Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Aus tausend Teilen sich verbindet;
Man fül't, wie uns ein bunter Glanz
Nicht nur vergnüg't, erqvickt, entzündet.
Es trieb mich meine Schuldigkeit,
Auf GOttes Wunder-Werk zu achten,
Und dieser Pracht Beschaffenheit
Jn ihren Teilen zu betrachten:
Da ich denn voll Erstaunen fand,
Daß an so holdem Schmuck die Schatten,
So ich bisher noch nicht erkannt,
Gar einen grossen Anteil hatten.

Durch ihre sanfte Dunkelheit
Wird aller Farben Herrlichkeit
Noch desto mehr ins Licht gesetzet,
Und durch den starken Unterscheid
Der Menschen Aug' um desto mehr ergetzet:
Absonderlich wenn sich die Lüfte regen,
Da ihre Bilder sich zugleich bewegen,
Und auf dem Boden, den sie schwärzen,
Dem Schein nach mit einander scherzen.
Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut
Samt ihnen hin und wieder schweben;
Scheint, was man in dem Garten schaut,
Sich alles gleichsam zu beleben.
Es kann kein Stengelchen so klein,
Kein Blat so schmal, kein Kraut so zärtlich seyn,
Das, wenn's des Himmels Licht bestralet
Und mit der Stralen Gold vergüldet,
Sich nicht im Schatten zierlich bildet,
Verdoppelt, zeichnet, ja selbst malet.
Denn daß die Schatten schwarz allein,
So wie es scheinet, sollten seyn,
Jst nur ein Jrrtum. Es verlieret
Von seiner Farb' ein Cörper nichts

Durch
II. Theil. F

Aus tauſend Teilen ſich verbindet;
Man fuͤl’t, wie uns ein bunter Glanz
Nicht nur vergnuͤg’t, erqvickt, entzuͤndet.
Es trieb mich meine Schuldigkeit,
Auf GOttes Wunder-Werk zu achten,
Und dieſer Pracht Beſchaffenheit
Jn ihren Teilen zu betrachten:
Da ich denn voll Erſtaunen fand,
Daß an ſo holdem Schmuck die Schatten,
So ich bisher noch nicht erkannt,
Gar einen groſſen Anteil hatten.

Durch ihre ſanfte Dunkelheit
Wird aller Farben Herrlichkeit
Noch deſto mehr ins Licht geſetzet,
Und durch den ſtarken Unterſcheid
Der Menſchen Aug’ um deſto mehr ergetzet:
Abſonderlich wenn ſich die Luͤfte regen,
Da ihre Bilder ſich zugleich bewegen,
Und auf dem Boden, den ſie ſchwaͤrzen,
Dem Schein nach mit einander ſcherzen.
Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut
Samt ihnen hin und wieder ſchweben;
Scheint, was man in dem Garten ſchaut,
Sich alles gleichſam zu beleben.
Es kann kein Stengelchen ſo klein,
Kein Blat ſo ſchmal, kein Kraut ſo zaͤrtlich ſeyn,
Das, wenn’s des Himmels Licht beſtralet
Und mit der Stralen Gold verguͤldet,
Sich nicht im Schatten zierlich bildet,
Verdoppelt, zeichnet, ja ſelbſt malet.
Denn daß die Schatten ſchwarz allein,
So wie es ſcheinet, ſollten ſeyn,
Jſt nur ein Jrrtum. Es verlieret
Von ſeiner Farb’ ein Coͤrper nichts

Durch
II. Theil. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="12">
            <l><pb facs="#f0117" n="81"/>
Aus tau&#x017F;end Teilen &#x017F;ich verbindet;</l><lb/>
            <l>Man fu&#x0364;l&#x2019;t, wie uns ein bunter Glanz</l><lb/>
            <l>Nicht nur vergnu&#x0364;g&#x2019;t, erqvickt, entzu&#x0364;ndet.</l><lb/>
            <l>Es trieb mich meine Schuldigkeit,</l><lb/>
            <l>Auf GOttes Wunder-Werk zu achten,</l><lb/>
            <l>Und die&#x017F;er Pracht Be&#x017F;chaffenheit</l><lb/>
            <l>Jn ihren Teilen zu betrachten:</l><lb/>
            <l>Da ich denn voll Er&#x017F;taunen fand,</l><lb/>
            <l>Daß an &#x017F;o holdem Schmuck die Schatten,</l><lb/>
            <l>So ich bisher noch nicht erkannt,</l><lb/>
            <l>Gar einen gro&#x017F;&#x017F;en Anteil hatten.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Durch ihre &#x017F;anfte Dunkelheit</l><lb/>
            <l>Wird aller Farben Herrlichkeit</l><lb/>
            <l>Noch de&#x017F;to mehr ins Licht ge&#x017F;etzet,</l><lb/>
            <l>Und durch den &#x017F;tarken Unter&#x017F;cheid</l><lb/>
            <l>Der Men&#x017F;chen Aug&#x2019; um de&#x017F;to mehr ergetzet:</l><lb/>
            <l>Ab&#x017F;onderlich wenn &#x017F;ich die Lu&#x0364;fte regen,</l><lb/>
            <l>Da ihre Bilder &#x017F;ich zugleich bewegen,</l><lb/>
            <l>Und auf dem Boden, den &#x017F;ie &#x017F;chwa&#x0364;rzen,</l><lb/>
            <l>Dem Schein nach mit einander &#x017F;cherzen.</l><lb/>
            <l>Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut</l><lb/>
            <l>Samt ihnen hin und wieder &#x017F;chweben;</l><lb/>
            <l>Scheint, was man in dem Garten &#x017F;chaut,</l><lb/>
            <l>Sich alles gleich&#x017F;am zu beleben.</l><lb/>
            <l>Es kann kein Stengelchen &#x017F;o klein,</l><lb/>
            <l>Kein Blat &#x017F;o &#x017F;chmal, kein Kraut &#x017F;o za&#x0364;rtlich &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Das, wenn&#x2019;s des Himmels Licht be&#x017F;tralet</l><lb/>
            <l>Und mit der Stralen Gold vergu&#x0364;ldet,</l><lb/>
            <l>Sich nicht im Schatten zierlich bildet,</l><lb/>
            <l>Verdoppelt, zeichnet, ja &#x017F;elb&#x017F;t malet.</l><lb/>
            <l>Denn daß die Schatten &#x017F;chwarz allein,</l><lb/>
            <l>So wie es &#x017F;cheinet, &#x017F;ollten &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t nur ein Jrrtum. Es verlieret</l><lb/>
            <l>Von &#x017F;einer Farb&#x2019; ein Co&#x0364;rper nichts</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. F</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0117] Aus tauſend Teilen ſich verbindet; Man fuͤl’t, wie uns ein bunter Glanz Nicht nur vergnuͤg’t, erqvickt, entzuͤndet. Es trieb mich meine Schuldigkeit, Auf GOttes Wunder-Werk zu achten, Und dieſer Pracht Beſchaffenheit Jn ihren Teilen zu betrachten: Da ich denn voll Erſtaunen fand, Daß an ſo holdem Schmuck die Schatten, So ich bisher noch nicht erkannt, Gar einen groſſen Anteil hatten. Durch ihre ſanfte Dunkelheit Wird aller Farben Herrlichkeit Noch deſto mehr ins Licht geſetzet, Und durch den ſtarken Unterſcheid Der Menſchen Aug’ um deſto mehr ergetzet: Abſonderlich wenn ſich die Luͤfte regen, Da ihre Bilder ſich zugleich bewegen, Und auf dem Boden, den ſie ſchwaͤrzen, Dem Schein nach mit einander ſcherzen. Hiedurch, da Bluhmen, Laub und Kraut Samt ihnen hin und wieder ſchweben; Scheint, was man in dem Garten ſchaut, Sich alles gleichſam zu beleben. Es kann kein Stengelchen ſo klein, Kein Blat ſo ſchmal, kein Kraut ſo zaͤrtlich ſeyn, Das, wenn’s des Himmels Licht beſtralet Und mit der Stralen Gold verguͤldet, Sich nicht im Schatten zierlich bildet, Verdoppelt, zeichnet, ja ſelbſt malet. Denn daß die Schatten ſchwarz allein, So wie es ſcheinet, ſollten ſeyn, Jſt nur ein Jrrtum. Es verlieret Von ſeiner Farb’ ein Coͤrper nichts Durch II. Theil. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/117
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/117>, abgerufen am 22.11.2024.