hieß Docka und war durch den heiligen Theonestus heimlich getauft und eine eifrige Christin geworden. Durch sie nahm auch Curio den Christenglauben an und half in Rom den Christen manichfaltig in der Verfolgung. Curio aber be¬ kehrte einen alten jüdischen Mann, der war zu ihm gekom¬ men mit vielem köstlichen Geschmeid von Gold und Edel¬ steinen, dem Kaiser das zu verkaufen. Er war ein sehr eif¬ riger Christ und hatte große Liebe zu Curio und dieser zu ihm. Die Christen aber wurden verfolgt und getödtet, und der he¬ bräische Mann ward auch gefangen und sollte gemartert wer¬ den, da gab er alle seine Edelsteine dem heiligen Theonestus, daß er den Armen damit helfen solle. Dem Kaiser Curio aber gab er ein unschätzbares Kleinod, zwei schöne Spangen von Einhorn, worauf zwei kleine Edelsteine; die Spangen dienten das Gewand auf der Schulter zu fassen. Ehe er den Martertod starb, besuchte ihn Curio im Gefängniß und er erzählte ihm, daß er aus dem Stamme Juda sey, und daß diese Achselbänder einstens auf den Schultern Rebeckas geruht und von derselben in gerader Linie auf ihn vererbt seyen. -- Er theilte ihm seltsame Dinge mit, die ihm von der Geschichte dieser Kleinode durch seine Vorältern überliefert waren und die alle der Mönch aus dem Buche im Kloster Bänderen ausgeschrieben und mir gegeben hat. Ich gab sie vor einigen Tagen dem ehrwürdigen Jakob von Guise, von welchem du sie begehren magst. So viel gedenk ich noch daraus. Es sind diese Kleinode das höchste Heilthum, denn sie kommen aus dem Paradies, und sind sie von dem Stein, auf welchem Jakob die Himmelsleiter sah und von welchem auch der Siegelring Salomos war, durch den dieser alle seine Wünsche erfüllen konnte. Als der hebräische Mann dem Kai¬ ser Curio das Kleinod der Achselbänder geschenkt hatte, sprach er zu ihm: "trage diese Kleinode auf deinen Schultern und fliehe mit Weib und Kindern aus Rom, denn ich habe im Gebet erkannt, du wirst des Christenthums angeklagt wer¬
hieß Docka und war durch den heiligen Theoneſtus heimlich getauft und eine eifrige Chriſtin geworden. Durch ſie nahm auch Curio den Chriſtenglauben an und half in Rom den Chriſten manichfaltig in der Verfolgung. Curio aber be¬ kehrte einen alten juͤdiſchen Mann, der war zu ihm gekom¬ men mit vielem koͤſtlichen Geſchmeid von Gold und Edel¬ ſteinen, dem Kaiſer das zu verkaufen. Er war ein ſehr eif¬ riger Chriſt und hatte große Liebe zu Curio und dieſer zu ihm. Die Chriſten aber wurden verfolgt und getoͤdtet, und der he¬ braͤiſche Mann ward auch gefangen und ſollte gemartert wer¬ den, da gab er alle ſeine Edelſteine dem heiligen Theoneſtus, daß er den Armen damit helfen ſolle. Dem Kaiſer Curio aber gab er ein unſchaͤtzbares Kleinod, zwei ſchoͤne Spangen von Einhorn, worauf zwei kleine Edelſteine; die Spangen dienten das Gewand auf der Schulter zu faſſen. Ehe er den Martertod ſtarb, beſuchte ihn Curio im Gefaͤngniß und er erzaͤhlte ihm, daß er aus dem Stamme Juda ſey, und daß dieſe Achſelbaͤnder einſtens auf den Schultern Rebeckas geruht und von derſelben in gerader Linie auf ihn vererbt ſeyen. — Er theilte ihm ſeltſame Dinge mit, die ihm von der Geſchichte dieſer Kleinode durch ſeine Voraͤltern uͤberliefert waren und die alle der Moͤnch aus dem Buche im Kloſter Baͤnderen ausgeſchrieben und mir gegeben hat. Ich gab ſie vor einigen Tagen dem ehrwuͤrdigen Jakob von Guiſe, von welchem du ſie begehren magſt. So viel gedenk ich noch daraus. Es ſind dieſe Kleinode das hoͤchſte Heilthum, denn ſie kommen aus dem Paradies, und ſind ſie von dem Stein, auf welchem Jakob die Himmelsleiter ſah und von welchem auch der Siegelring Salomos war, durch den dieſer alle ſeine Wuͤnſche erfuͤllen konnte. Als der hebraͤiſche Mann dem Kai¬ ſer Curio das Kleinod der Achſelbaͤnder geſchenkt hatte, ſprach er zu ihm: „trage dieſe Kleinode auf deinen Schultern und fliehe mit Weib und Kindern aus Rom, denn ich habe im Gebet erkannt, du wirſt des Chriſtenthums angeklagt wer¬
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hieß Docka und war durch den heiligen Theoneſtus heimlich
getauft und eine eifrige Chriſtin geworden. Durch ſie nahm
auch Curio den Chriſtenglauben an und half in Rom den
Chriſten manichfaltig in der Verfolgung. Curio aber be¬
kehrte einen alten juͤdiſchen Mann, der war zu ihm gekom¬
men mit vielem koͤſtlichen Geſchmeid von Gold und Edel¬
ſteinen, dem Kaiſer das zu verkaufen. Er war ein ſehr eif¬
riger Chriſt und hatte große Liebe zu Curio und dieſer zu ihm.
Die Chriſten aber wurden verfolgt und getoͤdtet, und der he¬
braͤiſche Mann ward auch gefangen und ſollte gemartert wer¬
den, da gab er alle ſeine Edelſteine dem heiligen Theoneſtus,
daß er den Armen damit helfen ſolle. Dem Kaiſer Curio
aber gab er ein unſchaͤtzbares Kleinod, zwei ſchoͤne Spangen
von Einhorn, worauf zwei kleine Edelſteine; die Spangen
dienten das Gewand auf der Schulter zu faſſen. Ehe er den
Martertod ſtarb, beſuchte ihn Curio im Gefaͤngniß und er
erzaͤhlte ihm, daß er aus dem Stamme Juda ſey, und
daß dieſe Achſelbaͤnder einſtens auf den Schultern Rebeckas
geruht und von derſelben in gerader Linie auf ihn vererbt
ſeyen. — Er theilte ihm ſeltſame Dinge mit, die ihm von der
Geſchichte dieſer Kleinode durch ſeine Voraͤltern uͤberliefert
waren und die alle der Moͤnch aus dem Buche im Kloſter
Baͤnderen ausgeſchrieben und mir gegeben hat. Ich gab ſie
vor einigen Tagen dem ehrwuͤrdigen Jakob von Guiſe, von
welchem du ſie begehren magſt. So viel gedenk ich noch
daraus. Es ſind dieſe Kleinode das hoͤchſte Heilthum, denn
ſie kommen aus dem Paradies, und ſind ſie von dem Stein,
auf welchem Jakob die Himmelsleiter ſah und von welchem
auch der Siegelring Salomos war, durch den dieſer alle ſeine
Wuͤnſche erfuͤllen konnte. Als der hebraͤiſche Mann dem Kai¬
ſer Curio das Kleinod der Achſelbaͤnder geſchenkt hatte, ſprach
er zu ihm: „trage dieſe Kleinode auf deinen Schultern und
fliehe mit Weib und Kindern aus Rom, denn ich habe im
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/334>, abgerufen am 22.11.2024.
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