Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

gesehen worden seyn und dort unter den Fledermausmenschen großes
Aufsehen durch ihre Studien über den Stein Jakobs gemacht haben.
Wir sehen dem Erfolg entgegen.

Der Verfasser, welcher bei dem Hochzeitsschmaus auch der Kind¬
heit anheimgefallen und in der Nacht auf dem Kinderstühlchen mit
dem Tagebuch der Ahnfrau allein sitzen geblieben ist, schlief endlich
ein und als er Morgens erwachte, fand er sich des Tagebuchs be¬
raubt. Was sollte er thun? Er mußte im Nachtgebiete der Natur
sitzen bleiben. Er hatte Niemanden auf der weiten Welt, der ihn
zum Hern Pfalzgrafen Diemringer nach Staufenberg hätte tragen
mögen oder können. -- Da er sich nun erinnerte, kurz vor seiner
Verkindung von seinem literarischen Vormund Urkundius Regestus
vernommen zu haben, daß derselbe alle Augenblicke eine verlorne alte
Chronik wieder auffinde, so bat er diesen um Ausspannung aller
Entdeckungssegel nach dem verlornen Tagebuch. -- Urkundius war,
um sich zu besinnen, kaum über drei Registraturen und nicht ganz
über fünf Büchergestelle gesprungen, als ihm einfiel, daß, wie sonst,
Entdeckungsreisen aus Portugal, jetzt solche nach Portugal ausgerü¬
stet würden und zwar um des Sanchuniatons verlorne Bücher seiner
phönizischen Geschichte zu entdecken, und so entschloß er sich, der Ex¬
pedition das verlorne Tagebuch zur Nebenentdeckung zu empfehlen,
was er für ganz angemessen hielt, da er von dem Verfasser gehört,
daß Etwas von der Geschichte des Steins Jakobs darin stehe, der
bekanntlich von Phönizien nach Brigantium in Galizien in den Be¬
sitz der schottischen Könige gekommen. Seine Absicht wurde mit Er¬
folg gekrönt; denn kaum hatte der Verfasser auf dem Kinderstühlchen
das vorhergehende Mährchen ausgeschrieben, so ward er auch durch
die portugisischen Correspondenten Regesti Urkundii in den Stand ge¬
setzt, aus dem wiederentdeckten Tagebuch der Ahnfrau folgenden Aus¬
zug, der sich auf Gockel, Hinkel und Gackeleia bezieht, einstweilen
mitzutheilen.

geſehen worden ſeyn und dort unter den Fledermausmenſchen großes
Aufſehen durch ihre Studien uͤber den Stein Jakobs gemacht haben.
Wir ſehen dem Erfolg entgegen.

Der Verfaſſer, welcher bei dem Hochzeitsſchmaus auch der Kind¬
heit anheimgefallen und in der Nacht auf dem Kinderſtuͤhlchen mit
dem Tagebuch der Ahnfrau allein ſitzen geblieben iſt, ſchlief endlich
ein und als er Morgens erwachte, fand er ſich des Tagebuchs be¬
raubt. Was ſollte er thun? Er mußte im Nachtgebiete der Natur
ſitzen bleiben. Er hatte Niemanden auf der weiten Welt, der ihn
zum Hern Pfalzgrafen Diemringer nach Staufenberg haͤtte tragen
moͤgen oder koͤnnen. — Da er ſich nun erinnerte, kurz vor ſeiner
Verkindung von ſeinem literariſchen Vormund Urkundius Regeſtus
vernommen zu haben, daß derſelbe alle Augenblicke eine verlorne alte
Chronik wieder auffinde, ſo bat er dieſen um Ausſpannung aller
Entdeckungsſegel nach dem verlornen Tagebuch. — Urkundius war,
um ſich zu beſinnen, kaum uͤber drei Regiſtraturen und nicht ganz
uͤber fuͤnf Buͤchergeſtelle geſprungen, als ihm einfiel, daß, wie ſonſt,
Entdeckungsreiſen aus Portugal, jetzt ſolche nach Portugal ausgeruͤ¬
ſtet wuͤrden und zwar um des Sanchuniatons verlorne Buͤcher ſeiner
phoͤniziſchen Geſchichte zu entdecken, und ſo entſchloß er ſich, der Ex¬
pedition das verlorne Tagebuch zur Nebenentdeckung zu empfehlen,
was er fuͤr ganz angemeſſen hielt, da er von dem Verfaſſer gehoͤrt,
daß Etwas von der Geſchichte des Steins Jakobs darin ſtehe, der
bekanntlich von Phoͤnizien nach Brigantium in Galizien in den Be¬
ſitz der ſchottiſchen Koͤnige gekommen. Seine Abſicht wurde mit Er¬
folg gekroͤnt; denn kaum hatte der Verfaſſer auf dem Kinderſtuͤhlchen
das vorhergehende Maͤhrchen ausgeſchrieben, ſo ward er auch durch
die portugiſiſchen Correſpondenten Regeſti Urkundii in den Stand ge¬
ſetzt, aus dem wiederentdeckten Tagebuch der Ahnfrau folgenden Aus¬
zug, der ſich auf Gockel, Hinkel und Gackeleia bezieht, einſtweilen
mitzutheilen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0291" n="237"/>
ge&#x017F;ehen worden &#x017F;eyn und dort unter den Fledermausmen&#x017F;chen großes<lb/>
Auf&#x017F;ehen durch ihre Studien u&#x0364;ber den Stein Jakobs gemacht haben.<lb/>
Wir &#x017F;ehen dem Erfolg entgegen.</p><lb/>
          <p>Der Verfa&#x017F;&#x017F;er, welcher bei dem Hochzeits&#x017F;chmaus auch der Kind¬<lb/>
heit anheimgefallen und in der Nacht auf dem Kinder&#x017F;tu&#x0364;hlchen mit<lb/>
dem Tagebuch der Ahnfrau allein &#x017F;itzen geblieben i&#x017F;t, &#x017F;chlief endlich<lb/>
ein und als er Morgens erwachte, fand er &#x017F;ich des Tagebuchs be¬<lb/>
raubt. Was &#x017F;ollte er thun? Er mußte im Nachtgebiete der Natur<lb/>
&#x017F;itzen bleiben. Er hatte Niemanden auf der weiten Welt, der ihn<lb/>
zum Hern Pfalzgrafen Diemringer nach Staufenberg ha&#x0364;tte tragen<lb/>
mo&#x0364;gen oder ko&#x0364;nnen. &#x2014; Da er &#x017F;ich nun erinnerte, kurz vor &#x017F;einer<lb/>
Verkindung von &#x017F;einem literari&#x017F;chen Vormund Urkundius Rege&#x017F;tus<lb/>
vernommen zu haben, daß der&#x017F;elbe alle Augenblicke eine verlorne alte<lb/>
Chronik wieder auffinde, &#x017F;o bat er die&#x017F;en um Aus&#x017F;pannung aller<lb/>
Entdeckungs&#x017F;egel nach dem verlornen Tagebuch. &#x2014; Urkundius war,<lb/>
um &#x017F;ich zu be&#x017F;innen, kaum u&#x0364;ber drei Regi&#x017F;traturen und nicht <choice><sic>gauz</sic><corr>ganz</corr></choice><lb/>
u&#x0364;ber fu&#x0364;nf Bu&#x0364;cherge&#x017F;telle ge&#x017F;prungen, als ihm einfiel, daß, wie &#x017F;on&#x017F;t,<lb/>
Entdeckungsrei&#x017F;en aus Portugal, jetzt &#x017F;olche nach Portugal ausgeru&#x0364;¬<lb/>
&#x017F;tet wu&#x0364;rden und zwar um des Sanchuniatons verlorne Bu&#x0364;cher &#x017F;einer<lb/>
pho&#x0364;nizi&#x017F;chen Ge&#x017F;chichte zu entdecken, und &#x017F;o ent&#x017F;chloß er &#x017F;ich, der Ex¬<lb/>
pedition das verlorne Tagebuch zur Nebenentdeckung zu empfehlen,<lb/>
was er fu&#x0364;r ganz angeme&#x017F;&#x017F;en hielt, da er von dem Verfa&#x017F;&#x017F;er geho&#x0364;rt,<lb/>
daß Etwas von der Ge&#x017F;chichte des Steins Jakobs darin &#x017F;tehe, der<lb/>
bekanntlich von Pho&#x0364;nizien nach Brigantium in Galizien in den Be¬<lb/>
&#x017F;itz der &#x017F;chotti&#x017F;chen Ko&#x0364;nige gekommen. Seine Ab&#x017F;icht wurde mit Er¬<lb/>
folg gekro&#x0364;nt; denn kaum hatte der Verfa&#x017F;&#x017F;er auf dem Kinder&#x017F;tu&#x0364;hlchen<lb/>
das vorhergehende Ma&#x0364;hrchen ausge&#x017F;chrieben, &#x017F;o ward er auch durch<lb/>
die portugi&#x017F;i&#x017F;chen Corre&#x017F;pondenten Rege&#x017F;ti Urkundii in den Stand ge¬<lb/>
&#x017F;etzt, aus dem wiederentdeckten Tagebuch der Ahnfrau folgenden Aus¬<lb/>
zug, der &#x017F;ich auf Gockel, Hinkel und Gackeleia bezieht, ein&#x017F;tweilen<lb/>
mitzutheilen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0291] geſehen worden ſeyn und dort unter den Fledermausmenſchen großes Aufſehen durch ihre Studien uͤber den Stein Jakobs gemacht haben. Wir ſehen dem Erfolg entgegen. Der Verfaſſer, welcher bei dem Hochzeitsſchmaus auch der Kind¬ heit anheimgefallen und in der Nacht auf dem Kinderſtuͤhlchen mit dem Tagebuch der Ahnfrau allein ſitzen geblieben iſt, ſchlief endlich ein und als er Morgens erwachte, fand er ſich des Tagebuchs be¬ raubt. Was ſollte er thun? Er mußte im Nachtgebiete der Natur ſitzen bleiben. Er hatte Niemanden auf der weiten Welt, der ihn zum Hern Pfalzgrafen Diemringer nach Staufenberg haͤtte tragen moͤgen oder koͤnnen. — Da er ſich nun erinnerte, kurz vor ſeiner Verkindung von ſeinem literariſchen Vormund Urkundius Regeſtus vernommen zu haben, daß derſelbe alle Augenblicke eine verlorne alte Chronik wieder auffinde, ſo bat er dieſen um Ausſpannung aller Entdeckungsſegel nach dem verlornen Tagebuch. — Urkundius war, um ſich zu beſinnen, kaum uͤber drei Regiſtraturen und nicht ganz uͤber fuͤnf Buͤchergeſtelle geſprungen, als ihm einfiel, daß, wie ſonſt, Entdeckungsreiſen aus Portugal, jetzt ſolche nach Portugal ausgeruͤ¬ ſtet wuͤrden und zwar um des Sanchuniatons verlorne Buͤcher ſeiner phoͤniziſchen Geſchichte zu entdecken, und ſo entſchloß er ſich, der Ex¬ pedition das verlorne Tagebuch zur Nebenentdeckung zu empfehlen, was er fuͤr ganz angemeſſen hielt, da er von dem Verfaſſer gehoͤrt, daß Etwas von der Geſchichte des Steins Jakobs darin ſtehe, der bekanntlich von Phoͤnizien nach Brigantium in Galizien in den Be¬ ſitz der ſchottiſchen Koͤnige gekommen. Seine Abſicht wurde mit Er¬ folg gekroͤnt; denn kaum hatte der Verfaſſer auf dem Kinderſtuͤhlchen das vorhergehende Maͤhrchen ausgeſchrieben, ſo ward er auch durch die portugiſiſchen Correſpondenten Regeſti Urkundii in den Stand ge¬ ſetzt, aus dem wiederentdeckten Tagebuch der Ahnfrau folgenden Aus¬ zug, der ſich auf Gockel, Hinkel und Gackeleia bezieht, einſtweilen mitzutheilen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/291
Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/291>, abgerufen am 27.11.2024.