Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Kürbis.
Jch gieng im Garten hin und her,
Und sah von ungefehr,
Wie durch der Erlen dichte Wand
Von einem Kürbs die Ranken durchgedrungen,
Sich artig hin und her geschlungen,
Und in dem Steig' auf den betret'nen Sand
Sich ausgestreckt und ausgebreitet hatten.
Dieweil ich nun der Ranke Stand,
So wie sie lag, nicht sicher fand,
Jndem sie in Gefahr
An einem solchen Orte war
Vertreten und zerknickt zu werden;
Hub ich sie von der Erden,
Um, daß sie möchte sicher liegen,
Sie wiederum dahin zu biegen,
Woher sie kommen war; allein
Kaum mogte sie von mir gefasset seyn;
So brach sie, wie ein Glas. Ey daß dich! fing ich an,
Jst das nicht Schad'? Ey hätt' ich es gelassen!
Doch dacht' ich, wie ich mich besann,
Da der Verlust nicht groß, kann ich mich leichtlich fassen,
Und darf ja nicht verdrießlich seyn.
Mir fiel jedoch dabey dieß Sprichwort ein,
Das mich zum öftern schon gerühret:
Der Weg, den mancher nimmt, um etwas zu vermindern,

Jst
Der Kuͤrbis.
Jch gieng im Garten hin und her,
Und ſah von ungefehr,
Wie durch der Erlen dichte Wand
Von einem Kuͤrbs die Ranken durchgedrungen,
Sich artig hin und her geſchlungen,
Und in dem Steig’ auf den betret’nen Sand
Sich ausgeſtreckt und ausgebreitet hatten.
Dieweil ich nun der Ranke Stand,
So wie ſie lag, nicht ſicher fand,
Jndem ſie in Gefahr
An einem ſolchen Orte war
Vertreten und zerknickt zu werden;
Hub ich ſie von der Erden,
Um, daß ſie moͤchte ſicher liegen,
Sie wiederum dahin zu biegen,
Woher ſie kommen war; allein
Kaum mogte ſie von mir gefaſſet ſeyn;
So brach ſie, wie ein Glas. Ey daß dich! fing ich an,
Jſt das nicht Schad’? Ey haͤtt’ ich es gelaſſen!
Doch dacht’ ich, wie ich mich beſann,
Da der Verluſt nicht groß, kann ich mich leichtlich faſſen,
Und darf ja nicht verdrießlich ſeyn.
Mir fiel jedoch dabey dieß Sprichwort ein,
Das mich zum oͤftern ſchon geruͤhret:
Der Weg, den mancher nimmt, um etwas zu vermindern,

Jſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0304" n="268"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Ku&#x0364;rbis.</hi> </head><lb/>
          <lg n="106">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>ch gieng im Garten hin und her,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ah von ungefehr,</l><lb/>
            <l>Wie durch der Erlen dichte Wand</l><lb/>
            <l>Von einem Ku&#x0364;rbs die Ranken durchgedrungen,</l><lb/>
            <l>Sich artig hin und her ge&#x017F;chlungen,</l><lb/>
            <l>Und in dem Steig&#x2019; auf den betret&#x2019;nen Sand</l><lb/>
            <l>Sich ausge&#x017F;treckt und ausgebreitet hatten.</l><lb/>
            <l>Dieweil ich nun der Ranke Stand,</l><lb/>
            <l>So wie &#x017F;ie lag, nicht &#x017F;icher fand,</l><lb/>
            <l>Jndem &#x017F;ie in Gefahr</l><lb/>
            <l>An einem &#x017F;olchen Orte war</l><lb/>
            <l>Vertreten und zerknickt zu werden;</l><lb/>
            <l>Hub ich &#x017F;ie von der Erden,</l><lb/>
            <l>Um, daß &#x017F;ie mo&#x0364;chte &#x017F;icher liegen,</l><lb/>
            <l>Sie wiederum dahin zu biegen,</l><lb/>
            <l>Woher &#x017F;ie kommen war; allein</l><lb/>
            <l>Kaum mogte &#x017F;ie von mir gefa&#x017F;&#x017F;et &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>So brach &#x017F;ie, wie ein Glas. Ey daß dich! fing ich an,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t das nicht Schad&#x2019;? Ey ha&#x0364;tt&#x2019; ich es gela&#x017F;&#x017F;en!</l><lb/>
            <l>Doch dacht&#x2019; ich, wie ich mich be&#x017F;ann,</l><lb/>
            <l>Da der Verlu&#x017F;t nicht groß, kann ich mich leichtlich fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Und darf ja nicht verdrießlich &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Mir fiel jedoch dabey dieß Sprichwort ein,</l><lb/>
            <l>Das mich zum o&#x0364;ftern &#x017F;chon geru&#x0364;hret:</l><lb/>
            <l>Der Weg, den mancher nimmt, um etwas zu vermindern,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">J&#x017F;t</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0304] Der Kuͤrbis. Jch gieng im Garten hin und her, Und ſah von ungefehr, Wie durch der Erlen dichte Wand Von einem Kuͤrbs die Ranken durchgedrungen, Sich artig hin und her geſchlungen, Und in dem Steig’ auf den betret’nen Sand Sich ausgeſtreckt und ausgebreitet hatten. Dieweil ich nun der Ranke Stand, So wie ſie lag, nicht ſicher fand, Jndem ſie in Gefahr An einem ſolchen Orte war Vertreten und zerknickt zu werden; Hub ich ſie von der Erden, Um, daß ſie moͤchte ſicher liegen, Sie wiederum dahin zu biegen, Woher ſie kommen war; allein Kaum mogte ſie von mir gefaſſet ſeyn; So brach ſie, wie ein Glas. Ey daß dich! fing ich an, Jſt das nicht Schad’? Ey haͤtt’ ich es gelaſſen! Doch dacht’ ich, wie ich mich beſann, Da der Verluſt nicht groß, kann ich mich leichtlich faſſen, Und darf ja nicht verdrießlich ſeyn. Mir fiel jedoch dabey dieß Sprichwort ein, Das mich zum oͤftern ſchon geruͤhret: Der Weg, den mancher nimmt, um etwas zu vermindern, Jſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/304
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/304>, abgerufen am 03.12.2024.