Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Geruch.
Jüngst öffnet' ich von meinem Schlaf-Gemach
Die Fenster früh auf meinem Garten,
Da gleich ein Balsam-gleicher Duft
Von Bluhmen ungezäl'ter Ahrten
Mir in das Fenster gleichsam brach.
Der Kreis der lauen Luft
War ganz mit Ambra-reichen Kräften,
Ziebet und Biesam angefüllt.
Jch spür'te den Geruch, der aus der Lilje qvillt,
Jn welchem sich von blüh'nden Rosen-Büschen
Die lieblichen, die holden Dünste mischen.
Mit diesen mengte sich aufs neu
Der süßliche Geruch von frisch-gemachtem Heu,
Den eine jüngst gemäh'te Wiese,
Die an dem Garten nahe liegt,
Aus grünen Schwaden von sich bliese.
Noch nicht genug: Dieß alles schien besiegt,
Und mein Gehirn noch mehr erfreut,
Noch mehr geschmeichelt und erqvicket
Durch die gewürzte Lieblichkeit
Der köstlichen Orangerie,
Die meines Nachbarn Garten schmücket.
Ein balsamir'ter Rauch, ein unsichtbarer Schwall
Von Ambra, Moscus und Zibeth,
Der sich aus jeder Bluhm' erhöht,
Verbreitete sich überall.
Die ganze Welt stellt' einen Rauch Altar,

Zum
Der Geruch.
Juͤngſt oͤffnet’ ich von meinem Schlaf-Gemach
Die Fenſter fruͤh auf meinem Garten,
Da gleich ein Balſam-gleicher Duft
Von Bluhmen ungezaͤl’ter Ahrten
Mir in das Fenſter gleichſam brach.
Der Kreis der lauen Luft
War ganz mit Ambra-reichen Kraͤften,
Ziebet und Bieſam angefuͤllt.
Jch ſpuͤr’te den Geruch, der aus der Lilje qvillt,
Jn welchem ſich von bluͤh’nden Roſen-Buͤſchen
Die lieblichen, die holden Duͤnſte miſchen.
Mit dieſen mengte ſich aufs neu
Der ſuͤßliche Geruch von friſch-gemachtem Heu,
Den eine juͤngſt gemaͤh’te Wieſe,
Die an dem Garten nahe liegt,
Aus gruͤnen Schwaden von ſich blieſe.
Noch nicht genug: Dieß alles ſchien beſiegt,
Und mein Gehirn noch mehr erfreut,
Noch mehr geſchmeichelt und erqvicket
Durch die gewuͤrzte Lieblichkeit
Der koͤſtlichen Orangerie,
Die meines Nachbarn Garten ſchmuͤcket.
Ein balſamir’ter Rauch, ein unſichtbarer Schwall
Von Ambra, Moſcus und Zibeth,
Der ſich aus jeder Bluhm’ erhoͤht,
Verbreitete ſich uͤberall.
Die ganze Welt ſtellt’ einen Rauch Altar,

Zum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0158" n="122"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Geruch.</hi> </head><lb/>
          <lg n="12">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>u&#x0364;ng&#x017F;t o&#x0364;ffnet&#x2019; ich von meinem Schlaf-Gemach</l><lb/>
            <l>Die Fen&#x017F;ter fru&#x0364;h auf meinem Garten,</l><lb/>
            <l>Da gleich ein Bal&#x017F;am-gleicher Duft</l><lb/>
            <l>Von Bluhmen ungeza&#x0364;l&#x2019;ter Ahrten</l><lb/>
            <l>Mir in das Fen&#x017F;ter gleich&#x017F;am brach.</l><lb/>
            <l>Der Kreis der lauen Luft</l><lb/>
            <l>War ganz mit Ambra-reichen Kra&#x0364;ften,</l><lb/>
            <l>Ziebet und Bie&#x017F;am angefu&#x0364;llt.</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;pu&#x0364;r&#x2019;te den Geruch, der aus der Lilje qvillt,</l><lb/>
            <l>Jn welchem &#x017F;ich von blu&#x0364;h&#x2019;nden Ro&#x017F;en-Bu&#x0364;&#x017F;chen</l><lb/>
            <l>Die lieblichen, die holden Du&#x0364;n&#x017F;te mi&#x017F;chen.</l><lb/>
            <l>Mit die&#x017F;en mengte &#x017F;ich aufs neu</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;u&#x0364;ßliche Geruch von fri&#x017F;ch-gemachtem Heu,</l><lb/>
            <l>Den eine ju&#x0364;ng&#x017F;t gema&#x0364;h&#x2019;te Wie&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Die an dem Garten nahe liegt,</l><lb/>
            <l>Aus gru&#x0364;nen Schwaden von &#x017F;ich blie&#x017F;e.</l><lb/>
            <l>Noch nicht genug: Dieß alles &#x017F;chien be&#x017F;iegt,</l><lb/>
            <l>Und mein Gehirn noch mehr erfreut,</l><lb/>
            <l>Noch mehr ge&#x017F;chmeichelt und erqvicket</l><lb/>
            <l>Durch die gewu&#x0364;rzte Lieblichkeit</l><lb/>
            <l>Der ko&#x0364;&#x017F;tlichen Orangerie,</l><lb/>
            <l>Die meines Nachbarn Garten &#x017F;chmu&#x0364;cket.</l><lb/>
            <l>Ein bal&#x017F;amir&#x2019;ter Rauch, ein un&#x017F;ichtbarer Schwall</l><lb/>
            <l>Von Ambra, Mo&#x017F;cus und Zibeth,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ich aus jeder Bluhm&#x2019; erho&#x0364;ht,</l><lb/>
            <l>Verbreitete &#x017F;ich u&#x0364;berall.</l><lb/>
            <l>Die ganze Welt &#x017F;tellt&#x2019; einen Rauch Altar,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Zum</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0158] Der Geruch. Juͤngſt oͤffnet’ ich von meinem Schlaf-Gemach Die Fenſter fruͤh auf meinem Garten, Da gleich ein Balſam-gleicher Duft Von Bluhmen ungezaͤl’ter Ahrten Mir in das Fenſter gleichſam brach. Der Kreis der lauen Luft War ganz mit Ambra-reichen Kraͤften, Ziebet und Bieſam angefuͤllt. Jch ſpuͤr’te den Geruch, der aus der Lilje qvillt, Jn welchem ſich von bluͤh’nden Roſen-Buͤſchen Die lieblichen, die holden Duͤnſte miſchen. Mit dieſen mengte ſich aufs neu Der ſuͤßliche Geruch von friſch-gemachtem Heu, Den eine juͤngſt gemaͤh’te Wieſe, Die an dem Garten nahe liegt, Aus gruͤnen Schwaden von ſich blieſe. Noch nicht genug: Dieß alles ſchien beſiegt, Und mein Gehirn noch mehr erfreut, Noch mehr geſchmeichelt und erqvicket Durch die gewuͤrzte Lieblichkeit Der koͤſtlichen Orangerie, Die meines Nachbarn Garten ſchmuͤcket. Ein balſamir’ter Rauch, ein unſichtbarer Schwall Von Ambra, Moſcus und Zibeth, Der ſich aus jeder Bluhm’ erhoͤht, Verbreitete ſich uͤberall. Die ganze Welt ſtellt’ einen Rauch Altar, Zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/158
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/158>, abgerufen am 22.12.2024.