Uns uns'rer eig'nen Lust berauben wollten. Dieß ist des Hochmuts Sat, Die nach dem Fall bey uns so tief gewurzelt hat, Aus welchem scheußlichen verdammten Samen Des Eigennutzes Blüht' und Höllen-Früchte kamen, Die, da wir bloß auf uns mit allen Kräften sehn, Jn göttlicher Verachtung bloß bestehn. Denn wenn wir auf den Ursprung denken, Warum wir unsern Geist nie recht zum Schöpfer lenken, So find' ich keinen sonst, als diesen bloß allein: Weil wir mit unserm Wol so sehr beschäfftigt seyn; So haben wir nicht Zeit, die Dinge zu betrachten, Die GOtt, zu Seinem Ruhm, auf dieser schönen Welt Jn solcher Herrlichkeit uns vorgestellt. Darüber fängt man an sie gänzlich zu verachten; Darüber brauchen wir die Wunder uns'rer Sinnen Zu nichts, als Reichtum zu gewinnen, Und das, was auf der Welt allein Des Lebens Endzweck sollte seyn. Jn der Geschöpfe Pracht den Schöpfer zu verehren, Wird gänzlich in den Wind geschlagen. Die Sorgen nun, die Unruh, Gram und Plagen, Die durch die Lebens-Ahrt wir selbst uns immer mehren, Sind Folgen unsers Thuns, sind Strafen, die schon hier Die göttliche Verachtung rächen. Von denen, die dort für und für Euch vorbehalten find, will ich allhier nicht sprechen.
Wenn die Propheten uns von diesem Leben Mehr, als vom künftigen, zu lesen geben; So deucht mich, daß wir dieß daraus erlernen können: Es wolle GOtt, wenn wir auf dieser Erden Durch Seine Weisheit, Lieb' und Macht gerühret werden, Und uns nur nicht vom wahren Glauben trennen, Das künft'ge Leben uns als eine Folge gönnen.
Da
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Uns unſ’rer eig’nen Luſt berauben wollten. Dieß iſt des Hochmuts Sat, Die nach dem Fall bey uns ſo tief gewurzelt hat, Aus welchem ſcheußlichen verdammten Samen Des Eigennutzes Bluͤht’ und Hoͤllen-Fruͤchte kamen, Die, da wir bloß auf uns mit allen Kraͤften ſehn, Jn goͤttlicher Verachtung bloß beſtehn. Denn wenn wir auf den Urſprung denken, Warum wir unſern Geiſt nie recht zum Schoͤpfer lenken, So find’ ich keinen ſonſt, als dieſen bloß allein: Weil wir mit unſerm Wol ſo ſehr beſchaͤfftigt ſeyn; So haben wir nicht Zeit, die Dinge zu betrachten, Die GOtt, zu Seinem Ruhm, auf dieſer ſchoͤnen Welt Jn ſolcher Herrlichkeit uns vorgeſtellt. Daruͤber faͤngt man an ſie gaͤnzlich zu verachten; Daruͤber brauchen wir die Wunder unſ’rer Sinnen Zu nichts, als Reichtum zu gewinnen, Und das, was auf der Welt allein Des Lebens Endzweck ſollte ſeyn. Jn der Geſchoͤpfe Pracht den Schoͤpfer zu verehren, Wird gaͤnzlich in den Wind geſchlagen. Die Sorgen nun, die Unruh, Gram und Plagen, Die durch die Lebens-Ahrt wir ſelbſt uns immer mehren, Sind Folgen unſers Thuns, ſind Strafen, die ſchon hier Die goͤttliche Verachtung raͤchen. Von denen, die dort fuͤr und fuͤr Euch vorbehalten find, will ich allhier nicht ſprechen.
Wenn die Propheten uns von dieſem Leben Mehr, als vom kuͤnftigen, zu leſen geben; So deucht mich, daß wir dieß daraus erlernen koͤnnen: Es wolle GOtt, wenn wir auf dieſer Erden Durch Seine Weiſheit, Lieb’ und Macht geruͤhret werden, Und uns nur nicht vom wahren Glauben trennen, Das kuͤnft’ge Leben uns als eine Folge goͤnnen.
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Uns unſ’rer eig’nen Luſt berauben wollten.
Dieß iſt des Hochmuts Sat,
Die nach dem Fall bey uns ſo tief gewurzelt hat,
Aus welchem ſcheußlichen verdammten Samen
Des Eigennutzes Bluͤht’ und Hoͤllen-Fruͤchte kamen,
Die, da wir bloß auf uns mit allen Kraͤften ſehn,
Jn goͤttlicher Verachtung bloß beſtehn.
Denn wenn wir auf den Urſprung denken,
Warum wir unſern Geiſt nie recht zum Schoͤpfer lenken,
So find’ ich keinen ſonſt, als dieſen bloß allein:
Weil wir mit unſerm Wol ſo ſehr beſchaͤfftigt ſeyn;
So haben wir nicht Zeit, die Dinge zu betrachten,
Die GOtt, zu Seinem Ruhm, auf dieſer ſchoͤnen Welt
Jn ſolcher Herrlichkeit uns vorgeſtellt.
Daruͤber faͤngt man an ſie gaͤnzlich zu verachten;
Daruͤber brauchen wir die Wunder unſ’rer Sinnen
Zu nichts, als Reichtum zu gewinnen,
Und das, was auf der Welt allein
Des Lebens Endzweck ſollte ſeyn.
Jn der Geſchoͤpfe Pracht den Schoͤpfer zu verehren,
Wird gaͤnzlich in den Wind geſchlagen.
Die Sorgen nun, die Unruh, Gram und Plagen,
Die durch die Lebens-Ahrt wir ſelbſt uns immer mehren,
Sind Folgen unſers Thuns, ſind Strafen, die ſchon hier
Die goͤttliche Verachtung raͤchen.
Von denen, die dort fuͤr und fuͤr
Euch vorbehalten find, will ich allhier nicht ſprechen.
Wenn die Propheten uns von dieſem Leben
Mehr, als vom kuͤnftigen, zu leſen geben;
So deucht mich, daß wir dieß daraus erlernen koͤnnen:
Es wolle GOtt, wenn wir auf dieſer Erden
Durch Seine Weiſheit, Lieb’ und Macht geruͤhret werden,
Und uns nur nicht vom wahren Glauben trennen,
Das kuͤnft’ge Leben uns als eine Folge goͤnnen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/269>, abgerufen am 22.11.2024.
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