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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Da sie von der Natur und allen ihren Wegen
Die Ursach nicht, nicht einst das A B C versteht,
Wie ihre Widersprüch' es selbst vor Augen legen.

Noch eins: was jedes Thier am Guten einzeln hat,
Das hat der Mensch nicht nur in einem höhern Grad;
Er hat nicht nur den Trieb, den Geist, die Fähigkeiten,
Und alle Thierische Vollkommenheiten
Jn ihm allein vereint, nein noch viel mehr dazu.
Es ist auch dieses wahr; allein wie braucht er sie?
Wird auch von einem Thier, wird auch von allem Vieh
Dem Menschen so viel Plag' und Schaden zugefüget,
Als wie vom Menschen selbst? Kaum ist ein Wolf so wild,
Kaum ist ein frecher Bär mit solcher Wut erfüllt,
Als Menschen, die sich selbst zerfleischen und zerreissen
Durch Pulvec, Stal und Bley, weil ihnen die Natur
So Klau' als Zahn versag't. Mein, überleg' es nur!
Wie würdest du den Krieg ergrimmter Katzen heissen,
Wenn du in einem Thal durch Beissen und durch Kratzen
Die todten Aeser sähst von funfzig tausend Katzen?
Wie man doch leider oft gesehn,
Daß es mit grossem Mut und grossem Ruhm geschehn
Vom menschlichen Geschlecht'. Jch schweige vom Betriegen,
Vom Stolz, vom Neid' und Geiz, Verräterey und Lügen.
Wollt' ich die Menschen so, wie du, beschauen;
Mögt' einem Menschen ja fast vor den Menschen grauen.
Doch hör' ein einzigs noch, wodurch dein harter Schluß
Ob wär der Mensch so schlecht, gewiß sich ändern muß,
Weß du dich, gegen ihn zu schreiben, auch erkün'st.
Wie groß auch gleich die Gleichheit zwischen beyden;

Wird

Da ſie von der Natur und allen ihren Wegen
Die Urſach nicht, nicht einſt das A B C verſteht,
Wie ihre Widerſpruͤch’ es ſelbſt vor Augen legen.

Noch eins: was jedes Thier am Guten einzeln hat,
Das hat der Menſch nicht nur in einem hoͤhern Grad;
Er hat nicht nur den Trieb, den Geiſt, die Faͤhigkeiten,
Und alle Thieriſche Vollkommenheiten
Jn ihm allein vereint, nein noch viel mehr dazu.
Es iſt auch dieſes wahr; allein wie braucht er ſie?
Wird auch von einem Thier, wird auch von allem Vieh
Dem Menſchen ſo viel Plag’ und Schaden zugefuͤget,
Als wie vom Menſchen ſelbſt? Kaum iſt ein Wolf ſo wild,
Kaum iſt ein frecher Baͤr mit ſolcher Wut erfuͤllt,
Als Menſchen, die ſich ſelbſt zerfleiſchen und zerreiſſen
Durch Pulvec, Stal und Bley, weil ihnen die Natur
So Klau’ als Zahn verſag’t. Mein, uͤberleg’ es nur!
Wie wuͤrdeſt du den Krieg ergrimmter Katzen heiſſen,
Wenn du in einem Thal durch Beiſſen und durch Kratzen
Die todten Aeſer ſaͤhſt von funfzig tauſend Katzen?
Wie man doch leider oft geſehn,
Daß es mit groſſem Mut und groſſem Ruhm geſchehn
Vom menſchlichen Geſchlecht’. Jch ſchweige vom Betriegen,
Vom Stolz, vom Neid’ und Geiz, Verraͤterey und Luͤgen.
Wollt’ ich die Menſchen ſo, wie du, beſchauen;
Moͤgt’ einem Menſchen ja faſt vor den Menſchen grauen.
Doch hoͤr’ ein einzigs noch, wodurch dein harter Schluß
Ob waͤr der Menſch ſo ſchlecht, gewiß ſich aͤndern muß,
Weß du dich, gegen ihn zu ſchreiben, auch erkuͤn’ſt.
Wie groß auch gleich die Gleichheit zwiſchen beyden;

Wird
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[450/0486] Da ſie von der Natur und allen ihren Wegen Die Urſach nicht, nicht einſt das A B C verſteht, Wie ihre Widerſpruͤch’ es ſelbſt vor Augen legen. Noch eins: was jedes Thier am Guten einzeln hat, Das hat der Menſch nicht nur in einem hoͤhern Grad; Er hat nicht nur den Trieb, den Geiſt, die Faͤhigkeiten, Und alle Thieriſche Vollkommenheiten Jn ihm allein vereint, nein noch viel mehr dazu. Es iſt auch dieſes wahr; allein wie braucht er ſie? Wird auch von einem Thier, wird auch von allem Vieh Dem Menſchen ſo viel Plag’ und Schaden zugefuͤget, Als wie vom Menſchen ſelbſt? Kaum iſt ein Wolf ſo wild, Kaum iſt ein frecher Baͤr mit ſolcher Wut erfuͤllt, Als Menſchen, die ſich ſelbſt zerfleiſchen und zerreiſſen Durch Pulvec, Stal und Bley, weil ihnen die Natur So Klau’ als Zahn verſag’t. Mein, uͤberleg’ es nur! Wie wuͤrdeſt du den Krieg ergrimmter Katzen heiſſen, Wenn du in einem Thal durch Beiſſen und durch Kratzen Die todten Aeſer ſaͤhſt von funfzig tauſend Katzen? Wie man doch leider oft geſehn, Daß es mit groſſem Mut und groſſem Ruhm geſchehn Vom menſchlichen Geſchlecht’. Jch ſchweige vom Betriegen, Vom Stolz, vom Neid’ und Geiz, Verraͤterey und Luͤgen. Wollt’ ich die Menſchen ſo, wie du, beſchauen; Moͤgt’ einem Menſchen ja faſt vor den Menſchen grauen. Doch hoͤr’ ein einzigs noch, wodurch dein harter Schluß Ob waͤr der Menſch ſo ſchlecht, gewiß ſich aͤndern muß, Weß du dich, gegen ihn zu ſchreiben, auch erkuͤn’ſt. Wie groß auch gleich die Gleichheit zwiſchen beyden; Wird

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/486>, abgerufen am 25.11.2024.