Jch habe zwar bereits vom Wasser was geschrieben; Doch ist nur gar zu viel davon noch übrig blieben, Das nicht berührrt war: Drum stellt das Meer sich mir aufs neu zum Vorwurf dar, Das seines Schöpfers Gröss' in seiner Grösse weiset, Und Dessen Macht in jedem Tropfen preiset.
Ach GOtt! unendlichs All, Du Brunqvell aller Dinge, Gib, daß ich noch einmal, was Dir gefällig, singe Vom feuchten Element! Es sey, o GOtt, das Meer Ein Spiegel abermal von Deiner Gröss' und Ehr!
Wie wunderbarlich weit, wie unbegreiflich groß, Wie unergründlich tief ist doch des Meeres Schoß! Wie dunkel ist sein Schlund, wie flüssig und wie dichte Die rege Wasser-Welt! wie schwer ist das Gewichte Des Wasser-Cörpers doch! was ist dem weiten Reich Der ungemess'nen Tief' an Weit' und Grösse gleich? Mir schwindelt recht, wenn ich es überdenke, Und die fast bange Sele senke Jn diesen finstern Pful, in dieses Abgrunds Gruft. Mich schreckt von dieser schwarzen Kluft Die unbegreifliche Gestalt: der Fluten Brausen Erreg't mir, ob ichs gleich nicht hör', ein furchtbar Grausen.
Wie viele Wunder-Thier' und grosser Wallfisch' Heere Sind in dem unbegrenzt- und Boden-losen Meere! Mit welcher drengenden Gewalt,
Mit
L 2
GOttes Groͤſſe in den Waſſern.
Jch habe zwar bereits vom Waſſer was geſchrieben; Doch iſt nur gar zu viel davon noch uͤbrig blieben, Das nicht beruͤhrrt war: Drum ſtellt das Meer ſich mir aufs neu zum Vorwurf dar, Das ſeines Schoͤpfers Groͤſſ’ in ſeiner Groͤſſe weiſet, Und Deſſen Macht in jedem Tropfen preiſet.
Ach GOtt! unendlichs All, Du Brunqvell aller Dinge, Gib, daß ich noch einmal, was Dir gefaͤllig, ſinge Vom feuchten Element! Es ſey, o GOtt, das Meer Ein Spiegel abermal von Deiner Groͤſſ’ und Ehr!
Wie wunderbarlich weit, wie unbegreiflich groß, Wie unergruͤndlich tief iſt doch des Meeres Schoß! Wie dunkel iſt ſein Schlund, wie fluͤſſig und wie dichte Die rege Waſſer-Welt! wie ſchwer iſt das Gewichte Des Waſſer-Coͤrpers doch! was iſt dem weiten Reich Der ungemeſſ’nen Tief’ an Weit’ und Groͤſſe gleich? Mir ſchwindelt recht, wenn ich es uͤberdenke, Und die faſt bange Sele ſenke Jn dieſen finſtern Pful, in dieſes Abgrunds Gruft. Mich ſchreckt von dieſer ſchwarzen Kluft Die unbegreifliche Geſtalt: der Fluten Brauſen Erreg’t mir, ob ichs gleich nicht hoͤr’, ein furchtbar Grauſen.
Wie viele Wunder-Thier’ und groſſer Wallfiſch’ Heere Sind in dem unbegrenzt- und Boden-loſen Meere! Mit welcher drengenden Gewalt,
Mit
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbn="163"facs="#f0199"/><divn="2"><head><hirendition="#b">GOttes Groͤſſe in den Waſſern.</hi></head><lb/><lgn="13"><l><hirendition="#in">J</hi>ch habe zwar bereits vom Waſſer was geſchrieben;</l><lb/><l>Doch iſt nur gar zu viel davon noch uͤbrig blieben,</l><lb/><l>Das nicht beruͤhrrt war:</l><lb/><l>Drum ſtellt das Meer ſich mir aufs neu zum Vorwurf dar,</l><lb/><l>Das ſeines Schoͤpfers Groͤſſ’ in ſeiner Groͤſſe weiſet,</l><lb/><l>Und Deſſen Macht in jedem Tropfen preiſet.</l></lg><lb/><lgn="14"><l>Ach GOtt! unendlichs All, Du Brunqvell aller Dinge,</l><lb/><l>Gib, daß ich noch einmal, was Dir gefaͤllig, ſinge</l><lb/><l>Vom feuchten Element! Es ſey, o GOtt, das Meer</l><lb/><l>Ein Spiegel abermal von Deiner Groͤſſ’ und Ehr!</l></lg><lb/><lgn="15"><l>Wie wunderbarlich weit, wie unbegreiflich groß,</l><lb/><l>Wie unergruͤndlich tief iſt doch des Meeres Schoß!</l><lb/><l>Wie dunkel iſt ſein Schlund, wie fluͤſſig und wie dichte</l><lb/><l>Die rege Waſſer-Welt! wie ſchwer iſt das Gewichte</l><lb/><l>Des Waſſer-Coͤrpers doch! was iſt dem weiten Reich</l><lb/><l>Der ungemeſſ’nen Tief’ an Weit’ und Groͤſſe gleich?</l><lb/><l>Mir ſchwindelt recht, wenn ich es uͤberdenke,</l><lb/><l>Und die faſt bange Sele ſenke</l><lb/><l>Jn dieſen finſtern Pful, in dieſes Abgrunds Gruft.</l><lb/><l>Mich ſchreckt von dieſer ſchwarzen Kluft</l><lb/><l>Die unbegreifliche Geſtalt: der Fluten Brauſen</l><lb/><l>Erreg’t mir, ob ichs gleich nicht hoͤr’, ein furchtbar Grauſen.</l></lg><lb/><lgn="16"><l>Wie viele Wunder-Thier’ und groſſer Wallfiſch’ Heere</l><lb/><l>Sind in dem unbegrenzt- und Boden-loſen Meere!</l><lb/><l>Mit welcher drengenden Gewalt,</l><lb/><l><fwtype="sig"place="bottom">L 2</fw><fwtype="catch"place="bottom">Mit</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[163/0199]
GOttes Groͤſſe in den Waſſern.
Jch habe zwar bereits vom Waſſer was geſchrieben;
Doch iſt nur gar zu viel davon noch uͤbrig blieben,
Das nicht beruͤhrrt war:
Drum ſtellt das Meer ſich mir aufs neu zum Vorwurf dar,
Das ſeines Schoͤpfers Groͤſſ’ in ſeiner Groͤſſe weiſet,
Und Deſſen Macht in jedem Tropfen preiſet.
Ach GOtt! unendlichs All, Du Brunqvell aller Dinge,
Gib, daß ich noch einmal, was Dir gefaͤllig, ſinge
Vom feuchten Element! Es ſey, o GOtt, das Meer
Ein Spiegel abermal von Deiner Groͤſſ’ und Ehr!
Wie wunderbarlich weit, wie unbegreiflich groß,
Wie unergruͤndlich tief iſt doch des Meeres Schoß!
Wie dunkel iſt ſein Schlund, wie fluͤſſig und wie dichte
Die rege Waſſer-Welt! wie ſchwer iſt das Gewichte
Des Waſſer-Coͤrpers doch! was iſt dem weiten Reich
Der ungemeſſ’nen Tief’ an Weit’ und Groͤſſe gleich?
Mir ſchwindelt recht, wenn ich es uͤberdenke,
Und die faſt bange Sele ſenke
Jn dieſen finſtern Pful, in dieſes Abgrunds Gruft.
Mich ſchreckt von dieſer ſchwarzen Kluft
Die unbegreifliche Geſtalt: der Fluten Brauſen
Erreg’t mir, ob ichs gleich nicht hoͤr’, ein furchtbar Grauſen.
Wie viele Wunder-Thier’ und groſſer Wallfiſch’ Heere
Sind in dem unbegrenzt- und Boden-loſen Meere!
Mit welcher drengenden Gewalt,
Mit
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/199>, abgerufen am 04.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.