Wie groß sie uns auch scheint und würklich ist, bestehe. Es fiel mir ferner bey, Wie Kleinigkeiten fast in allen Sachen Besondere Veränderungen machen. Was ist die schöne Kunst der edlen Malerey, Die guten Teils aus Farben nur bestehet, Und diese wiederum nur bloß aus Sand und Erden? Wodurch jedoch die schön'sten Bilder werden. Denn das, was unser Aug' erfrischt Auf solche wundersame Ahrt, Jst bloß ein wenig Sand mit Oel gemischt, Jst so unglaublich dünn und zart, Daß, wenn man es vom Tuche trennen wollte, Man es für Cörperlich kaum halten sollte.
Noch mehr, wie wunderbar Erhell't im Sande GOttes Macht, Der alles nicht allein aus Nichts hervor gebracht; Der auch so gar Durch solche Kleinigkeit das allergröste zwinget, Jndem Er durch so kleinen Sand Die ungeheure Fluten-Last So wunderbarlich eingefasst, Daß aller Wellen Wut nicht durch ihn dringet. Hiemit stimmt alles überein, Daß, wie für uns das allerklein'ste groß, Also für GOtt das allergröste klein, Daher denn David auch recht unvergleichlich schloß: Wie das Zünglein an der Wage, so ist, HERR, vor Dir die Welt; Wie der Tropfen aus dem Eimer, welcher auf die Er- de fällt.
Be-
Wie groß ſie uns auch ſcheint und wuͤrklich iſt, beſtehe. Es fiel mir ferner bey, Wie Kleinigkeiten faſt in allen Sachen Beſondere Veraͤnderungen machen. Was iſt die ſchoͤne Kunſt der edlen Malerey, Die guten Teils aus Farben nur beſtehet, Und dieſe wiederum nur bloß aus Sand und Erden? Wodurch jedoch die ſchoͤn’ſten Bilder werden. Denn das, was unſer Aug’ erfriſcht Auf ſolche wunderſame Ahrt, Jſt bloß ein wenig Sand mit Oel gemiſcht, Jſt ſo unglaublich duͤnn und zart, Daß, wenn man es vom Tuche trennen wollte, Man es fuͤr Coͤrperlich kaum halten ſollte.
Noch mehr, wie wunderbar Erhell’t im Sande GOttes Macht, Der alles nicht allein aus Nichts hervor gebracht; Der auch ſo gar Durch ſolche Kleinigkeit das allergroͤſte zwinget, Jndem Er durch ſo kleinen Sand Die ungeheure Fluten-Laſt So wunderbarlich eingefaſſt, Daß aller Wellen Wut nicht durch ihn dringet. Hiemit ſtimmt alles uͤberein, Daß, wie fuͤr uns das allerklein’ſte groß, Alſo fuͤr GOtt das allergroͤſte klein, Daher denn David auch recht unvergleichlich ſchloß: Wie das Zuͤnglein an der Wage, ſo iſt, HERR, vor Dir die Welt; Wie der Tropfen aus dem Eimer, welcher auf die Er- de faͤllt.
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Wie groß ſie uns auch ſcheint und wuͤrklich iſt, beſtehe.
Es fiel mir ferner bey,
Wie Kleinigkeiten faſt in allen Sachen
Beſondere Veraͤnderungen machen.
Was iſt die ſchoͤne Kunſt der edlen Malerey,
Die guten Teils aus Farben nur beſtehet,
Und dieſe wiederum nur bloß aus Sand und Erden?
Wodurch jedoch die ſchoͤn’ſten Bilder werden.
Denn das, was unſer Aug’ erfriſcht
Auf ſolche wunderſame Ahrt,
Jſt bloß ein wenig Sand mit Oel gemiſcht,
Jſt ſo unglaublich duͤnn und zart,
Daß, wenn man es vom Tuche trennen wollte,
Man es fuͤr Coͤrperlich kaum halten ſollte.
Noch mehr, wie wunderbar
Erhell’t im Sande GOttes Macht,
Der alles nicht allein aus Nichts hervor gebracht;
Der auch ſo gar
Durch ſolche Kleinigkeit das allergroͤſte zwinget,
Jndem Er durch ſo kleinen Sand
Die ungeheure Fluten-Laſt
So wunderbarlich eingefaſſt,
Daß aller Wellen Wut nicht durch ihn dringet.
Hiemit ſtimmt alles uͤberein,
Daß, wie fuͤr uns das allerklein’ſte groß,
Alſo fuͤr GOtt das allergroͤſte klein,
Daher denn David auch recht unvergleichlich ſchloß:
Wie das Zuͤnglein an der Wage, ſo iſt, HERR, vor Dir
die Welt;
Wie der Tropfen aus dem Eimer, welcher auf die Er-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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