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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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126.
Daß wir Schmerzen können leiden,
Und empfindlich sind für Pein,
Lehrt uns alle Sachen meiden,
Die uns schäd- und tödtlich seyn.
Diesem Sinn' ist zuzuschreiben,
Wenn wir unversehret bleiben.
Daß man sein' Erhaltung such't,
Jst nur des Gefüles Frucht.
Beschluß.
127.
Dieses ist's, was von den Sinnen
Unsern Sinnen ist bekannt.
Hat man aber gleich hierinnen
Alles Sinnen angewandt;
Bleibt das Wesen doch verborgen,
Ungeachtet aller Sorgen.
Muß der Klüg'ste doch gestehn,
Daß wir kaum den Schatten sehn.
128.
Daß wir aber dieß nicht fassen,
Dürfen wir uns warlich nicht
Gar zu sehr befremden lassen.
Hätten wir nur vier gekriegt,
Sag't, wer würde dann wol können
Auch des fünften Kraft nur nennen?
Daß uns also viel verhel't,
Kommt, weil uns der sechste fel't.
129.
126.
Daß wir Schmerzen koͤnnen leiden,
Und empfindlich ſind fuͤr Pein,
Lehrt uns alle Sachen meiden,
Die uns ſchaͤd- und toͤdtlich ſeyn.
Dieſem Sinn’ iſt zuzuſchreiben,
Wenn wir unverſehret bleiben.
Daß man ſein’ Erhaltung ſuch’t,
Jſt nur des Gefuͤles Frucht.
Beſchluß.
127.
Dieſes iſt’s, was von den Sinnen
Unſern Sinnen iſt bekannt.
Hat man aber gleich hierinnen
Alles Sinnen angewandt;
Bleibt das Weſen doch verborgen,
Ungeachtet aller Sorgen.
Muß der Kluͤg’ſte doch geſtehn,
Daß wir kaum den Schatten ſehn.
128.
Daß wir aber dieß nicht faſſen,
Duͤrfen wir uns warlich nicht
Gar zu ſehr befremden laſſen.
Haͤtten wir nur vier gekriegt,
Sag’t, wer wuͤrde dann wol koͤnnen
Auch des fuͤnften Kraft nur nennen?
Daß uns alſo viel verhel’t,
Kommt, weil uns der ſechſte fel’t.
129.
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[328/0364] 126. Daß wir Schmerzen koͤnnen leiden, Und empfindlich ſind fuͤr Pein, Lehrt uns alle Sachen meiden, Die uns ſchaͤd- und toͤdtlich ſeyn. Dieſem Sinn’ iſt zuzuſchreiben, Wenn wir unverſehret bleiben. Daß man ſein’ Erhaltung ſuch’t, Jſt nur des Gefuͤles Frucht. Beſchluß. 127. Dieſes iſt’s, was von den Sinnen Unſern Sinnen iſt bekannt. Hat man aber gleich hierinnen Alles Sinnen angewandt; Bleibt das Weſen doch verborgen, Ungeachtet aller Sorgen. Muß der Kluͤg’ſte doch geſtehn, Daß wir kaum den Schatten ſehn. 128. Daß wir aber dieß nicht faſſen, Duͤrfen wir uns warlich nicht Gar zu ſehr befremden laſſen. Haͤtten wir nur vier gekriegt, Sag’t, wer wuͤrde dann wol koͤnnen Auch des fuͤnften Kraft nur nennen? Daß uns alſo viel verhel’t, Kommt, weil uns der ſechſte fel’t. 129.

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/364>, abgerufen am 22.11.2024.