Jch wäre ganz gewiß vergangen, Wofern ich nicht vergangen wäre. Es kann unmöglich anders seyn. Die Plagen selber, so die Frommen Auf Erden etwan überkommen, Verachtung, Armut, Schmerz und Pein, Die müssen ganz unfelbar ihnen Entweder hier noch in der Zeit, Wo nicht; doch in der Ewigkeit, Zu ihrem Glück und Besten dienen. Wer anders glaubt, thut nichts, als daß er GOttes Ehre Recht sträflich zu verringern sucht: Denn der verfluchte Satz ist seiner Meinung Frucht, Als ob nicht GOtt die ew'ge Liebe wäre.
Ach GOtt, gieb, daß ich thu nach meinen eig'nen Lehren! Verleihe mir, zu Deinen Ehren, Jm Glück' ein frohes Herz, voll froher Dankbarkeit, Und, wann es widrig geht, Gelassenheit! Absonderlich wenn etwa Gram und Leid, Schmerz, Mangel, Widerwärtigkeit Mich auch, wie and're, treffen; So gib, o wahrer GOtt, daß ich sodann Das Dir verkleinerliche Bild Von einem alten greisen Mann, Womit so manches Herz erfüllt, Aus meinem Herzen reissen kann! Von dieser Schwachheit zu genesen, Gib, daß ich meinen Geist und meine Sele hefte
An
Jch waͤre ganz gewiß vergangen, Wofern ich nicht vergangen waͤre. Es kann unmoͤglich anders ſeyn. Die Plagen ſelber, ſo die Frommen Auf Erden etwan uͤberkommen, Verachtung, Armut, Schmerz und Pein, Die muͤſſen ganz unfelbar ihnen Entweder hier noch in der Zeit, Wo nicht; doch in der Ewigkeit, Zu ihrem Gluͤck und Beſten dienen. Wer anders glaubt, thut nichts, als daß er GOttes Ehre Recht ſtraͤflich zu verringern ſucht: Denn der verfluchte Satz iſt ſeiner Meinung Frucht, Als ob nicht GOtt die ew’ge Liebe waͤre.
Ach GOtt, gieb, daß ich thu nach meinen eig’nen Lehren! Verleihe mir, zu Deinen Ehren, Jm Gluͤck’ ein frohes Herz, voll froher Dankbarkeit, Und, wann es widrig geht, Gelaſſenheit! Abſonderlich wenn etwa Gram und Leid, Schmerz, Mangel, Widerwaͤrtigkeit Mich auch, wie and’re, treffen; So gib, o wahrer GOtt, daß ich ſodann Das Dir verkleinerliche Bild Von einem alten greiſen Mann, Womit ſo manches Herz erfuͤllt, Aus meinem Herzen reiſſen kann! Von dieſer Schwachheit zu geneſen, Gib, daß ich meinen Geiſt und meine Sele hefte
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Jch waͤre ganz gewiß vergangen,
Wofern ich nicht vergangen waͤre.
Es kann unmoͤglich anders ſeyn.
Die Plagen ſelber, ſo die Frommen
Auf Erden etwan uͤberkommen,
Verachtung, Armut, Schmerz und Pein,
Die muͤſſen ganz unfelbar ihnen
Entweder hier noch in der Zeit,
Wo nicht; doch in der Ewigkeit,
Zu ihrem Gluͤck und Beſten dienen.
Wer anders glaubt, thut nichts, als daß er GOttes Ehre
Recht ſtraͤflich zu verringern ſucht:
Denn der verfluchte Satz iſt ſeiner Meinung Frucht,
Als ob nicht GOtt die ew’ge Liebe waͤre.
Ach GOtt, gieb, daß ich thu nach meinen eig’nen Lehren!
Verleihe mir, zu Deinen Ehren,
Jm Gluͤck’ ein frohes Herz, voll froher Dankbarkeit,
Und, wann es widrig geht, Gelaſſenheit!
Abſonderlich wenn etwa Gram und Leid,
Schmerz, Mangel, Widerwaͤrtigkeit
Mich auch, wie and’re, treffen;
So gib, o wahrer GOtt, daß ich ſodann
Das Dir verkleinerliche Bild
Von einem alten greiſen Mann,
Womit ſo manches Herz erfuͤllt,
Aus meinem Herzen reiſſen kann!
Von dieſer Schwachheit zu geneſen,
Gib, daß ich meinen Geiſt und meine Sele hefte
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/499>, abgerufen am 22.11.2024.
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