meine Schwadron Ehre im Leibe hat, so sitzt sie bei dem Finkel im Quartier. Er war unter den Uhlanen. Als er zum erstenmal aus Frankreich zurück kam, erzählte er allerlei schöne Geschichten, aber immer war von der Ehre dabei die Rede. Sein Vater und sein Stiefbruder waren bei dem Landsturm und kamen oft mit ihm wegen der Ehre in Streit, denn was er zuviel hatte, hatten sie nicht genug. Gott verzeih' mir meine schwere Sünde, ich will nicht schlecht von ihnen reden, Jeder hat sein Bündel zu tragen: aber meine selige Tochter: seine Mutter hat sich zu Tode gearbeitet bei dem Faulpelz, sie konnte nicht erschwingen, seine Schulden zu tilgen. Der Uhlan erzählte von den Franzosen, und als der Vater und Stiefbruder sie ganz schlecht machen wollten, sagte der Uhlan: Vater, das versteht Ihr nicht, sie haben doch viel Ehre im Leibe; da ward der Stiefbruder tückisch und sagte: wie kannst Du Deinem Vater so viel von der Ehre vorschwatzen? war er doch Unteroffizier im N . . . schen Regiment, und muß es besser als Du verstehn, der nur Gemeiner ist. Ja, sagte da der alte Finkel, der nun auch rebellisch ward, das war ich und habe manchem vorlauten Burschen fünf und zwanzig aufgezählt; hätte ich nur Franzosen in der Compagnie
meine Schwadron Ehre im Leibe hat, ſo ſitzt ſie bei dem Finkel im Quartier. Er war unter den Uhlanen. Als er zum erſtenmal aus Frankreich zurück kam, erzählte er allerlei ſchöne Geſchichten, aber immer war von der Ehre dabei die Rede. Sein Vater und ſein Stiefbruder waren bei dem Landſturm und kamen oft mit ihm wegen der Ehre in Streit, denn was er zuviel hatte, hatten ſie nicht genug. Gott verzeih' mir meine ſchwere Sünde, ich will nicht ſchlecht von ihnen reden, Jeder hat ſein Bündel zu tragen: aber meine ſelige Tochter: ſeine Mutter hat ſich zu Tode gearbeitet bei dem Faulpelz, ſie konnte nicht erſchwingen, ſeine Schulden zu tilgen. Der Uhlan erzählte von den Franzoſen, und als der Vater und Stiefbruder ſie ganz ſchlecht machen wollten, ſagte der Uhlan: Vater, das verſteht Ihr nicht, ſie haben doch viel Ehre im Leibe; da ward der Stiefbruder tückiſch und ſagte: wie kannſt Du Deinem Vater ſo viel von der Ehre vorſchwatzen? war er doch Unteroffizier im N . . . ſchen Regiment, und muß es beſſer als Du verſtehn, der nur Gemeiner iſt. Ja, ſagte da der alte Finkel, der nun auch rebelliſch ward, das war ich und habe manchem vorlauten Burſchen fünf und zwanzig aufgezählt; hätte ich nur Franzoſen in der Compagnie
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meine Schwadron Ehre im Leibe hat, ſo ſitzt ſie bei dem
Finkel im Quartier. Er war unter den Uhlanen. Als
er zum erſtenmal aus Frankreich zurück kam, erzählte er
allerlei ſchöne Geſchichten, aber immer war von der
Ehre dabei die Rede. Sein Vater und ſein Stiefbruder
waren bei dem Landſturm und kamen oft mit ihm wegen
der Ehre in Streit, denn was er zuviel hatte, hatten ſie
nicht genug. Gott verzeih' mir meine ſchwere Sünde,
ich will nicht ſchlecht von ihnen reden, Jeder hat ſein
Bündel zu tragen: aber meine ſelige Tochter: ſeine
Mutter hat ſich zu Tode gearbeitet bei dem Faulpelz,
ſie konnte nicht erſchwingen, ſeine Schulden zu tilgen.
Der Uhlan erzählte von den Franzoſen, und als der
Vater und Stiefbruder ſie ganz ſchlecht machen wollten,
ſagte der Uhlan: Vater, das verſteht Ihr nicht, ſie haben
doch viel Ehre im Leibe; da ward der Stiefbruder
tückiſch und ſagte: wie kannſt Du Deinem Vater ſo viel
von der Ehre vorſchwatzen? war er doch Unteroffizier im
N . . . ſchen Regiment, und muß es beſſer als Du
verſtehn, der nur Gemeiner iſt. Ja, ſagte da der alte
Finkel, der nun auch rebelliſch ward, das war ich und
habe manchem vorlauten Burſchen fünf und zwanzig
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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_kasperl_1838/26>, abgerufen am 24.02.2025.
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