Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Sich diese gelbe Früchte kleiden. Wenn jemand, welches sonsten rar, Auch grüne Bluhmen sehen will; Der stehe bey den Qvitten still! Er wird auf ihren gelben Rinden Da, wo vorhin die weiss- und rote Blühte war, Ein zierlich grünes Blühmchen finden, Das wie ein kleiner Stern formir't, Und welches mir, wenn ichs mit Anmut sehe, Zuweilen zur gestirnten Höhe Die fröhlichen Gedanken führt. Jch sehe diese Frucht als wie ein Lehr-Bild an: Daß, wie dem Apfel-Heer sich stets ein Stern verbindet, Man auch im Jrdischen was Himmlisches stets findet, Aufs wenigst' immer finden kann. Nun komm' ich auf die Ahrt, wie man die Frucht ge- niesset, Die, wenn mans recht ermisst, Von andern abermal ganz unterschieden ist; Woraus denn die Betrachtung fliesset: Wer ist, so der Natur Veränd'rung g'nug ermessen, Und g'nug bewundern kann? Mensch, überleg' es wol! Man kann, wie Mispeln faul, so Qvitten gar, nur essen; Wobey man denn zugleich erwegen soll, Wie dieser Frucht Geschmack so unterschiedlich Von aller andern Frucht, wie säurlich und wie niedlich, Gesund und angenem die ed'le Qvitte sey. Wie wird durch sie das Blut erfrischet, Wenn sich's erhitzet hat? Wie mancherley Wird
Sich dieſe gelbe Fruͤchte kleiden. Wenn jemand, welches ſonſten rar, Auch gruͤne Bluhmen ſehen will; Der ſtehe bey den Qvitten ſtill! Er wird auf ihren gelben Rinden Da, wo vorhin die weiſſ- und rote Bluͤhte war, Ein zierlich gruͤnes Bluͤhmchen finden, Das wie ein kleiner Stern formir’t, Und welches mir, wenn ichs mit Anmut ſehe, Zuweilen zur geſtirnten Hoͤhe Die froͤhlichen Gedanken fuͤhrt. Jch ſehe dieſe Frucht als wie ein Lehr-Bild an: Daß, wie dem Apfel-Heer ſich ſtets ein Stern verbindet, Man auch im Jrdiſchen was Himmliſches ſtets findet, Aufs wenigſt’ immer finden kann. Nun komm’ ich auf die Ahrt, wie man die Frucht ge- nieſſet, Die, wenn mans recht ermiſſt, Von andern abermal ganz unterſchieden iſt; Woraus denn die Betrachtung flieſſet: Wer iſt, ſo der Natur Veraͤnd’rung g’nug ermeſſen, Und g’nug bewundern kann? Menſch, uͤberleg’ es wol! Man kann, wie Miſpeln faul, ſo Qvitten gar, nur eſſen; Wobey man denn zugleich erwegen ſoll, Wie dieſer Frucht Geſchmack ſo unterſchiedlich Von aller andern Frucht, wie ſaͤurlich und wie niedlich, Geſund und angenem die ed’le Qvitte ſey. Wie wird durch ſie das Blut erfriſchet, Wenn ſich’s erhitzet hat? Wie mancherley Wird
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Sich dieſe gelbe Fruͤchte kleiden.
Wenn jemand, welches ſonſten rar,
Auch gruͤne Bluhmen ſehen will;
Der ſtehe bey den Qvitten ſtill!
Er wird auf ihren gelben Rinden
Da, wo vorhin die weiſſ- und rote Bluͤhte war,
Ein zierlich gruͤnes Bluͤhmchen finden,
Das wie ein kleiner Stern formir’t,
Und welches mir, wenn ichs mit Anmut ſehe,
Zuweilen zur geſtirnten Hoͤhe
Die froͤhlichen Gedanken fuͤhrt.
Jch ſehe dieſe Frucht als wie ein Lehr-Bild an:
Daß, wie dem Apfel-Heer ſich ſtets ein Stern verbindet,
Man auch im Jrdiſchen was Himmliſches ſtets findet,
Aufs wenigſt’ immer finden kann.
Nun komm’ ich auf die Ahrt, wie man die Frucht ge-
nieſſet,
Die, wenn mans recht ermiſſt,
Von andern abermal ganz unterſchieden iſt;
Woraus denn die Betrachtung flieſſet:
Wer iſt, ſo der Natur Veraͤnd’rung g’nug ermeſſen,
Und g’nug bewundern kann? Menſch, uͤberleg’ es wol!
Man kann, wie Miſpeln faul, ſo Qvitten gar, nur eſſen;
Wobey man denn zugleich erwegen ſoll,
Wie dieſer Frucht Geſchmack ſo unterſchiedlich
Von aller andern Frucht, wie ſaͤurlich und wie niedlich,
Geſund und angenem die ed’le Qvitte ſey.
Wie wird durch ſie das Blut erfriſchet,
Wenn ſich’s erhitzet hat? Wie mancherley
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