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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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streckte mich dann zum Schlafen aus, und da Klareta sich
schweigend zu meinen Füßen legte, merkte ich es wohl, that
aber nicht dergleichen. Ich träumte denselben Traum wie gestern,
nur durch die vielen Eindrücke des Abends und mein Wissen
von der Bedeutung der Kleinodien noch lebhafter und banger.
Auch Klareta träumte Dasselbe zugleich und weckte mich
abermals mit ängstlicher Theilnahme. Wie gestern erzählte
sie mir weit mehr aus meinem Traume, als ich ihr mitgetheilt
hatte. Zum Beispiel sagte sie mir heute: "die Löwen woll¬
ten dich hinausführen auf die Heide, auf das Moos, da
solltest du die Kibitze hüten, aber des Hahnen Schrei hat
die Löwen verscheucht, und Verena ist mit dem frommen
Hühnlein gekommen; denn nicht die Kibitzen sollst du hüten
in der Wüste, nein, einen ganzen Hof schöner bunter Hühn¬
chen, -- nein, viele liebe, lustige, reine Lämmer, nein, viele
fromme, freudige Kinder -- und Friede wird wohnen auf
deinen Schultern, und Salomonis Ring wird dir erfüllen
alle deine Wünsche; aber stifte uns ein Kloster Lilienthal,
daß wir für dich beten, denn es ist Gefahr auf deinen We¬
gen." -- Bei diesen Worten umfaßte sie wieder meine Füße
und schien sehr bewegt; ich aber sagte zu ihr: "Klareta, sey
nicht so ungestüm, das macht mich ganz krank; durch neun
Feuer bin ich gesprungen, und doch bin ich viel kälter als
du, die mich nach acht Feuern in den Armen auffing. Es
ist in diesen Tagen so Vieles über mich gekommen, auch ist
mir so traurig und schwer, als solle ich bald von Allem
scheiden, was mir lieb und theuer ist. Als ich so durch die
neun Feuer springen mußte, war es mir, als sollte ich Alles
in mir verbrennen, was mich noch feßle. -- Ich habe den
Orden der freudig frommen Kinder gestiftet; daß ich fromm
sey, gebe Gott! aber freudig bin ich nicht mehr; o Klareta!
ich will ja das Kloster Lilienthal stiften, aber du siehst doch
wohl selbst ein, daß das tägliche Thun auch sein Recht hat
und ein reiner Boden nöthig ist, um eine wichtige Sache

ſtreckte mich dann zum Schlafen aus, und da Klareta ſich
ſchweigend zu meinen Fuͤßen legte, merkte ich es wohl, that
aber nicht dergleichen. Ich traͤumte denſelben Traum wie geſtern,
nur durch die vielen Eindruͤcke des Abends und mein Wiſſen
von der Bedeutung der Kleinodien noch lebhafter und banger.
Auch Klareta traͤumte Dasſelbe zugleich und weckte mich
abermals mit aͤngſtlicher Theilnahme. Wie geſtern erzaͤhlte
ſie mir weit mehr aus meinem Traume, als ich ihr mitgetheilt
hatte. Zum Beiſpiel ſagte ſie mir heute: „die Loͤwen woll¬
ten dich hinausfuͤhren auf die Heide, auf das Moos, da
ſollteſt du die Kibitze huͤten, aber des Hahnen Schrei hat
die Loͤwen verſcheucht, und Verena iſt mit dem frommen
Huͤhnlein gekommen; denn nicht die Kibitzen ſollſt du huͤten
in der Wuͤſte, nein, einen ganzen Hof ſchoͤner bunter Huͤhn¬
chen, — nein, viele liebe, luſtige, reine Laͤmmer, nein, viele
fromme, freudige Kinder — und Friede wird wohnen auf
deinen Schultern, und Salomonis Ring wird dir erfuͤllen
alle deine Wuͤnſche; aber ſtifte uns ein Kloſter Lilienthal,
daß wir fuͤr dich beten, denn es iſt Gefahr auf deinen We¬
gen.“ — Bei dieſen Worten umfaßte ſie wieder meine Fuͤße
und ſchien ſehr bewegt; ich aber ſagte zu ihr: „Klareta, ſey
nicht ſo ungeſtuͤm, das macht mich ganz krank; durch neun
Feuer bin ich geſprungen, und doch bin ich viel kaͤlter als
du, die mich nach acht Feuern in den Armen auffing. Es
iſt in dieſen Tagen ſo Vieles uͤber mich gekommen, auch iſt
mir ſo traurig und ſchwer, als ſolle ich bald von Allem
ſcheiden, was mir lieb und theuer iſt. Als ich ſo durch die
neun Feuer ſpringen mußte, war es mir, als ſollte ich Alles
in mir verbrennen, was mich noch feßle. — Ich habe den
Orden der freudig frommen Kinder geſtiftet; daß ich fromm
ſey, gebe Gott! aber freudig bin ich nicht mehr; o Klareta!
ich will ja das Kloſter Lilienthal ſtiften, aber du ſiehſt doch
wohl ſelbſt ein, daß das taͤgliche Thun auch ſein Recht hat
und ein reiner Boden noͤthig iſt, um eine wichtige Sache

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[315/0369] ſtreckte mich dann zum Schlafen aus, und da Klareta ſich ſchweigend zu meinen Fuͤßen legte, merkte ich es wohl, that aber nicht dergleichen. Ich traͤumte denſelben Traum wie geſtern, nur durch die vielen Eindruͤcke des Abends und mein Wiſſen von der Bedeutung der Kleinodien noch lebhafter und banger. Auch Klareta traͤumte Dasſelbe zugleich und weckte mich abermals mit aͤngſtlicher Theilnahme. Wie geſtern erzaͤhlte ſie mir weit mehr aus meinem Traume, als ich ihr mitgetheilt hatte. Zum Beiſpiel ſagte ſie mir heute: „die Loͤwen woll¬ ten dich hinausfuͤhren auf die Heide, auf das Moos, da ſollteſt du die Kibitze huͤten, aber des Hahnen Schrei hat die Loͤwen verſcheucht, und Verena iſt mit dem frommen Huͤhnlein gekommen; denn nicht die Kibitzen ſollſt du huͤten in der Wuͤſte, nein, einen ganzen Hof ſchoͤner bunter Huͤhn¬ chen, — nein, viele liebe, luſtige, reine Laͤmmer, nein, viele fromme, freudige Kinder — und Friede wird wohnen auf deinen Schultern, und Salomonis Ring wird dir erfuͤllen alle deine Wuͤnſche; aber ſtifte uns ein Kloſter Lilienthal, daß wir fuͤr dich beten, denn es iſt Gefahr auf deinen We¬ gen.“ — Bei dieſen Worten umfaßte ſie wieder meine Fuͤße und ſchien ſehr bewegt; ich aber ſagte zu ihr: „Klareta, ſey nicht ſo ungeſtuͤm, das macht mich ganz krank; durch neun Feuer bin ich geſprungen, und doch bin ich viel kaͤlter als du, die mich nach acht Feuern in den Armen auffing. Es iſt in dieſen Tagen ſo Vieles uͤber mich gekommen, auch iſt mir ſo traurig und ſchwer, als ſolle ich bald von Allem ſcheiden, was mir lieb und theuer iſt. Als ich ſo durch die neun Feuer ſpringen mußte, war es mir, als ſollte ich Alles in mir verbrennen, was mich noch feßle. — Ich habe den Orden der freudig frommen Kinder geſtiftet; daß ich fromm ſey, gebe Gott! aber freudig bin ich nicht mehr; o Klareta! ich will ja das Kloſter Lilienthal ſtiften, aber du ſiehſt doch wohl ſelbſt ein, daß das taͤgliche Thun auch ſein Recht hat und ein reiner Boden noͤthig iſt, um eine wichtige Sache

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/369>, abgerufen am 25.11.2024.