ihm im Ofen, auf dem Heerd, Das Holz zur Lust und Linderung bescher't.
Der Gärtner fängt itzt an, die Weiden, Auch and're Bäume, zu beschneiden, Verstör't der Raupen Nest, so an den Zweigen klebet, Er säubert, er versetzt, er düngt die Bäum', er gräbet Verschied'ne Beeten um, wanns Wetter leidlich ist, Besorgt das Saamen-Kraut, bereitet guten Mist, Sä't Zwiebeln, Selleri, Salat und Petersilgen, Und such't das alte Gras und Laub und Mooß zu tilgen.
Erwege denn, mein Herz, wie wunderbar Der weise Schöpfer herrscht, indem der Frost so gar Nicht nur das Aug' ergetzt, auch Nutz und Nahrung bringet! Ach daß die Menschheit denn dem grossen Schöpfer nicht, Von welchem ihr doch so viel Gut's geschicht, Jn ihrer Lust manch Dank- und Lob-Lied singet! Ach laß mich doch, mein Schöpfer, Deinen Segen Jn diesem Monat' oft, vor Lust erstaunt, erwegen; Absonderlich wenn ich durchs Feur im Frost nicht friere, Und denken, wenn ich solche Wunder spüre, Daß Dir, o HErr allein, Lob, Ehr' und Preis gebüre!
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Ob gleich die ſcharfe Luft die Luſt ihm oft verleidet, Wenn ſie die ſproͤde Haut faſt wie ein Meſſer ſchneidet; So iſt jedennoch ihm im Ofen, auf dem Heerd, Das Holz zur Luſt und Linderung beſcher’t.
Der Gaͤrtner faͤngt itzt an, die Weiden, Auch and’re Baͤume, zu beſchneiden, Verſtoͤr’t der Raupen Neſt, ſo an den Zweigen klebet, Er ſaͤubert, er verſetzt, er duͤngt die Baͤum’, er graͤbet Verſchied’ne Beeten um, wanns Wetter leidlich iſt, Beſorgt das Saamen-Kraut, bereitet guten Miſt, Saͤ’t Zwiebeln, Selleri, Salat und Peterſilgen, Und ſuch’t das alte Gras und Laub und Mooß zu tilgen.
Erwege denn, mein Herz, wie wunderbar Der weiſe Schoͤpfer herrſcht, indem der Froſt ſo gar Nicht nur das Aug’ ergetzt, auch Nutz und Nahrung bringet! Ach daß die Menſchheit denn dem groſſen Schoͤpfer nicht, Von welchem ihr doch ſo viel Gut’s geſchicht, Jn ihrer Luſt manch Dank- und Lob-Lied ſinget! Ach laß mich doch, mein Schoͤpfer, Deinen Segen Jn dieſem Monat’ oft, vor Luſt erſtaunt, erwegen; Abſonderlich wenn ich durchs Feur im Froſt nicht friere, Und denken, wenn ich ſolche Wunder ſpuͤre, Daß Dir, o HErr allein, Lob, Ehr’ und Preis gebuͤre!
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Ob gleich die ſcharfe Luft die Luſt ihm oft verleidet,
Wenn ſie die ſproͤde Haut faſt wie ein Meſſer ſchneidet;
So iſt jedennoch ihm im Ofen, auf dem Heerd,
Das Holz zur Luſt und Linderung beſcher’t.
Der Gaͤrtner faͤngt itzt an, die Weiden,
Auch and’re Baͤume, zu beſchneiden,
Verſtoͤr’t der Raupen Neſt, ſo an den Zweigen klebet,
Er ſaͤubert, er verſetzt, er duͤngt die Baͤum’, er graͤbet
Verſchied’ne Beeten um, wanns Wetter leidlich iſt,
Beſorgt das Saamen-Kraut, bereitet guten Miſt,
Saͤ’t Zwiebeln, Selleri, Salat und Peterſilgen,
Und ſuch’t das alte Gras und Laub und Mooß zu tilgen.
Erwege denn, mein Herz, wie wunderbar
Der weiſe Schoͤpfer herrſcht, indem der Froſt ſo gar
Nicht nur das Aug’ ergetzt, auch Nutz und Nahrung bringet!
Ach daß die Menſchheit denn dem groſſen Schoͤpfer nicht,
Von welchem ihr doch ſo viel Gut’s geſchicht,
Jn ihrer Luſt manch Dank- und Lob-Lied ſinget!
Ach laß mich doch, mein Schoͤpfer, Deinen Segen
Jn dieſem Monat’ oft, vor Luſt erſtaunt, erwegen;
Abſonderlich wenn ich durchs Feur im Froſt nicht friere,
Und denken, wenn ich ſolche Wunder ſpuͤre,
Daß Dir, o HErr allein, Lob, Ehr’ und Preis gebuͤre!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/509>, abgerufen am 16.02.2025.
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