Vergnüg't, gestärket und erfreuet. Die fast erstaunten Blicke gleiten Auf dieser glatten Bahn mit tausend Freuden fort, Und treffen tausend Lieblichkeiten Auf jeder Stell', an jedem Ort' Jn netten Bildungen und sanften Farben an.
Seh' ich, wie lieblich, klar, durchsichtig, glänzend, rein Des Wassers glatte Flächen seyn; So ruf' ich, voll durch Lust erzeugter Traurigkeit Und süsser Unzufriedenheit: Wie dauret michs, daß diese Klarheit Mein schwacher Kiel nicht bilden kann, Und daß von der Copie die meinige mit Wahrheit Ein elend Schmierwerk sey, die jener gar nicht gleichet, Jndem sie der so schön gemal'ten Zierlichkeit Jm Wasser (wie man spricht) nicht einst das Wasser reichet.
Jndem ich einst bey diesem Wasser-Spiel, Was ich geschrieben überlase; Erblickt' ich einen Frosch im Grase: Der rege Wasser-Stral schien seiner Augen Ziel. Die Stellung war, als ob er säss' und lauschte, Ja mit Verwunderung bedächte, Woher es doch wol kommen mögte, Daß hier das Wasser stetig rauschte, Was doch davon die Ursach sey. Jch lachte bey mir selbst, und dachte dieß dabey: So wenig dieser Frosch den wahren Grund wird finden, So wenig kann ein Mensch des Schöpfers Weg' ergründen.
Mensch-
Vergnuͤg’t, geſtaͤrket und erfreuet. Die faſt erſtaunten Blicke gleiten Auf dieſer glatten Bahn mit tauſend Freuden fort, Und treffen tauſend Lieblichkeiten Auf jeder Stell’, an jedem Ort’ Jn netten Bildungen und ſanften Farben an.
Seh’ ich, wie lieblich, klar, durchſichtig, glaͤnzend, rein Des Waſſers glatte Flaͤchen ſeyn; So ruf’ ich, voll durch Luſt erzeugter Traurigkeit Und ſuͤſſer Unzufriedenheit: Wie dauret michs, daß dieſe Klarheit Mein ſchwacher Kiel nicht bilden kann, Und daß von der Copie die meinige mit Wahrheit Ein elend Schmierwerk ſey, die jener gar nicht gleichet, Jndem ſie der ſo ſchoͤn gemal’ten Zierlichkeit Jm Waſſer (wie man ſpricht) nicht einſt das Waſſer reichet.
Jndem ich einſt bey dieſem Waſſer-Spiel, Was ich geſchrieben uͤberlaſe; Erblickt’ ich einen Froſch im Graſe: Der rege Waſſer-Stral ſchien ſeiner Augen Ziel. Die Stellung war, als ob er ſaͤſſ’ und lauſchte, Ja mit Verwunderung bedaͤchte, Woher es doch wol kommen moͤgte, Daß hier das Waſſer ſtetig rauſchte, Was doch davon die Urſach ſey. Jch lachte bey mir ſelbſt, und dachte dieß dabey: So wenig dieſer Froſch den wahren Grund wird finden, So wenig kann ein Menſch des Schoͤpfers Weg’ ergruͤnden.
Menſch-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="8"><l><pbfacs="#f0156"n="120"/>
Vergnuͤg’t, geſtaͤrket und erfreuet.</l><lb/><l>Die faſt erſtaunten Blicke gleiten</l><lb/><l>Auf dieſer glatten Bahn mit tauſend Freuden fort,</l><lb/><l>Und treffen tauſend Lieblichkeiten</l><lb/><l>Auf jeder Stell’, an jedem Ort’</l><lb/><l>Jn netten Bildungen und ſanften Farben an.</l></lg><lb/><lgn="9"><l>Seh’ ich, wie lieblich, klar, durchſichtig, glaͤnzend, rein</l><lb/><l>Des Waſſers glatte Flaͤchen ſeyn;</l><lb/><l>So ruf’ ich, voll durch Luſt erzeugter Traurigkeit</l><lb/><l>Und ſuͤſſer Unzufriedenheit:</l><lb/><l>Wie dauret michs, daß dieſe Klarheit</l><lb/><l>Mein ſchwacher Kiel nicht bilden kann,</l><lb/><l>Und daß von der Copie die meinige mit Wahrheit</l><lb/><l>Ein elend Schmierwerk ſey, die jener gar nicht gleichet,</l><lb/><l>Jndem ſie der ſo ſchoͤn gemal’ten Zierlichkeit</l><lb/><l>Jm Waſſer (wie man ſpricht) nicht einſt das Waſſer reichet.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgn="10"><l>Jndem ich einſt bey dieſem Waſſer-Spiel,</l><lb/><l>Was ich geſchrieben uͤberlaſe;</l><lb/><l>Erblickt’ ich einen Froſch im Graſe:</l><lb/><l>Der rege Waſſer-Stral ſchien ſeiner Augen Ziel.</l><lb/><l>Die Stellung war, als ob er ſaͤſſ’ und lauſchte,</l><lb/><l>Ja mit Verwunderung bedaͤchte,</l><lb/><l>Woher es doch wol kommen moͤgte,</l><lb/><l>Daß hier das Waſſer ſtetig rauſchte,</l><lb/><l>Was doch davon die Urſach ſey.</l><lb/><l>Jch lachte bey mir ſelbſt, und dachte dieß dabey:</l><lb/><l>So wenig dieſer Froſch den wahren Grund wird finden,</l><lb/><l>So wenig kann ein Menſch des Schoͤpfers Weg’ ergruͤnden.</l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Menſch-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[120/0156]
Vergnuͤg’t, geſtaͤrket und erfreuet.
Die faſt erſtaunten Blicke gleiten
Auf dieſer glatten Bahn mit tauſend Freuden fort,
Und treffen tauſend Lieblichkeiten
Auf jeder Stell’, an jedem Ort’
Jn netten Bildungen und ſanften Farben an.
Seh’ ich, wie lieblich, klar, durchſichtig, glaͤnzend, rein
Des Waſſers glatte Flaͤchen ſeyn;
So ruf’ ich, voll durch Luſt erzeugter Traurigkeit
Und ſuͤſſer Unzufriedenheit:
Wie dauret michs, daß dieſe Klarheit
Mein ſchwacher Kiel nicht bilden kann,
Und daß von der Copie die meinige mit Wahrheit
Ein elend Schmierwerk ſey, die jener gar nicht gleichet,
Jndem ſie der ſo ſchoͤn gemal’ten Zierlichkeit
Jm Waſſer (wie man ſpricht) nicht einſt das Waſſer reichet.
Jndem ich einſt bey dieſem Waſſer-Spiel,
Was ich geſchrieben uͤberlaſe;
Erblickt’ ich einen Froſch im Graſe:
Der rege Waſſer-Stral ſchien ſeiner Augen Ziel.
Die Stellung war, als ob er ſaͤſſ’ und lauſchte,
Ja mit Verwunderung bedaͤchte,
Woher es doch wol kommen moͤgte,
Daß hier das Waſſer ſtetig rauſchte,
Was doch davon die Urſach ſey.
Jch lachte bey mir ſelbſt, und dachte dieß dabey:
So wenig dieſer Froſch den wahren Grund wird finden,
So wenig kann ein Menſch des Schoͤpfers Weg’ ergruͤnden.
Menſch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/156>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.