Eine Kuh und ein Kalb, Meine Rede ist halb; Eine Katze und eine Maus, Meine Rede ist aus!
und weiter
Ein Ei, un oeuf, Ein Ochs, un boeuf, Une vache, eine Kuh, Fermez la porte, mach die Thür zu!
womit er den König ganz bezauberte.
Nach dieser Rede wurden alle anwesenden Anhänger und Schmeichler des Königs ganz eigelb im Gesicht und steckten gelbe Cocarden auf; Gockel von Hanau aber wurde vor Zorn und Schrecken und Unwill und Schaam ganz grün und blau und roth, und kriegte ordentlich einen rothen Kamm und schüttelte den Federbusch, wie ein Hahn, auf seinem bordirten Hut und scharrte mit den Füßen und hackte mit den Spornen. Da zog der König Eifrasius eben in der Kirche an ihm vorüber, sah ihn sehr ungnädig an und sprach: "in Gnaden entlassen, das Hühnerministerium ist bis auf ein Weiteres aufgehoben." -- Somit hatte Gockel seinen Abschied.
Gockel war voll Ehrgefühl, er zeigte sogleich seiner Frau an, daß er am folgenden Morgen mit ihr und Gackeleia nach seinem Stammschloße Gockelsruh aus Gelnhausen so weg¬ ziehen werde, wie seine Großeltern hineingezogen waren. Er befahl ihr, jene alten Kleider aus dem Kasten zu nehmen und im Hühnerministerium zurecht zu legen, wo sie sich mor¬ gen umkleiden wollten. Frau Hinkel war schier untröstlich über die alten seltsamen Kleider und meinte, alle Hunde wür¬ den ihr nachlaufen. Das Entsetzlichste aber war ihr, daß Gockel am hellen lichten Tage vor der Wachparade vorbei und über den Gemüßmarkt in diesem Aufzug aus der Stadt hinaus wollte, und nur unter den heftigsten Thränen mit Gackeleia vor ihm auf den Knieen liegend, konnte sie erfle¬
Eine Kuh und ein Kalb, Meine Rede iſt halb; Eine Katze und eine Maus, Meine Rede iſt aus!
und weiter
Ein Ei, un oeuf, Ein Ochs, un boeuf, Une vache, eine Kuh, Fermez la porte, mach die Thuͤr zu!
womit er den Koͤnig ganz bezauberte.
Nach dieſer Rede wurden alle anweſenden Anhaͤnger und Schmeichler des Koͤnigs ganz eigelb im Geſicht und ſteckten gelbe Cocarden auf; Gockel von Hanau aber wurde vor Zorn und Schrecken und Unwill und Schaam ganz gruͤn und blau und roth, und kriegte ordentlich einen rothen Kamm und ſchuͤttelte den Federbuſch, wie ein Hahn, auf ſeinem bordirten Hut und ſcharrte mit den Fuͤßen und hackte mit den Spornen. Da zog der Koͤnig Eifraſius eben in der Kirche an ihm voruͤber, ſah ihn ſehr ungnaͤdig an und ſprach: „in Gnaden entlaſſen, das Huͤhnerminiſterium iſt bis auf ein Weiteres aufgehoben.“ — Somit hatte Gockel ſeinen Abſchied.
Gockel war voll Ehrgefuͤhl, er zeigte ſogleich ſeiner Frau an, daß er am folgenden Morgen mit ihr und Gackeleia nach ſeinem Stammſchloße Gockelsruh aus Gelnhauſen ſo weg¬ ziehen werde, wie ſeine Großeltern hineingezogen waren. Er befahl ihr, jene alten Kleider aus dem Kaſten zu nehmen und im Huͤhnerminiſterium zurecht zu legen, wo ſie ſich mor¬ gen umkleiden wollten. Frau Hinkel war ſchier untroͤſtlich uͤber die alten ſeltſamen Kleider und meinte, alle Hunde wuͤr¬ den ihr nachlaufen. Das Entſetzlichſte aber war ihr, daß Gockel am hellen lichten Tage vor der Wachparade vorbei und uͤber den Gemuͤßmarkt in dieſem Aufzug aus der Stadt hinaus wollte, und nur unter den heftigſten Thraͤnen mit Gackeleia vor ihm auf den Knieen liegend, konnte ſie erfle¬
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Eine Kuh und ein Kalb,
Meine Rede iſt halb;
Eine Katze und eine Maus,
Meine Rede iſt aus!
und weiter
Ein Ei, un oeuf,
Ein Ochs, un boeuf,
Une vache, eine Kuh,
Fermez la porte, mach die Thuͤr zu!
womit er den Koͤnig ganz bezauberte.
Nach dieſer Rede wurden alle anweſenden Anhaͤnger
und Schmeichler des Koͤnigs ganz eigelb im Geſicht und
ſteckten gelbe Cocarden auf; Gockel von Hanau aber wurde
vor Zorn und Schrecken und Unwill und Schaam ganz gruͤn
und blau und roth, und kriegte ordentlich einen rothen
Kamm und ſchuͤttelte den Federbuſch, wie ein Hahn, auf
ſeinem bordirten Hut und ſcharrte mit den Fuͤßen und hackte
mit den Spornen. Da zog der Koͤnig Eifraſius eben in der
Kirche an ihm voruͤber, ſah ihn ſehr ungnaͤdig an und ſprach:
„in Gnaden entlaſſen, das Huͤhnerminiſterium iſt bis auf ein
Weiteres aufgehoben.“ — Somit hatte Gockel ſeinen Abſchied.
Gockel war voll Ehrgefuͤhl, er zeigte ſogleich ſeiner Frau
an, daß er am folgenden Morgen mit ihr und Gackeleia nach
ſeinem Stammſchloße Gockelsruh aus Gelnhauſen ſo weg¬
ziehen werde, wie ſeine Großeltern hineingezogen waren.
Er befahl ihr, jene alten Kleider aus dem Kaſten zu nehmen
und im Huͤhnerminiſterium zurecht zu legen, wo ſie ſich mor¬
gen umkleiden wollten. Frau Hinkel war ſchier untroͤſtlich
uͤber die alten ſeltſamen Kleider und meinte, alle Hunde wuͤr¬
den ihr nachlaufen. Das Entſetzlichſte aber war ihr, daß
Gockel am hellen lichten Tage vor der Wachparade vorbei
und uͤber den Gemuͤßmarkt in dieſem Aufzug aus der Stadt
hinaus wollte, und nur unter den heftigſten Thraͤnen mit
Gackeleia vor ihm auf den Knieen liegend, konnte ſie erfle¬
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/28>, abgerufen am 16.07.2024.
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