Die T ... ihm beygebracht, als wenn auf dieser Welt Das Volk allein des Fürsten halber wäre; Nicht aber, wie es sich doch in der That verhält, Daß jeder Fürst der Unterthanen wegen Sein Amt empfangen hab'. Ach mögte nur allein Sein Fürst auf dieser Welt die Teufels Meynung hegen! So aber ist die Lehr' anitzt fast allgemein; Und dieses ist die Qvell, woraus ein Jammer-Meer Auf alle Menschen fliesst. Könnt' es nun ärger gehen, Und würd' auf dieser Welt mehr Frevel fast geschehen, Mehr Ungerechtigkeit, wenn durch ein Ungefehr Die Welt regieret würd'? Jch muß noch etwas sagen Von Unglücks-Fällen sonst und unverseh'nen Plagen: Wie sehr betrüb't uns nicht der Elementen Wut! Wie grausam stürzet oft die räuberische Flut Uns in den Armuhts-Pful? Frisst Hunger, Pest und Brand Nicht oft ein ganzes Land? Wie mancher ist wol eh' als wie ein Dieb gehangen, Der keinen Diebstal je begangen, Und dessen Unschuld erst, nachdem sie umgebracht, Ans Licht gekommen ist! Vergiesst des Krieges Wut Nicht sonder Unterschied unschuld- und schuldigs Blut? Könnt' es fast ärger gehn, wenn durch ein Ungesehr Der Kreis der Welt regieret wär!
Deßgleichen Urteil wird ja, leider! oft gefällt, Und weil so gar oft fromme Selen Sich mit so leidigen Gedanken qvälen; Hab' ich mir itzo vorgestellt, Und neme die Gelegenheit,
Um
Die T … ihm beygebracht, als wenn auf dieſer Welt Das Volk allein des Fuͤrſten halber waͤre; Nicht aber, wie es ſich doch in der That verhaͤlt, Daß jeder Fuͤrſt der Unterthanen wegen Sein Amt empfangen hab’. Ach moͤgte nur allein Sein Fuͤrſt auf dieſer Welt die Teufels Meynung hegen! So aber iſt die Lehr’ anitzt faſt allgemein; Und dieſes iſt die Qvell, woraus ein Jammer-Meer Auf alle Menſchen flieſſt. Koͤnnt’ es nun aͤrger gehen, Und wuͤrd’ auf dieſer Welt mehr Frevel faſt geſchehen, Mehr Ungerechtigkeit, wenn durch ein Ungefehr Die Welt regieret wuͤrd’? Jch muß noch etwas ſagen Von Ungluͤcks-Faͤllen ſonſt und unverſeh’nen Plagen: Wie ſehr betruͤb’t uns nicht der Elementen Wut! Wie grauſam ſtuͤrzet oft die raͤuberiſche Flut Uns in den Armuhts-Pful? Friſſt Hunger, Peſt und Brand Nicht oft ein ganzes Land? Wie mancher iſt wol eh’ als wie ein Dieb gehangen, Der keinen Diebſtal je begangen, Und deſſen Unſchuld erſt, nachdem ſie umgebracht, Ans Licht gekommen iſt! Vergieſſt des Krieges Wut Nicht ſonder Unterſchied unſchuld- und ſchuldigs Blut? Koͤnnt’ es faſt aͤrger gehn, wenn durch ein Ungeſehr Der Kreis der Welt regieret waͤr!
Deßgleichen Urteil wird ja, leider! oft gefaͤllt, Und weil ſo gar oft fromme Selen Sich mit ſo leidigen Gedanken qvaͤlen; Hab’ ich mir itzo vorgeſtellt, Und neme die Gelegenheit,
Um
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Die T … ihm beygebracht, als wenn auf dieſer Welt</l><lb/><l>Das Volk allein des Fuͤrſten halber waͤre;</l><lb/><l>Nicht aber, wie es ſich doch in der That verhaͤlt,</l><lb/><l>Daß jeder Fuͤrſt der Unterthanen wegen</l><lb/><l>Sein Amt empfangen hab’. Ach moͤgte nur allein</l><lb/><l>Sein Fuͤrſt auf dieſer Welt die Teufels Meynung hegen!</l><lb/><l>So aber iſt die Lehr’ anitzt faſt allgemein;</l><lb/><l>Und dieſes iſt die Qvell, woraus ein Jammer-Meer</l><lb/><l>Auf alle Menſchen flieſſt. Koͤnnt’ es nun aͤrger gehen,</l><lb/><l>Und wuͤrd’ auf dieſer Welt mehr Frevel faſt geſchehen,</l><lb/><l>Mehr Ungerechtigkeit, wenn durch ein Ungefehr</l><lb/><l>Die Welt regieret wuͤrd’? Jch muß noch etwas ſagen</l><lb/><l>Von Ungluͤcks-Faͤllen ſonſt und unverſeh’nen Plagen:</l><lb/><l>Wie ſehr betruͤb’t uns nicht der Elementen Wut!</l><lb/><l>Wie grauſam ſtuͤrzet oft die raͤuberiſche Flut</l><lb/><l>Uns in den Armuhts-Pful? Friſſt Hunger, Peſt und Brand</l><lb/><l>Nicht oft ein ganzes Land?</l><lb/><l>Wie mancher iſt wol eh’ als wie ein Dieb gehangen,</l><lb/><l>Der keinen Diebſtal je begangen,</l><lb/><l>Und deſſen Unſchuld erſt, nachdem ſie umgebracht,</l><lb/><l>Ans Licht gekommen iſt! Vergieſſt des Krieges Wut</l><lb/><l>Nicht ſonder Unterſchied unſchuld- und ſchuldigs Blut?</l><lb/><l>Koͤnnt’ es faſt aͤrger gehn, wenn durch ein Ungeſehr</l><lb/><l>Der Kreis der Welt regieret waͤr!</l></lg><lb/><lgn="30"><l>Deßgleichen Urteil wird ja, leider! oft gefaͤllt,</l><lb/><l>Und weil ſo gar oft fromme Selen</l><lb/><l>Sich mit ſo leidigen Gedanken qvaͤlen;</l><lb/><l>Hab’ ich mir itzo vorgeſtellt,</l><lb/><l>Und neme die Gelegenheit,</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Um</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Die T … ihm beygebracht, als wenn auf dieſer Welt
Das Volk allein des Fuͤrſten halber waͤre;
Nicht aber, wie es ſich doch in der That verhaͤlt,
Daß jeder Fuͤrſt der Unterthanen wegen
Sein Amt empfangen hab’. Ach moͤgte nur allein
Sein Fuͤrſt auf dieſer Welt die Teufels Meynung hegen!
So aber iſt die Lehr’ anitzt faſt allgemein;
Und dieſes iſt die Qvell, woraus ein Jammer-Meer
Auf alle Menſchen flieſſt. Koͤnnt’ es nun aͤrger gehen,
Und wuͤrd’ auf dieſer Welt mehr Frevel faſt geſchehen,
Mehr Ungerechtigkeit, wenn durch ein Ungefehr
Die Welt regieret wuͤrd’? Jch muß noch etwas ſagen
Von Ungluͤcks-Faͤllen ſonſt und unverſeh’nen Plagen:
Wie ſehr betruͤb’t uns nicht der Elementen Wut!
Wie grauſam ſtuͤrzet oft die raͤuberiſche Flut
Uns in den Armuhts-Pful? Friſſt Hunger, Peſt und Brand
Nicht oft ein ganzes Land?
Wie mancher iſt wol eh’ als wie ein Dieb gehangen,
Der keinen Diebſtal je begangen,
Und deſſen Unſchuld erſt, nachdem ſie umgebracht,
Ans Licht gekommen iſt! Vergieſſt des Krieges Wut
Nicht ſonder Unterſchied unſchuld- und ſchuldigs Blut?
Koͤnnt’ es faſt aͤrger gehn, wenn durch ein Ungeſehr
Der Kreis der Welt regieret waͤr!
Deßgleichen Urteil wird ja, leider! oft gefaͤllt,
Und weil ſo gar oft fromme Selen
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Hab’ ich mir itzo vorgeſtellt,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/478>, abgerufen am 22.11.2024.
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