Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Alektryo einen Bissen Brod geben, der aber schüttelte den "Alektryo in großer Noth, Gallina todt, die Hühnchen todt, Alektryo will mehr kein Brod, Will sterben durch das Grafenschwert, Wie es ein edler Ritter werth, Verlangt ein ehrlich Halsgericht, Wo Raugraf Gockel das Urtheil spricht, Und über die Katze das Stäblein bricht." "O Alektryo," sprach Gockel mit Thränen, "ein strenges Es war Nacht geworden: als Gockel nach Hause kam. Alektryo einen Biſſen Brod geben, der aber ſchuͤttelte den „Alektryo in großer Noth, Gallina todt, die Huͤhnchen todt, Alektryo will mehr kein Brod, Will ſterben durch das Grafenſchwert, Wie es ein edler Ritter werth, Verlangt ein ehrlich Halsgericht, Wo Raugraf Gockel das Urtheil ſpricht, Und uͤber die Katze das Staͤblein bricht.“ „O Alektryo,“ ſprach Gockel mit Thraͤnen, „ein ſtrenges Es war Nacht geworden: als Gockel nach Hauſe kam. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="45"/> Alektryo einen Biſſen Brod geben, der aber ſchuͤttelte den<lb/> Kopf und ſprach gar beweglich:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Alektryo in großer Noth,</l><lb/> <l>Gallina todt, die Huͤhnchen todt,</l><lb/> <l>Alektryo will mehr kein Brod,</l><lb/> <l>Will ſterben durch das Grafenſchwert,</l><lb/> <l>Wie es ein edler Ritter werth,</l><lb/> <l>Verlangt ein ehrlich Halsgericht,</l><lb/> <l>Wo Raugraf Gockel das Urtheil ſpricht,</l><lb/> <l>Und uͤber die Katze das Staͤblein bricht.“</l><lb/> </lg> <p>„O Alektryo,“ ſprach Gockel mit Thraͤnen, „ein ſtrenges<lb/> Gericht ſoll uͤber die Katze ergehen, deine verſtorbene Gal¬<lb/> lina und deine dreißig Jungen ſollen geraͤcht werden, und<lb/> was noch von ihnen uͤbrig iſt, ſoll in einem ehrlichen<lb/> Grabe beſtattet werden; aber du, du mußt bei mir blei¬<lb/> ben.“ Der Hahn blieb immer bei ſeiner Rede, er muͤſſe in<lb/> jedem Falle ſterben, und wolle ihn Gockel nicht enthaupten,<lb/> ſo werde er ſich zu Tode hungern; Gockel werde ſchon heute<lb/> in der wuͤſten Schloßkapelle noch Alles erfahren und dann<lb/> kurzen Proceß machen.</p><lb/> <p>Es war Nacht geworden: als Gockel nach Hauſe kam.<lb/> Frau Hinkel und Gackeleia ſchliefen ſchon, denn ſie erwar¬<lb/> teten heute den Vater nicht zuruͤck, weil ſie glaubten, er ſey<lb/> mit den Kaͤufern des Alektryo nach der Stadt gegangen.<lb/> Zuerſt ſchlich ſich Gockel nach dem Winkel, wo die moͤrde¬<lb/> riſche Katze mit ihren Jungen ſchlief, Alektryo zeigte ihm<lb/> den Weg. Gockel ergriff ſie alle zuſammen und ſteckte ſie<lb/> in denſelben Sack, in welchem Alektryo gefangen gelegen<lb/> war. Ach wie trauerten Gockel und Alektryo, als ſie die<lb/> Federn und Gebeine der guten ermordeten Gallina und<lb/> ihrer Kuͤchlein um das Neſt der Katze herumliegen ſahen.<lb/> Sie weinten bittere Thraͤnen mit einander und Alektryo ſam¬<lb/> melte, mit ſeinem Schnabel herumſuchend, alle Beinchen und<lb/> Federn der Ermordeten in die Muͤtze Gockels, der ſie ihm<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0071]
Alektryo einen Biſſen Brod geben, der aber ſchuͤttelte den
Kopf und ſprach gar beweglich:
„Alektryo in großer Noth,
Gallina todt, die Huͤhnchen todt,
Alektryo will mehr kein Brod,
Will ſterben durch das Grafenſchwert,
Wie es ein edler Ritter werth,
Verlangt ein ehrlich Halsgericht,
Wo Raugraf Gockel das Urtheil ſpricht,
Und uͤber die Katze das Staͤblein bricht.“
„O Alektryo,“ ſprach Gockel mit Thraͤnen, „ein ſtrenges
Gericht ſoll uͤber die Katze ergehen, deine verſtorbene Gal¬
lina und deine dreißig Jungen ſollen geraͤcht werden, und
was noch von ihnen uͤbrig iſt, ſoll in einem ehrlichen
Grabe beſtattet werden; aber du, du mußt bei mir blei¬
ben.“ Der Hahn blieb immer bei ſeiner Rede, er muͤſſe in
jedem Falle ſterben, und wolle ihn Gockel nicht enthaupten,
ſo werde er ſich zu Tode hungern; Gockel werde ſchon heute
in der wuͤſten Schloßkapelle noch Alles erfahren und dann
kurzen Proceß machen.
Es war Nacht geworden: als Gockel nach Hauſe kam.
Frau Hinkel und Gackeleia ſchliefen ſchon, denn ſie erwar¬
teten heute den Vater nicht zuruͤck, weil ſie glaubten, er ſey
mit den Kaͤufern des Alektryo nach der Stadt gegangen.
Zuerſt ſchlich ſich Gockel nach dem Winkel, wo die moͤrde¬
riſche Katze mit ihren Jungen ſchlief, Alektryo zeigte ihm
den Weg. Gockel ergriff ſie alle zuſammen und ſteckte ſie
in denſelben Sack, in welchem Alektryo gefangen gelegen
war. Ach wie trauerten Gockel und Alektryo, als ſie die
Federn und Gebeine der guten ermordeten Gallina und
ihrer Kuͤchlein um das Neſt der Katze herumliegen ſahen.
Sie weinten bittere Thraͤnen mit einander und Alektryo ſam¬
melte, mit ſeinem Schnabel herumſuchend, alle Beinchen und
Federn der Ermordeten in die Muͤtze Gockels, der ſie ihm
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |