Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Wer lang, wie ich, bei Hofe sitzt Im Hühner-Ministerium, Zuletzt gar von sich selbst ausschwitzt Das innere Mysterium. Mir ist so dumm, als ob ich sey Ein in der Stichedunklichkeit Der finstern Mittelaltrichkeit Gelegtes ausgeblas'nes Ei. Belehr mich doch! -- ich weiß nicht mehr, Wo kommen alle wir nur her, Wo Gockel, wo Alektryo, Wo jener Ring des Salomo? Da erwiederte Alektryo: Du dauerst mich, du armer Tropf! Faß an den Ring in meinem Kropf, Sprich: Urgockel! dort an der Wand, Hast's ABC-Buch in der Hand, Gehorch' dem Ring des Salomon Und sag mir auf dein Lektion, Links vom Altar bis zu der Thür Die alten Bilder explizir'! Graf Gockel nahm nun den Alektryo unter den Arm, Nun aber fiel hie und da brüchiges Gestein an der Wer lang, wie ich, bei Hofe ſitzt Im Huͤhner-Miniſterium, Zuletzt gar von ſich ſelbſt ausſchwitzt Das innere Myſterium. Mir iſt ſo dumm, als ob ich ſey Ein in der Stichedunklichkeit Der finſtern Mittelaltrichkeit Gelegtes ausgeblaſ'nes Ei. Belehr mich doch! — ich weiß nicht mehr, Wo kommen alle wir nur her, Wo Gockel, wo Alektryo, Wo jener Ring des Salomo? Da erwiederte Alektryo: Du dauerſt mich, du armer Tropf! Faß an den Ring in meinem Kropf, Sprich: Urgockel! dort an der Wand, Haſt's ABC-Buch in der Hand, Gehorch' dem Ring des Salomon Und ſag mir auf dein Lektion, Links vom Altar bis zu der Thuͤr Die alten Bilder explizir'! Graf Gockel nahm nun den Alektryo unter den Arm, Nun aber fiel hie und da bruͤchiges Geſtein an der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079" n="53"/> <l>Wer lang, wie ich, bei Hofe ſitzt</l><lb/> <l>Im Huͤhner-Miniſterium,</l><lb/> <l>Zuletzt gar von ſich ſelbſt ausſchwitzt</l><lb/> <l>Das innere Myſterium.</l><lb/> <l>Mir iſt ſo dumm, als ob ich ſey</l><lb/> <l>Ein in der Stichedunklichkeit</l><lb/> <l>Der finſtern Mittelaltrichkeit</l><lb/> <l>Gelegtes ausgeblaſ'nes Ei.</l><lb/> <l>Belehr mich doch! — ich weiß nicht mehr,</l><lb/> <l>Wo kommen alle wir nur her,</l><lb/> <l>Wo Gockel, wo Alektryo,</l><lb/> <l>Wo jener Ring des Salomo?</l><lb/> </lg> <p>Da erwiederte Alektryo:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Du dauerſt mich, du armer Tropf!</l><lb/> <l>Faß an den Ring in meinem Kropf,</l><lb/> <l>Sprich: Urgockel! dort an der Wand,</l><lb/> <l>Haſt's ABC-Buch in der Hand,</l><lb/> <l>Gehorch' dem Ring des Salomon</l><lb/> <l>Und ſag mir auf dein Lektion,</l><lb/> <l>Links vom Altar bis zu der Thuͤr</l><lb/> <l>Die alten Bilder explizir'!</l><lb/> </lg> <p>Graf Gockel nahm nun den Alektryo unter den Arm,<lb/> faßte mit der Hand an ſeinen Kropf und ſprach dieſe Worte<lb/> ganz feierlich zu dem Bilde Urgockels an der Wand. Da<lb/> rauſchte es dumpf in dem Steinbild, der ſteinerne Hahn Ur¬<lb/> gockels ſchlug ſich mit den Fluͤgeln in die Seite, daß Moos und<lb/> Kalk niederfiel; er ſtreckte den Hals und kraͤhte, wenn gleich<lb/> ein wenig heiſer, doch ſo laut und feierlich, als wolle er<lb/> den Schlafenden den juͤngſten Tag verkuͤnden, und Alek¬<lb/> tryo antwortete ihm mit ehrfuͤrchtigem Ernſt.</p><lb/> <p>Nun aber fiel hie und da bruͤchiges Geſtein an der<lb/> Wand raſſelnd nieder, es regte ſich das ſteinerne Bild<lb/> Urgockels, hob langſam die Haͤnde, ſtreckte ſich, rieb ſich<lb/> die Augen, gaͤhnte etwas zu laut, machte aber dabei ein<lb/> Kreuz vor dem Mund, welches ein ſchoͤnes Zeugniß fuͤr die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0079]
Wer lang, wie ich, bei Hofe ſitzt
Im Huͤhner-Miniſterium,
Zuletzt gar von ſich ſelbſt ausſchwitzt
Das innere Myſterium.
Mir iſt ſo dumm, als ob ich ſey
Ein in der Stichedunklichkeit
Der finſtern Mittelaltrichkeit
Gelegtes ausgeblaſ'nes Ei.
Belehr mich doch! — ich weiß nicht mehr,
Wo kommen alle wir nur her,
Wo Gockel, wo Alektryo,
Wo jener Ring des Salomo?
Da erwiederte Alektryo:
Du dauerſt mich, du armer Tropf!
Faß an den Ring in meinem Kropf,
Sprich: Urgockel! dort an der Wand,
Haſt's ABC-Buch in der Hand,
Gehorch' dem Ring des Salomon
Und ſag mir auf dein Lektion,
Links vom Altar bis zu der Thuͤr
Die alten Bilder explizir'!
Graf Gockel nahm nun den Alektryo unter den Arm,
faßte mit der Hand an ſeinen Kropf und ſprach dieſe Worte
ganz feierlich zu dem Bilde Urgockels an der Wand. Da
rauſchte es dumpf in dem Steinbild, der ſteinerne Hahn Ur¬
gockels ſchlug ſich mit den Fluͤgeln in die Seite, daß Moos und
Kalk niederfiel; er ſtreckte den Hals und kraͤhte, wenn gleich
ein wenig heiſer, doch ſo laut und feierlich, als wolle er
den Schlafenden den juͤngſten Tag verkuͤnden, und Alek¬
tryo antwortete ihm mit ehrfuͤrchtigem Ernſt.
Nun aber fiel hie und da bruͤchiges Geſtein an der
Wand raſſelnd nieder, es regte ſich das ſteinerne Bild
Urgockels, hob langſam die Haͤnde, ſtreckte ſich, rieb ſich
die Augen, gaͤhnte etwas zu laut, machte aber dabei ein
Kreuz vor dem Mund, welches ein ſchoͤnes Zeugniß fuͤr die
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