Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Auf deren schwanken Zweigen wir
Zuweilen einen Rest verwelkter Blätter funden;
Die aber Wunder-schön, in einer gelben Zier,
An Farben kaum den schön'sten Bluhmen wichen,
Und, bey der grünen Dunkelheit
So mannigfalt'gem Unterscheid,
Oft einer reifen Frucht, ja güld'nen Aepfeln, glichen.

Es glänzten wie im Spiegel
Verschied'ne Stellen, wo der Schnee
Geschmolzen war und wiederum gefroren,
Darin ich, voller Lust, nicht nur die nahen Hügel
Jm Wider-Schein, nein selbst der Bäume Menge seh.
Die schien daher in deutlichster Gestalt
Recht als ein unter-ird'scher Wald.
Da war ein grünes Licht, dort eine grüne Nacht,
Hier eine Dämmerung, die gleichfalls grün zu sehn.
Die dreyfach untermischte Pracht
War untermischt so wol als einzeln Wunder-schön.
Die hohen Stämme glichen Seulen
An Höhe, Glätt' und runder Zierlichkeit.
Die rechte Masse herrscht' in allen ihren Teilen,
Bis zur Vollkommenheit.
Jn Welschland wird ein Stein gefunden,
Den man das alte Gelb, antico giallo, heisst,
Der klar und glatt, und mehr als Marmor gleisst.
So glänzten gelbe Stämm, und die erhaben stunden,
So daß der Sonnen-Stral die glatte Rinde ziert,
Die liessen recht, als wenn man sie vergüldet hätte.
Die rötlichen verglichen sich an Glätte,
An Farb' und Glanz dem Marmor, der polir't.

Es

Auf deren ſchwanken Zweigen wir
Zuweilen einen Reſt verwelkter Blaͤtter funden;
Die aber Wunder-ſchoͤn, in einer gelben Zier,
An Farben kaum den ſchoͤn’ſten Bluhmen wichen,
Und, bey der gruͤnen Dunkelheit
So mannigfalt’gem Unterſcheid,
Oft einer reifen Frucht, ja guͤld’nen Aepfeln, glichen.

Es glaͤnzten wie im Spiegel
Verſchied’ne Stellen, wo der Schnee
Geſchmolzen war und wiederum gefroren,
Darin ich, voller Luſt, nicht nur die nahen Huͤgel
Jm Wider-Schein, nein ſelbſt der Baͤume Menge ſeh.
Die ſchien daher in deutlichſter Geſtalt
Recht als ein unter-ird’ſcher Wald.
Da war ein gruͤnes Licht, dort eine gruͤne Nacht,
Hier eine Daͤmmerung, die gleichfalls gruͤn zu ſehn.
Die dreyfach untermiſchte Pracht
War untermiſcht ſo wol als einzeln Wunder-ſchoͤn.
Die hohen Staͤmme glichen Seulen
An Hoͤhe, Glaͤtt’ und runder Zierlichkeit.
Die rechte Maſſe herrſcht’ in allen ihren Teilen,
Bis zur Vollkommenheit.
Jn Welſchland wird ein Stein gefunden,
Den man das alte Gelb, antico giallo, heiſſt,
Der klar und glatt, und mehr als Marmor gleiſſt.
So glaͤnzten gelbe Staͤmm, und die erhaben ſtunden,
So daß der Sonnen-Stral die glatte Rinde ziert,
Die lieſſen recht, als wenn man ſie verguͤldet haͤtte.
Die roͤtlichen verglichen ſich an Glaͤtte,
An Farb’ und Glanz dem Marmor, der polir’t.

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="32">
            <l><pb facs="#f0454" n="418"/>
Auf deren &#x017F;chwanken Zweigen wir</l><lb/>
            <l>Zuweilen einen Re&#x017F;t verwelkter Bla&#x0364;tter funden;</l><lb/>
            <l>Die aber Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n, in einer gelben Zier,</l><lb/>
            <l>An Farben kaum den &#x017F;cho&#x0364;n&#x2019;&#x017F;ten Bluhmen wichen,</l><lb/>
            <l>Und, bey der gru&#x0364;nen Dunkelheit</l><lb/>
            <l>So mannigfalt&#x2019;gem Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
            <l>Oft einer reifen Frucht, ja gu&#x0364;ld&#x2019;nen Aepfeln, glichen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="33">
            <l>Es gla&#x0364;nzten wie im Spiegel</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chied&#x2019;ne Stellen, wo der Schnee</l><lb/>
            <l>Ge&#x017F;chmolzen war und wiederum gefroren,</l><lb/>
            <l>Darin ich, voller Lu&#x017F;t, nicht nur die nahen Hu&#x0364;gel</l><lb/>
            <l>Jm Wider-Schein, nein &#x017F;elb&#x017F;t der Ba&#x0364;ume Menge &#x017F;eh.</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chien daher in deutlich&#x017F;ter Ge&#x017F;talt</l><lb/>
            <l>Recht als ein unter-ird&#x2019;&#x017F;cher Wald.</l><lb/>
            <l>Da war ein gru&#x0364;nes Licht, dort eine gru&#x0364;ne Nacht,</l><lb/>
            <l>Hier eine Da&#x0364;mmerung, die gleichfalls gru&#x0364;n zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
            <l>Die dreyfach untermi&#x017F;chte Pracht</l><lb/>
            <l>War untermi&#x017F;cht &#x017F;o wol als einzeln Wunder-&#x017F;cho&#x0364;n.</l><lb/>
            <l>Die hohen Sta&#x0364;mme glichen Seulen</l><lb/>
            <l>An Ho&#x0364;he, Gla&#x0364;tt&#x2019; und runder Zierlichkeit.</l><lb/>
            <l>Die rechte Ma&#x017F;&#x017F;e herr&#x017F;cht&#x2019; in allen ihren Teilen,</l><lb/>
            <l>Bis zur Vollkommenheit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="34">
            <l>Jn Wel&#x017F;chland wird ein Stein gefunden,</l><lb/>
            <l>Den man das alte Gelb, <hi rendition="#aq">antico giallo,</hi> hei&#x017F;&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Der klar und glatt, und mehr als Marmor glei&#x017F;&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>So gla&#x0364;nzten gelbe Sta&#x0364;mm, und die erhaben &#x017F;tunden,</l><lb/>
            <l>So daß der Sonnen-Stral die glatte Rinde ziert,</l><lb/>
            <l>Die lie&#x017F;&#x017F;en recht, als wenn man &#x017F;ie vergu&#x0364;ldet ha&#x0364;tte.</l><lb/>
            <l>Die ro&#x0364;tlichen verglichen &#x017F;ich an Gla&#x0364;tte,</l><lb/>
            <l>An Farb&#x2019; und Glanz dem Marmor, der polir&#x2019;t.</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[418/0454] Auf deren ſchwanken Zweigen wir Zuweilen einen Reſt verwelkter Blaͤtter funden; Die aber Wunder-ſchoͤn, in einer gelben Zier, An Farben kaum den ſchoͤn’ſten Bluhmen wichen, Und, bey der gruͤnen Dunkelheit So mannigfalt’gem Unterſcheid, Oft einer reifen Frucht, ja guͤld’nen Aepfeln, glichen. Es glaͤnzten wie im Spiegel Verſchied’ne Stellen, wo der Schnee Geſchmolzen war und wiederum gefroren, Darin ich, voller Luſt, nicht nur die nahen Huͤgel Jm Wider-Schein, nein ſelbſt der Baͤume Menge ſeh. Die ſchien daher in deutlichſter Geſtalt Recht als ein unter-ird’ſcher Wald. Da war ein gruͤnes Licht, dort eine gruͤne Nacht, Hier eine Daͤmmerung, die gleichfalls gruͤn zu ſehn. Die dreyfach untermiſchte Pracht War untermiſcht ſo wol als einzeln Wunder-ſchoͤn. Die hohen Staͤmme glichen Seulen An Hoͤhe, Glaͤtt’ und runder Zierlichkeit. Die rechte Maſſe herrſcht’ in allen ihren Teilen, Bis zur Vollkommenheit. Jn Welſchland wird ein Stein gefunden, Den man das alte Gelb, antico giallo, heiſſt, Der klar und glatt, und mehr als Marmor gleiſſt. So glaͤnzten gelbe Staͤmm, und die erhaben ſtunden, So daß der Sonnen-Stral die glatte Rinde ziert, Die lieſſen recht, als wenn man ſie verguͤldet haͤtte. Die roͤtlichen verglichen ſich an Glaͤtte, An Farb’ und Glanz dem Marmor, der polir’t. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/454
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/454>, abgerufen am 25.11.2024.