Jm blauen, schien mir recht ein Sternen-Bild zu seyn. Jch freu mich über dich, holdseligs Blühmelein! Du kannst, wenn wir in dir den Schöpfer preisen, Mir einen schönen Weg zum Himmel weisen. Man kann in deinen kleinen Sternen Den HErrn der Sterne rühmen lernen; Doch wie wir an des Himmels Höhen Nicht lauter güld'ne Sterne sehen; So ward ich neben ihnen Bald einer weissen Sternen-Schar Jn Marjen-Bluhmen auch gewahr, Die in dem holden Dunkel-grünen An Bildung Sternen gleich, an Farben Silber, schienen. Die Menge, die Figur, die Farben und der Glanz Die überredeten mich ganz, Daß ihre Schönheit nicht geschaffen, Damit wir sie Wie das gehörnte Vieh Nur nötig hätten an zu gaffen; Nein aber wol, daß jeder Form und Schein Zu Dem, Der sie gemacht, uns sollt' ein Leit-Stern seyn.
Noch sah ich mit Vergnügen dort, Die lieblich riechenden Camillen So manchen Ort Mit zwiefach holder Zierde füllen. Es ließ ihr gelb- und weisser Glanz so schön, Als wenn in silbernen polir'ten Schalen Wir kleine güld'ne Aepfel sehn.
Bey aller Schönheit sah ich auch, Wie ein erhab'ner Diestel-Strauch Sein zackigt Laub mit schönen Bluhmen krön'te, Und wie derselben Purpur-Glanz Fast alle niedern Bluhmen ganz Besieget' und verhön'te.
Er
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Jm blauen, ſchien mir recht ein Sternen-Bild zu ſeyn. Jch freu mich uͤber dich, holdſeligs Bluͤhmelein! Du kannſt, wenn wir in dir den Schoͤpfer preiſen, Mir einen ſchoͤnen Weg zum Himmel weiſen. Man kann in deinen kleinen Sternen Den HErrn der Sterne ruͤhmen lernen; Doch wie wir an des Himmels Hoͤhen Nicht lauter guͤld’ne Sterne ſehen; So ward ich neben ihnen Bald einer weiſſen Sternen-Schar Jn Marjen-Bluhmen auch gewahr, Die in dem holden Dunkel-gruͤnen An Bildung Sternen gleich, an Farben Silber, ſchienen. Die Menge, die Figur, die Farben und der Glanz Die uͤberredeten mich ganz, Daß ihre Schoͤnheit nicht geſchaffen, Damit wir ſie Wie das gehoͤrnte Vieh Nur noͤtig haͤtten an zu gaffen; Nein aber wol, daß jeder Form und Schein Zu Dem, Der ſie gemacht, uns ſollt’ ein Leit-Stern ſeyn.
Noch ſah ich mit Vergnuͤgen dort, Die lieblich riechenden Camillen So manchen Ort Mit zwiefach holder Zierde fuͤllen. Es ließ ihr gelb- und weiſſer Glanz ſo ſchoͤn, Als wenn in ſilbernen polir’ten Schalen Wir kleine guͤld’ne Aepfel ſehn.
Bey aller Schoͤnheit ſah ich auch, Wie ein erhab’ner Dieſtel-Strauch Sein zackigt Laub mit ſchoͤnen Bluhmen kroͤn’te, Und wie derſelben Purpur-Glanz Faſt alle niedern Bluhmen ganz Beſieget’ und verhoͤn’te.
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Jm blauen, ſchien mir recht ein Sternen-Bild zu ſeyn.</l><lb/><l>Jch freu mich uͤber dich, holdſeligs Bluͤhmelein!</l><lb/><l>Du kannſt, wenn wir in dir den Schoͤpfer preiſen,</l><lb/><l>Mir einen ſchoͤnen Weg zum Himmel weiſen.</l><lb/><l>Man kann in deinen kleinen Sternen</l><lb/><l>Den HErrn der Sterne ruͤhmen lernen;</l><lb/><l>Doch wie wir an des Himmels Hoͤhen</l><lb/><l>Nicht lauter guͤld’ne Sterne ſehen;</l><lb/><l>So ward ich neben ihnen</l><lb/><l>Bald einer weiſſen Sternen-Schar</l><lb/><l>Jn Marjen-Bluhmen auch gewahr,</l><lb/><l>Die in dem holden Dunkel-gruͤnen</l><lb/><l>An Bildung Sternen gleich, an Farben Silber, ſchienen.</l><lb/><l>Die Menge, die Figur, die Farben und der Glanz</l><lb/><l>Die uͤberredeten mich ganz,</l><lb/><l>Daß ihre Schoͤnheit nicht geſchaffen,</l><lb/><l>Damit wir ſie</l><lb/><l>Wie das gehoͤrnte Vieh</l><lb/><l>Nur noͤtig haͤtten an zu gaffen;</l><lb/><l>Nein aber wol, daß jeder Form und Schein</l><lb/><l>Zu Dem, Der ſie gemacht, uns ſollt’ ein Leit-Stern ſeyn.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Noch ſah ich mit Vergnuͤgen dort,</l><lb/><l>Die lieblich riechenden Camillen</l><lb/><l>So manchen Ort</l><lb/><l>Mit zwiefach holder Zierde fuͤllen.</l><lb/><l>Es ließ ihr gelb- und weiſſer Glanz ſo ſchoͤn,</l><lb/><l>Als wenn in ſilbernen polir’ten Schalen</l><lb/><l>Wir kleine guͤld’ne Aepfel ſehn.</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Bey aller Schoͤnheit ſah ich auch,</l><lb/><l>Wie ein erhab’ner Dieſtel-Strauch</l><lb/><l>Sein zackigt Laub mit ſchoͤnen Bluhmen kroͤn’te,</l><lb/><l>Und wie derſelben Purpur-Glanz</l><lb/><l>Faſt alle niedern Bluhmen ganz</l><lb/><l>Beſieget’ und verhoͤn’te.</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Jm blauen, ſchien mir recht ein Sternen-Bild zu ſeyn.
Jch freu mich uͤber dich, holdſeligs Bluͤhmelein!
Du kannſt, wenn wir in dir den Schoͤpfer preiſen,
Mir einen ſchoͤnen Weg zum Himmel weiſen.
Man kann in deinen kleinen Sternen
Den HErrn der Sterne ruͤhmen lernen;
Doch wie wir an des Himmels Hoͤhen
Nicht lauter guͤld’ne Sterne ſehen;
So ward ich neben ihnen
Bald einer weiſſen Sternen-Schar
Jn Marjen-Bluhmen auch gewahr,
Die in dem holden Dunkel-gruͤnen
An Bildung Sternen gleich, an Farben Silber, ſchienen.
Die Menge, die Figur, die Farben und der Glanz
Die uͤberredeten mich ganz,
Daß ihre Schoͤnheit nicht geſchaffen,
Damit wir ſie
Wie das gehoͤrnte Vieh
Nur noͤtig haͤtten an zu gaffen;
Nein aber wol, daß jeder Form und Schein
Zu Dem, Der ſie gemacht, uns ſollt’ ein Leit-Stern ſeyn.
Noch ſah ich mit Vergnuͤgen dort,
Die lieblich riechenden Camillen
So manchen Ort
Mit zwiefach holder Zierde fuͤllen.
Es ließ ihr gelb- und weiſſer Glanz ſo ſchoͤn,
Als wenn in ſilbernen polir’ten Schalen
Wir kleine guͤld’ne Aepfel ſehn.
Bey aller Schoͤnheit ſah ich auch,
Wie ein erhab’ner Dieſtel-Strauch
Sein zackigt Laub mit ſchoͤnen Bluhmen kroͤn’te,
Und wie derſelben Purpur-Glanz
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/103>, abgerufen am 15.01.2025.
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