Vergnüg'te mich so sehr, daß ich verschied'ne nam, Und zwischen zwey papir'nen Blättern leg'te, Woselbst, von aller Luft und Feuchtigkeit befreit, Sie Form und Farben lange Zeit Ohn' Aenderung behielten; Da sie denn oftmals mein Gesicht Vergnüg'ten, wenn zumal beym Licht Desselben Stralen durch sie spielten: Doch reichet nichts an ihren Schimmer, Wenn man dergleichen bunte Blätter, Bey heiterm Wetter, Ans Fenster kleb't von einem Zimmer, Das von der Sonnen Licht bestral't wird. Dann entdecket Sich nicht allein der Schmuck, der in denselben stecket; Der Adern bunte Meng' und zierliches Gewebe, Die Farben, brennen recht. Man kann mit tausend Freuden An ihrer bunten Gluht Gesicht und Sele weiden. Versuch' es einer nur! Er wird gestehn, Daß auf der Welt fast nichts so schön. Es wird kein Gold so zart, so rein, Wie künstlich man's auch spinn't, gesponnen, Als wie vom gelben Laub' im hellen Stral der Sonnen Die zartesten durchsicht'gen Adern seyn, Die, wenn wir sie mit Achtsamkeit besehen, Recht lieblich durch einander gehen; So daß es kein Verstand, kein Fleiß So zierlich nachzuweben weiß. Man kann, wie ich es denn probiret, Da ein Versuch uns immer weiter führet,
Die
Vergnuͤg’te mich ſo ſehr, daß ich verſchied’ne nam, Und zwiſchen zwey papir’nen Blaͤttern leg’te, Woſelbſt, von aller Luft und Feuchtigkeit befreit, Sie Form und Farben lange Zeit Ohn’ Aenderung behielten; Da ſie denn oftmals mein Geſicht Vergnuͤg’ten, wenn zumal beym Licht Deſſelben Stralen durch ſie ſpielten: Doch reichet nichts an ihren Schimmer, Wenn man dergleichen bunte Blaͤtter, Bey heiterm Wetter, Ans Fenſter kleb’t von einem Zimmer, Das von der Sonnen Licht beſtral’t wird. Dann entdecket Sich nicht allein der Schmuck, der in denſelben ſtecket; Der Adern bunte Meng’ und zierliches Gewebe, Die Farben, brennen recht. Man kann mit tauſend Freuden An ihrer bunten Gluht Geſicht und Sele weiden. Verſuch’ es einer nur! Er wird geſtehn, Daß auf der Welt faſt nichts ſo ſchoͤn. Es wird kein Gold ſo zart, ſo rein, Wie kuͤnſtlich man’s auch ſpinn’t, geſponnen, Als wie vom gelben Laub’ im hellen Stral der Sonnen Die zarteſten durchſicht’gen Adern ſeyn, Die, wenn wir ſie mit Achtſamkeit beſehen, Recht lieblich durch einander gehen; So daß es kein Verſtand, kein Fleiß So zierlich nachzuweben weiß. Man kann, wie ich es denn probiret, Da ein Verſuch uns immer weiter fuͤhret,
Die
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Vergnuͤg’te mich ſo ſehr, daß ich verſchied’ne nam,</l><lb/><l>Und zwiſchen zwey papir’nen Blaͤttern leg’te,</l><lb/><l>Woſelbſt, von aller Luft und Feuchtigkeit befreit,</l><lb/><l>Sie Form und Farben lange Zeit</l><lb/><l>Ohn’ Aenderung behielten;</l><lb/><l>Da ſie denn oftmals mein Geſicht</l><lb/><l>Vergnuͤg’ten, wenn zumal beym Licht</l><lb/><l>Deſſelben Stralen durch ſie ſpielten:</l><lb/><l>Doch reichet nichts an ihren Schimmer,</l><lb/><l>Wenn man dergleichen bunte Blaͤtter,</l><lb/><l>Bey heiterm Wetter,</l><lb/><l>Ans Fenſter kleb’t von einem Zimmer,</l><lb/><l>Das von der Sonnen Licht beſtral’t wird. Dann entdecket</l><lb/><l>Sich nicht allein der Schmuck, der in denſelben ſtecket;</l><lb/><l>Der Adern bunte Meng’ und zierliches Gewebe,</l><lb/><l>Die Farben, brennen recht. Man kann mit tauſend Freuden</l><lb/><l>An ihrer bunten Gluht Geſicht und Sele weiden.</l><lb/><l>Verſuch’ es einer nur! Er wird geſtehn,</l><lb/><l>Daß auf der Welt faſt nichts ſo ſchoͤn.</l><lb/><l>Es wird kein Gold ſo zart, ſo rein,</l><lb/><l>Wie kuͤnſtlich man’s auch ſpinn’t, geſponnen,</l><lb/><l>Als wie vom gelben Laub’ im hellen Stral der Sonnen</l><lb/><l>Die zarteſten durchſicht’gen Adern ſeyn,</l><lb/><l>Die, wenn wir ſie mit Achtſamkeit beſehen,</l><lb/><l>Recht lieblich durch einander gehen;</l><lb/><l>So daß es kein Verſtand, kein Fleiß</l><lb/><l>So zierlich nachzuweben weiß.</l><lb/><l>Man kann, wie ich es denn probiret,</l><lb/><l>Da ein Verſuch uns immer weiter fuͤhret,</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Vergnuͤg’te mich ſo ſehr, daß ich verſchied’ne nam,
Und zwiſchen zwey papir’nen Blaͤttern leg’te,
Woſelbſt, von aller Luft und Feuchtigkeit befreit,
Sie Form und Farben lange Zeit
Ohn’ Aenderung behielten;
Da ſie denn oftmals mein Geſicht
Vergnuͤg’ten, wenn zumal beym Licht
Deſſelben Stralen durch ſie ſpielten:
Doch reichet nichts an ihren Schimmer,
Wenn man dergleichen bunte Blaͤtter,
Bey heiterm Wetter,
Ans Fenſter kleb’t von einem Zimmer,
Das von der Sonnen Licht beſtral’t wird. Dann entdecket
Sich nicht allein der Schmuck, der in denſelben ſtecket;
Der Adern bunte Meng’ und zierliches Gewebe,
Die Farben, brennen recht. Man kann mit tauſend Freuden
An ihrer bunten Gluht Geſicht und Sele weiden.
Verſuch’ es einer nur! Er wird geſtehn,
Daß auf der Welt faſt nichts ſo ſchoͤn.
Es wird kein Gold ſo zart, ſo rein,
Wie kuͤnſtlich man’s auch ſpinn’t, geſponnen,
Als wie vom gelben Laub’ im hellen Stral der Sonnen
Die zarteſten durchſicht’gen Adern ſeyn,
Die, wenn wir ſie mit Achtſamkeit beſehen,
Recht lieblich durch einander gehen;
So daß es kein Verſtand, kein Fleiß
So zierlich nachzuweben weiß.
Man kann, wie ich es denn probiret,
Da ein Verſuch uns immer weiter fuͤhret,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/435>, abgerufen am 23.11.2024.
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