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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.

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fort, so werden wir sie gerade noch zu rechter Zeit fin¬
den. Ich will Ihm unterwegs noch Alles erzählen.

Nun stand sie auf, und betete ihren Morgensegen
ganz ruhig, und brachte ihre Kleider in Ordnung, und
ihren Bündel hängte sie dann an meinen Arm; es
war zwei Uhr des Morgens, der Tag graute und wir
wandelten durch die stillen Gassen.

Seh' Er, erzählte die Alte fort, als der Finkel und
sein Sohn eingesperrt waren, mußte ich zum Gerichtshalter
auf die Gerichtsstube; der todte Kasper wurde auf einen
Tisch gelegt und mit seinem Uhlanenmantel bedeckt her¬
eingetragen, und nun mußte ich Alles dem Gerichtshalter
sagen, was ich von ihm wußte und was er mir heute
Morgen durch das Fenster gesagt hatte. Das schrieb er
Alles auf sein Papier nieder, das vor ihm lag; dann
sah er die Schreibtafel durch, die sie bei Kasper gefun¬
den; da standen mancherlei Rechnungen drin, einige
Geschichten von der Ehre und auch die von dem fran¬
zösischen Unteroffizier, und hinter ihr war mit Bleistift
etwas geschrieben. Da gab mir die Alte die Brieftasche,
und ich las folgende letzte Worte des unglücklichen Kas¬
pers: Auch ich kann meine Schande nicht überleben; mein
Vater und mein Bruder sind Diebe, sie haben mich selbst

fort, ſo werden wir ſie gerade noch zu rechter Zeit fin¬
den. Ich will Ihm unterwegs noch Alles erzählen.

Nun ſtand ſie auf, und betete ihren Morgenſegen
ganz ruhig, und brachte ihre Kleider in Ordnung, und
ihren Bündel hängte ſie dann an meinen Arm; es
war zwei Uhr des Morgens, der Tag graute und wir
wandelten durch die ſtillen Gaſſen.

Seh' Er, erzählte die Alte fort, als der Finkel und
ſein Sohn eingeſperrt waren, mußte ich zum Gerichtshalter
auf die Gerichtsſtube; der todte Kasper wurde auf einen
Tiſch gelegt und mit ſeinem Uhlanenmantel bedeckt her¬
eingetragen, und nun mußte ich Alles dem Gerichtshalter
ſagen, was ich von ihm wußte und was er mir heute
Morgen durch das Fenſter geſagt hatte. Das ſchrieb er
Alles auf ſein Papier nieder, das vor ihm lag; dann
ſah er die Schreibtafel durch, die ſie bei Kasper gefun¬
den; da ſtanden mancherlei Rechnungen drin, einige
Geſchichten von der Ehre und auch die von dem fran¬
zöſiſchen Unteroffizier, und hinter ihr war mit Bleiſtift
etwas geſchrieben. Da gab mir die Alte die Brieftaſche,
und ich las folgende letzte Worte des unglücklichen Kas¬
pers: Auch ich kann meine Schande nicht überleben; mein
Vater und mein Bruder ſind Diebe, ſie haben mich ſelbſt

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[39/0049] fort, ſo werden wir ſie gerade noch zu rechter Zeit fin¬ den. Ich will Ihm unterwegs noch Alles erzählen. Nun ſtand ſie auf, und betete ihren Morgenſegen ganz ruhig, und brachte ihre Kleider in Ordnung, und ihren Bündel hängte ſie dann an meinen Arm; es war zwei Uhr des Morgens, der Tag graute und wir wandelten durch die ſtillen Gaſſen. Seh' Er, erzählte die Alte fort, als der Finkel und ſein Sohn eingeſperrt waren, mußte ich zum Gerichtshalter auf die Gerichtsſtube; der todte Kasper wurde auf einen Tiſch gelegt und mit ſeinem Uhlanenmantel bedeckt her¬ eingetragen, und nun mußte ich Alles dem Gerichtshalter ſagen, was ich von ihm wußte und was er mir heute Morgen durch das Fenſter geſagt hatte. Das ſchrieb er Alles auf ſein Papier nieder, das vor ihm lag; dann ſah er die Schreibtafel durch, die ſie bei Kasper gefun¬ den; da ſtanden mancherlei Rechnungen drin, einige Geſchichten von der Ehre und auch die von dem fran¬ zöſiſchen Unteroffizier, und hinter ihr war mit Bleiſtift etwas geſchrieben. Da gab mir die Alte die Brieftaſche, und ich las folgende letzte Worte des unglücklichen Kas¬ pers: Auch ich kann meine Schande nicht überleben; mein Vater und mein Bruder ſind Diebe, ſie haben mich ſelbſt

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/49>, abgerufen am 21.11.2024.