Jch hinterhielt oft selbst beschäm't den Tritt, Der schon begonnen war. Das junge frische Gras, Vermischt mit zartem Klee, schien öfters meinen Füssen Ein sanft- und weiches zwar doch gar zu prächtigs Küssen. Um nun nicht gar zu viel von selbem zu verletzen Durch einen öftern Tritt, beschloß ich mich zu setzen, Und so zugleich Jn froher Lust, zu GOttes Ruhm allein, Zu lernen und zu lehren, Wie schön der Wiesen Schmuck, wie Form- und Farben-reich Die Kräuter, Gras und Bluhmen seyn.
O GOtt, allgegenwärt'ge Quelle Von aller Schönheit, so die Welt Jn ihrem weiten Kreis' enthält, Wie groß ist Deine Macht! was zeiget jede Stelle Uns für Veränderung! wie ist der Unterscheid So unbegreiflich groß! o Mensch, besinne dich, Der du bisher, betrogen durch den Schein, Das Feld nur überhin, als wär' es grün allein, Unachtsam angesehn, es bloß begras't geachtet, Und so, wie ohne Lust, auch sonder Dank, betrachtet. Wie nützlich und wie mancherley Der holde Schmuck der Felder sey, Wie angenem, wie schön, Denk' ich, zu GOttes Ruhm, noch ferner zu besehn.
Jndem in mancher grünen Tiefe Mein Auge hin und wieder liefe, Macht' eine dunkel-grüne Stelle Die liebliche Vergiß mein nicht, Fast wie ein kleines blaues Licht, Mit holdem Schimmer, gleichsam helle. Die Himmel-blaue Farbe machte, Daß ich, voll Fröhlichkeit, auch an den Himmel dachte. Der Sternen-förmige fast güld'ne kleine Schein
Jm
Jch hinterhielt oft ſelbſt beſchaͤm’t den Tritt, Der ſchon begonnen war. Das junge friſche Gras, Vermiſcht mit zartem Klee, ſchien oͤfters meinen Fuͤſſen Ein ſanft- und weiches zwar doch gar zu praͤchtigs Kuͤſſen. Um nun nicht gar zu viel von ſelbem zu verletzen Durch einen oͤftern Tritt, beſchloß ich mich zu ſetzen, Und ſo zugleich Jn froher Luſt, zu GOttes Ruhm allein, Zu lernen und zu lehren, Wie ſchoͤn der Wieſen Schmuck, wie Form- und Farben-reich Die Kraͤuter, Gras und Bluhmen ſeyn.
O GOtt, allgegenwaͤrt’ge Quelle Von aller Schoͤnheit, ſo die Welt Jn ihrem weiten Kreiſ’ enthaͤlt, Wie groß iſt Deine Macht! was zeiget jede Stelle Uns fuͤr Veraͤnderung! wie iſt der Unterſcheid So unbegreiflich groß! o Menſch, beſinne dich, Der du bisher, betrogen durch den Schein, Das Feld nur uͤberhin, als waͤr’ es gruͤn allein, Unachtſam angeſehn, es bloß begraſ’t geachtet, Und ſo, wie ohne Luſt, auch ſonder Dank, betrachtet. Wie nuͤtzlich und wie mancherley Der holde Schmuck der Felder ſey, Wie angenem, wie ſchoͤn, Denk’ ich, zu GOttes Ruhm, noch ferner zu beſehn.
Jndem in mancher gruͤnen Tiefe Mein Auge hin und wieder liefe, Macht’ eine dunkel-gruͤne Stelle Die liebliche Vergiß mein nicht, Faſt wie ein kleines blaues Licht, Mit holdem Schimmer, gleichſam helle. Die Himmel-blaue Farbe machte, Daß ich, voll Froͤhlichkeit, auch an den Himmel dachte. Der Sternen-foͤrmige faſt guͤld’ne kleine Schein
Jm
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="1"><l><pbfacs="#f0102"n="66"/>
Jch hinterhielt oft ſelbſt beſchaͤm’t den Tritt,</l><lb/><l>Der ſchon begonnen war. Das junge friſche Gras,</l><lb/><l>Vermiſcht mit zartem Klee, ſchien oͤfters meinen Fuͤſſen</l><lb/><l>Ein ſanft- und weiches zwar doch gar zu praͤchtigs Kuͤſſen.</l><lb/><l>Um nun nicht gar zu viel von ſelbem zu verletzen</l><lb/><l>Durch einen oͤftern Tritt, beſchloß ich mich zu ſetzen,</l><lb/><l>Und ſo zugleich</l><lb/><l>Jn froher Luſt, zu GOttes Ruhm allein,</l><lb/><l>Zu lernen und zu lehren,</l><lb/><l>Wie ſchoͤn der Wieſen Schmuck, wie Form- und Farben-reich</l><lb/><l>Die Kraͤuter, Gras und Bluhmen ſeyn.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>O GOtt, allgegenwaͤrt’ge Quelle</l><lb/><l>Von aller Schoͤnheit, ſo die Welt</l><lb/><l>Jn ihrem weiten Kreiſ’ enthaͤlt,</l><lb/><l>Wie groß iſt Deine Macht! was zeiget jede Stelle</l><lb/><l>Uns fuͤr Veraͤnderung! wie iſt der Unterſcheid</l><lb/><l>So unbegreiflich groß! o Menſch, beſinne dich,</l><lb/><l>Der du bisher, betrogen durch den Schein,</l><lb/><l>Das Feld nur uͤberhin, als waͤr’ es gruͤn allein,</l><lb/><l>Unachtſam angeſehn, es bloß begraſ’t geachtet,</l><lb/><l>Und ſo, wie ohne Luſt, auch ſonder Dank, betrachtet.</l><lb/><l>Wie nuͤtzlich und wie mancherley</l><lb/><l>Der holde Schmuck der Felder ſey,</l><lb/><l>Wie angenem, wie ſchoͤn,</l><lb/><l>Denk’ ich, zu GOttes Ruhm, noch ferner zu beſehn.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Jndem in mancher gruͤnen Tiefe</l><lb/><l>Mein Auge hin und wieder liefe,</l><lb/><l>Macht’ eine dunkel-gruͤne Stelle</l><lb/><l>Die liebliche <hirendition="#fr">Vergiß mein nicht,</hi></l><lb/><l>Faſt wie ein kleines blaues Licht,</l><lb/><l>Mit holdem Schimmer, gleichſam helle.</l><lb/><l>Die Himmel-blaue Farbe machte,</l><lb/><l>Daß ich, voll Froͤhlichkeit, auch an den Himmel dachte.</l><lb/><l>Der Sternen-foͤrmige faſt guͤld’ne kleine Schein</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Jm</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[66/0102]
Jch hinterhielt oft ſelbſt beſchaͤm’t den Tritt,
Der ſchon begonnen war. Das junge friſche Gras,
Vermiſcht mit zartem Klee, ſchien oͤfters meinen Fuͤſſen
Ein ſanft- und weiches zwar doch gar zu praͤchtigs Kuͤſſen.
Um nun nicht gar zu viel von ſelbem zu verletzen
Durch einen oͤftern Tritt, beſchloß ich mich zu ſetzen,
Und ſo zugleich
Jn froher Luſt, zu GOttes Ruhm allein,
Zu lernen und zu lehren,
Wie ſchoͤn der Wieſen Schmuck, wie Form- und Farben-reich
Die Kraͤuter, Gras und Bluhmen ſeyn.
O GOtt, allgegenwaͤrt’ge Quelle
Von aller Schoͤnheit, ſo die Welt
Jn ihrem weiten Kreiſ’ enthaͤlt,
Wie groß iſt Deine Macht! was zeiget jede Stelle
Uns fuͤr Veraͤnderung! wie iſt der Unterſcheid
So unbegreiflich groß! o Menſch, beſinne dich,
Der du bisher, betrogen durch den Schein,
Das Feld nur uͤberhin, als waͤr’ es gruͤn allein,
Unachtſam angeſehn, es bloß begraſ’t geachtet,
Und ſo, wie ohne Luſt, auch ſonder Dank, betrachtet.
Wie nuͤtzlich und wie mancherley
Der holde Schmuck der Felder ſey,
Wie angenem, wie ſchoͤn,
Denk’ ich, zu GOttes Ruhm, noch ferner zu beſehn.
Jndem in mancher gruͤnen Tiefe
Mein Auge hin und wieder liefe,
Macht’ eine dunkel-gruͤne Stelle
Die liebliche Vergiß mein nicht,
Faſt wie ein kleines blaues Licht,
Mit holdem Schimmer, gleichſam helle.
Die Himmel-blaue Farbe machte,
Daß ich, voll Froͤhlichkeit, auch an den Himmel dachte.
Der Sternen-foͤrmige faſt guͤld’ne kleine Schein
Jm
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/102>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.