Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.vor Gockel auf und ab, wie ein Mann, der in traurigen "Ich pflege und hege ein Hals-Gericht, Wo Gockel von Hanau das Urtheil spricht Und über den Mörder den Stab zerbricht." Nach diesen Worten flog Alektryo auf die Schulter "Wer kömmt zu Rüge, wer kömmt zu Recht?" Da trat Alektryo hervor, und sprach mit gebeugtem "Alektryo klagt, dein Edelknecht!" Ach! wie fuhr das der Frau Hinkel und der kleinen Gacke¬ "Alektryo, was ward dir gethan?" Da antwortete Alektryo: "Graf Gockel, trag mir das Schwert voran, Trag es voran mit gewaffneter Hand, Dann rufe ich Zeter wohl durch das Land." Da zog Gockel einen alten Blechhandschuh an die rechte vor Gockel auf und ab, wie ein Mann, der in traurigen „Ich pflege und hege ein Hals-Gericht, Wo Gockel von Hanau das Urtheil ſpricht Und uͤber den Moͤrder den Stab zerbricht.“ Nach dieſen Worten flog Alektryo auf die Schulter „Wer koͤmmt zu Ruͤge, wer koͤmmt zu Recht?“ Da trat Alektryo hervor, und ſprach mit gebeugtem „Alektryo klagt, dein Edelknecht!“ Ach! wie fuhr das der Frau Hinkel und der kleinen Gacke¬ „Alektryo, was ward dir gethan?“ Da antwortete Alektryo: „Graf Gockel, trag mir das Schwert voran, Trag es voran mit gewaffneter Hand, Dann rufe ich Zeter wohl durch das Land.“ Da zog Gockel einen alten Blechhandſchuh an die rechte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0087" n="61"/> vor Gockel auf und ab, wie ein Mann, der in traurigen<lb/> Umſtaͤnden ſehr tiefſinnige, verwickelte Dinge uͤberlegt. Ja es<lb/> ſah ordentlich aus, als lege er die Haͤnde auf dem Ruͤcken<lb/> zuſammen. Auch Gockel ſah einige Minuten ſtill vor ſich<lb/> hin und alle Voͤgel ruͤhrten ſich nicht. Nun ſtand Gockel<lb/> auf und hieb mit ſeinem Grafenſchwert majeſtaͤtiſch nach al¬<lb/> len vier Winden mit dem Ausruf:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Ich pflege und hege ein Hals-Gericht,</l><lb/> <l>Wo Gockel von Hanau das Urtheil ſpricht</l><lb/> <l>Und uͤber den Moͤrder den Stab zerbricht.“</l><lb/> </lg> <p>Nach dieſen Worten flog Alektryo auf die Schulter<lb/> Gockels und kraͤhte dreimal ſehr durchdringlich. Frau Hin¬<lb/> kel wußte gar nicht, was das alles bedeuten ſollte, und ſchrie<lb/> in groſſen Aengſten ans: „o Gockel, mein lieber Mann,<lb/> was machſt du? ach ich ungluͤckſelige, er iſt naͤrriſch gewor¬<lb/> den!“ Da winkte ihr Gockel nochmals zu ſchweigen, und<lb/> ſprach:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#c">„Wer koͤmmt zu Ruͤge, wer koͤmmt zu Recht?“</l> </lg><lb/> <p>Da trat Alektryo hervor, und ſprach mit gebeugtem<lb/> Haupt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#c">„Alektryo klagt, dein Edelknecht!“</l> </lg><lb/> <p>Ach! wie fuhr das der Frau Hinkel und der kleinen Gacke¬<lb/> leia durch das Gewiſſen, als ſie hoͤrten, daß der Hahn re¬<lb/> den konnte; ſie zitterten, daß nun Alles gewiß herauskom¬<lb/> men wuͤrde. Da ſprach Gockel:</p><lb/> <lg type="poem"> <l rendition="#c">„Alektryo, was ward dir gethan?“</l> </lg><lb/> <p>Da antwortete Alektryo:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Graf Gockel, trag mir das Schwert voran,</l><lb/> <l>Trag es voran mit gewaffneter Hand,</l><lb/> <l>Dann rufe ich Zeter wohl durch das Land.“</l><lb/> </lg> <p>Da zog Gockel einen alten Blechhandſchuh an die rechte<lb/> Hand, in der er ſein Schwert trug, und gieng ſo vor Alek¬<lb/> tryo, der ihm folgte, im Kreis durch die Kapelle wieder zu<lb/> den Gebeinen Gallina's zuruͤck.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [61/0087]
vor Gockel auf und ab, wie ein Mann, der in traurigen
Umſtaͤnden ſehr tiefſinnige, verwickelte Dinge uͤberlegt. Ja es
ſah ordentlich aus, als lege er die Haͤnde auf dem Ruͤcken
zuſammen. Auch Gockel ſah einige Minuten ſtill vor ſich
hin und alle Voͤgel ruͤhrten ſich nicht. Nun ſtand Gockel
auf und hieb mit ſeinem Grafenſchwert majeſtaͤtiſch nach al¬
len vier Winden mit dem Ausruf:
„Ich pflege und hege ein Hals-Gericht,
Wo Gockel von Hanau das Urtheil ſpricht
Und uͤber den Moͤrder den Stab zerbricht.“
Nach dieſen Worten flog Alektryo auf die Schulter
Gockels und kraͤhte dreimal ſehr durchdringlich. Frau Hin¬
kel wußte gar nicht, was das alles bedeuten ſollte, und ſchrie
in groſſen Aengſten ans: „o Gockel, mein lieber Mann,
was machſt du? ach ich ungluͤckſelige, er iſt naͤrriſch gewor¬
den!“ Da winkte ihr Gockel nochmals zu ſchweigen, und
ſprach:
„Wer koͤmmt zu Ruͤge, wer koͤmmt zu Recht?“
Da trat Alektryo hervor, und ſprach mit gebeugtem
Haupt:
„Alektryo klagt, dein Edelknecht!“
Ach! wie fuhr das der Frau Hinkel und der kleinen Gacke¬
leia durch das Gewiſſen, als ſie hoͤrten, daß der Hahn re¬
den konnte; ſie zitterten, daß nun Alles gewiß herauskom¬
men wuͤrde. Da ſprach Gockel:
„Alektryo, was ward dir gethan?“
Da antwortete Alektryo:
„Graf Gockel, trag mir das Schwert voran,
Trag es voran mit gewaffneter Hand,
Dann rufe ich Zeter wohl durch das Land.“
Da zog Gockel einen alten Blechhandſchuh an die rechte
Hand, in der er ſein Schwert trug, und gieng ſo vor Alek¬
tryo, der ihm folgte, im Kreis durch die Kapelle wieder zu
den Gebeinen Gallina's zuruͤck.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |