Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.ernsten Psalmen des Schnitters, es hörte das Wogen der "Engel, die Gott zugesehn, Darüber dachte es nun wieder nach, als der Knabe auf demSonn und Mond und Sterne bauen, Sprechen: "Herr, es ist auch schön, Mit dem Kind ins Nest zu schauen!" Steckenpferd vorüber reitend es an der Schürze zupfte. Als nun Alles so voll Freude und Jubel über die wohl¬ ernſten Pſalmen des Schnitters, es hoͤrte das Wogen der „Engel, die Gott zugeſehn, Daruͤber dachte es nun wieder nach, als der Knabe auf demSonn und Mond und Sterne bauen, Sprechen: »Herr, es iſt auch ſchoͤn, Mit dem Kind ins Neſt zu ſchauen!“ Steckenpferd voruͤber reitend es an der Schuͤrze zupfte. Als nun Alles ſo voll Freude und Jubel uͤber die wohl¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0280" n="226"/> ernſten Pſalmen des Schnitters, es hoͤrte das Wogen der<lb/> Aehren Welle auf Welle, und wenn es gleich freudig mit<lb/> den andern Kindern auf der Schwelle des Erndtefeſtes ſaß,<lb/> ſo ſpielte es doch nicht mit den blauen und rothen Blumen,<lb/> die vom Thau des letzten Tages ſchimmerten, ſondern es ge¬<lb/> dachte dieſes Tages und ſah die Boten der Erndte, zwei<lb/> Engel aus dem Weizen hervortreten; der eine fuͤhrte ein ar¬<lb/> mes verwaiſtes Kind, das lange keine Freude gehabt, hin<lb/> auf die Schwelle, wo die freudig frommen Kinder ſpielten,<lb/> und zu dem Kuchen, der da ausgetheilt ward. — Da ſagte<lb/> das nachdenkliche Maͤdchen auf dem Kinderſtuͤhlchen vor ſich:<lb/> „ach und das Leben iſt doch ſo ernſt!“ — Gleich darauf<lb/> ſah es den zweiten Engel, ſich aus dem Korn hervorbeugend,<lb/> mit einem andern Kinde in das Neſt der Gallina ſchauen,<lb/> welche dort bruͤtete; da ſprach das ernſte Kind:<lb/><lg type="poem"><l>„Engel, die Gott zugeſehn,</l><lb/><l>Sonn und Mond und Sterne bauen,</l><lb/><l>Sprechen: »Herr, es iſt auch ſchoͤn,</l><lb/><l>Mit dem Kind ins Neſt zu ſchauen!“</l><lb/></lg> Daruͤber dachte es nun wieder nach, als der Knabe auf dem<lb/> Steckenpferd voruͤber reitend es an der Schuͤrze zupfte.</p><lb/> <p>Als nun Alles ſo voll Freude und Jubel uͤber die wohl¬<lb/> aprobirte Gouvernante und ihren Kuchen war, ſagte dieſe,<lb/> dem Ungeſtuͤmm der Kinder wehrend: „bitte, bitte, artig<lb/> ſeyn, jetzt will ich austheilen.“ Da patſchten Alle ſo freu¬<lb/> dig in die Haͤnde, und ich vor allen ſo unmaͤßig, daß mir<lb/> die Haͤnde noch brennen, denn ich war auch dabei, ſonſt<lb/><hi rendition="#c">haͤtte ich die ganze Geſchichte ja nie erfahren<lb/> und haͤtte keinen Kuchen erhalten<lb/> von der Puppe — nein der nur<lb/> allerſchoͤnſten<lb/> Kunſtfigur<lb/> u. ſ. w.</hi></p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [226/0280]
ernſten Pſalmen des Schnitters, es hoͤrte das Wogen der
Aehren Welle auf Welle, und wenn es gleich freudig mit
den andern Kindern auf der Schwelle des Erndtefeſtes ſaß,
ſo ſpielte es doch nicht mit den blauen und rothen Blumen,
die vom Thau des letzten Tages ſchimmerten, ſondern es ge¬
dachte dieſes Tages und ſah die Boten der Erndte, zwei
Engel aus dem Weizen hervortreten; der eine fuͤhrte ein ar¬
mes verwaiſtes Kind, das lange keine Freude gehabt, hin
auf die Schwelle, wo die freudig frommen Kinder ſpielten,
und zu dem Kuchen, der da ausgetheilt ward. — Da ſagte
das nachdenkliche Maͤdchen auf dem Kinderſtuͤhlchen vor ſich:
„ach und das Leben iſt doch ſo ernſt!“ — Gleich darauf
ſah es den zweiten Engel, ſich aus dem Korn hervorbeugend,
mit einem andern Kinde in das Neſt der Gallina ſchauen,
welche dort bruͤtete; da ſprach das ernſte Kind:
„Engel, die Gott zugeſehn,
Sonn und Mond und Sterne bauen,
Sprechen: »Herr, es iſt auch ſchoͤn,
Mit dem Kind ins Neſt zu ſchauen!“
Daruͤber dachte es nun wieder nach, als der Knabe auf dem
Steckenpferd voruͤber reitend es an der Schuͤrze zupfte.
Als nun Alles ſo voll Freude und Jubel uͤber die wohl¬
aprobirte Gouvernante und ihren Kuchen war, ſagte dieſe,
dem Ungeſtuͤmm der Kinder wehrend: „bitte, bitte, artig
ſeyn, jetzt will ich austheilen.“ Da patſchten Alle ſo freu¬
dig in die Haͤnde, und ich vor allen ſo unmaͤßig, daß mir
die Haͤnde noch brennen, denn ich war auch dabei, ſonſt
haͤtte ich die ganze Geſchichte ja nie erfahren
und haͤtte keinen Kuchen erhalten
von der Puppe — nein der nur
allerſchoͤnſten
Kunſtfigur
u. ſ. w.
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