edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen Kinder seyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue schöne Wendung, so daß es ein Sprichwort geworden: "wie wohl wär mir, hätt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!" Um aber die Verbindung der freudigen Frömmigkeit und Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudrücken, daß die tiefste Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬ des Kind, so besteht das Ordenszeichen aus einer Figur, welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬ lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬ ren Seite ein kleines, lächelndes Wickelkind, das sich ge¬ duldig von einem Arm auf den andern nehmen läßt, vor¬ stellt. Es wird dieser Orden aber an einem amaranthrothen, mit allerei Glöckchen und Quästchen und sieben Sächelchen behängten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet bewahrt. Die Amaranthe ist das Sinnbild treuer, bestän¬ diger Gottes- und Menschenliebe, und ein Schmuck gelieb¬ ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau hier im Blumenbettlein die schöne Amaranthenkrone aufge¬ setzt, weil es recht gewandelt ist. Die Erde trägt eigent¬ lich nur den Schatten dieser Blume, der Himmel allein bringt sie in der Fülle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬ vor, als ein unvergängliches, unbeflecktes, unverwelkliches Erbtheil, das uns in ihm bewahrt ist. -- Die Amaranthe ist ein Sinnbild der unschuldigen Kindlein, weil diese durch das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬ mel wie die tiefrothen Amaranthen glühen, welche selbst von der Pflanze abgeschnitten, ihre Farbe nicht verlieren. -- Die Amaranthe ist das Sinnbild der Beständigkeit, der treuen Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kälte und Hitze, auch getrennt beständig, nimmer welkend, in Thränen erneuet. -- Dieser Eigenschaften wegen trägt Gräfin Amey die Amaran¬ then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;
edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen Kinder ſeyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue ſchoͤne Wendung, ſo daß es ein Sprichwort geworden: „wie wohl waͤr mir, haͤtt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!“ Um aber die Verbindung der freudigen Froͤmmigkeit und Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudruͤcken, daß die tiefſte Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬ des Kind, ſo beſteht das Ordenszeichen aus einer Figur, welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬ lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬ ren Seite ein kleines, laͤchelndes Wickelkind, das ſich ge¬ duldig von einem Arm auf den andern nehmen laͤßt, vor¬ ſtellt. Es wird dieſer Orden aber an einem amaranthrothen, mit allerei Gloͤckchen und Quaͤſtchen und ſieben Saͤchelchen behaͤngten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet bewahrt. Die Amaranthe iſt das Sinnbild treuer, beſtaͤn¬ diger Gottes- und Menſchenliebe, und ein Schmuck gelieb¬ ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau hier im Blumenbettlein die ſchoͤne Amaranthenkrone aufge¬ ſetzt, weil es recht gewandelt iſt. Die Erde traͤgt eigent¬ lich nur den Schatten dieſer Blume, der Himmel allein bringt ſie in der Fuͤlle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬ vor, als ein unvergaͤngliches, unbeflecktes, unverwelkliches Erbtheil, das uns in ihm bewahrt iſt. — Die Amaranthe iſt ein Sinnbild der unſchuldigen Kindlein, weil dieſe durch das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬ mel wie die tiefrothen Amaranthen gluͤhen, welche ſelbſt von der Pflanze abgeſchnitten, ihre Farbe nicht verlieren. — Die Amaranthe iſt das Sinnbild der Beſtaͤndigkeit, der treuen Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kaͤlte und Hitze, auch getrennt beſtaͤndig, nimmer welkend, in Thraͤnen erneuet. — Dieſer Eigenſchaften wegen traͤgt Graͤfin Amey die Amaran¬ then-Krone und den Orden am amaranthrothen Band;
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edlen Jungfrauen wollten in dem Orden der freudig frommen
Kinder ſeyn, und die weibliche Sitte erhielt eine neue ſchoͤne
Wendung, ſo daß es ein Sprichwort geworden: „wie wohl
waͤr mir, haͤtt' ich zur Frau ein' edle Dirn aus Hennegau!“
Um aber die Verbindung der freudigen Froͤmmigkeit und
Kindlichkeit zu bezeichnen, um auszudruͤcken, daß die tiefſte
Betrachtung es eben nicht viel weiter bringt, als ein lallen¬
des Kind, ſo beſteht das Ordenszeichen aus einer Figur,
welche auf der einen Seite ein zur Sonne auffliegendes Lerch¬
lein als das Bild freudiger Betrachtung und auf der ande¬
ren Seite ein kleines, laͤchelndes Wickelkind, das ſich ge¬
duldig von einem Arm auf den andern nehmen laͤßt, vor¬
ſtellt. Es wird dieſer Orden aber an einem amaranthrothen,
mit allerei Gloͤckchen und Quaͤſtchen und ſieben Saͤchelchen
behaͤngten Bande um den Hals getragen, weil die Amaranthe
nicht verwelkt und ihre tiefe, rothe Farbe auch getrocknet
bewahrt. Die Amaranthe iſt das Sinnbild treuer, beſtaͤn¬
diger Gottes- und Menſchenliebe, und ein Schmuck gelieb¬
ter Todten, und es ward dem armen Kind von Hennegau
hier im Blumenbettlein die ſchoͤne Amaranthenkrone aufge¬
ſetzt, weil es recht gewandelt iſt. Die Erde traͤgt eigent¬
lich nur den Schatten dieſer Blume, der Himmel allein
bringt ſie in der Fuͤlle ihrer ganzen Bedeutung wirklich her¬
vor, als ein unvergaͤngliches, unbeflecktes, unverwelkliches
Erbtheil, das uns in ihm bewahrt iſt. — Die Amaranthe
iſt ein Sinnbild der unſchuldigen Kindlein, weil dieſe durch
das Schwert vom Leben getrennt, in ihrem Blute im Him¬
mel wie die tiefrothen Amaranthen gluͤhen, welche ſelbſt von
der Pflanze abgeſchnitten, ihre Farbe nicht verlieren. — Die
Amaranthe iſt das Sinnbild der Beſtaͤndigkeit, der treuen
Ausdauer, und von ihr heißt es, in Kaͤlte und Hitze, auch
getrennt beſtaͤndig, nimmer welkend, in Thraͤnen erneuet. —
Dieſer Eigenſchaften wegen traͤgt Graͤfin Amey die Amaran¬
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/252>, abgerufen am 22.11.2024.
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