tanzen!" -- Sissi aber that, als wenn sie ihn nicht hörte; und Gackeleia erwiederte: "Sissi! du sprichst sehr vernünf¬ tig, aber frage doch den anmuthigen jungen Igel, ob er vielleicht ein Mensch seyn möchte, er scheint mir melancho¬ lisch;" -- "ich glaube kaum," versetzte Sissi, "aber ich will es thun."
Als hierauf Prinz Pfiffi und Prinzessin Sissi von ihren Freunden den zärtlichsten Abschied genommen hatten, befe¬ stigte Gockel den falschen Ring Salomonis dem Esel, der ihn nachgemacht hatte, als ein Andenken in das Ohr, hef¬ tete ihm seine Pudelmütze auf den Kopf und setzte die Mäus¬ chen hinein, dann ließen sie durch die Treiber die drei Esel nach dem Mäuseland hintreiben und recht viele schöne Grüße aus¬ richten.
Als sie fort waren, sagte Gackeleia: "jetzt wollen wir auch einmal in unsre Schloßkapelle gehen und sehen, wie sie sich verändert hat." Kaum hatte sie diese Worte gespro¬ chen, als die Glocke zu läuten anfieng und sie in die Ka¬ pelle rief. Sie traten hinein und konnten sich nicht satt se¬ hen, wie Alles so reinlich und festlich mit Blumen und Laub¬ kränzen geschmückt war. Alle Wände und Steinbilder, das Grabmal des Urgockels und die Bilder aus seinem Leben waren wie neu, rein und polirt. Es war eine schöne Kan¬ zel an der Seite und gegenüber eine Orgel mit einem statt¬ lichen Organisten und seinen Blasebalgtretern. Mehrere kleine Jungen läuteten am Glockenstrang aus Leibeskräften. Ein Anderer lief mit Wasser und Sprengwedel umher und sprengte, daß es kühl sey. An einer Seite streuten weißgekleidete Mädchen Blumen, an der anderen standen Knaben hinter großen Sträußern versteckt. Aber es war doch keine rechte Kapelle, der Altar war auch nicht, wie zu Urgockels Zeiten, da waren keine Leuchter, keine Kerzen, kein Heiligthum. Der Ring Salomonis hatte sein Mögliches gethan; aber er
tanzen!“ — Siſſi aber that, als wenn ſie ihn nicht hoͤrte; und Gackeleia erwiederte: „Siſſi! du ſprichſt ſehr vernuͤnf¬ tig, aber frage doch den anmuthigen jungen Igel, ob er vielleicht ein Menſch ſeyn moͤchte, er ſcheint mir melancho¬ liſch;“ — „ich glaube kaum,“ verſetzte Siſſi, „aber ich will es thun.“
Als hierauf Prinz Pfiffi und Prinzeſſin Siſſi von ihren Freunden den zaͤrtlichſten Abſchied genommen hatten, befe¬ ſtigte Gockel den falſchen Ring Salomonis dem Eſel, der ihn nachgemacht hatte, als ein Andenken in das Ohr, hef¬ tete ihm ſeine Pudelmuͤtze auf den Kopf und ſetzte die Maͤus¬ chen hinein, dann ließen ſie durch die Treiber die drei Eſel nach dem Maͤuſeland hintreiben und recht viele ſchoͤne Gruͤße aus¬ richten.
Als ſie fort waren, ſagte Gackeleia: „jetzt wollen wir auch einmal in unſre Schloßkapelle gehen und ſehen, wie ſie ſich veraͤndert hat.“ Kaum hatte ſie dieſe Worte geſpro¬ chen, als die Glocke zu laͤuten anfieng und ſie in die Ka¬ pelle rief. Sie traten hinein und konnten ſich nicht ſatt ſe¬ hen, wie Alles ſo reinlich und feſtlich mit Blumen und Laub¬ kraͤnzen geſchmuͤckt war. Alle Waͤnde und Steinbilder, das Grabmal des Urgockels und die Bilder aus ſeinem Leben waren wie neu, rein und polirt. Es war eine ſchoͤne Kan¬ zel an der Seite und gegenuͤber eine Orgel mit einem ſtatt¬ lichen Organiſten und ſeinen Blaſebalgtretern. Mehrere kleine Jungen laͤuteten am Glockenſtrang aus Leibeskraͤften. Ein Anderer lief mit Waſſer und Sprengwedel umher und ſprengte, daß es kuͤhl ſey. An einer Seite ſtreuten weißgekleidete Maͤdchen Blumen, an der anderen ſtanden Knaben hinter großen Straͤußern verſteckt. Aber es war doch keine rechte Kapelle, der Altar war auch nicht, wie zu Urgockels Zeiten, da waren keine Leuchter, keine Kerzen, kein Heiligthum. Der Ring Salomonis hatte ſein Moͤgliches gethan; aber er
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tanzen!“ — Siſſi aber that, als wenn ſie ihn nicht hoͤrte;
und Gackeleia erwiederte: „Siſſi! du ſprichſt ſehr vernuͤnf¬
tig, aber frage doch den anmuthigen jungen Igel, ob er
vielleicht ein Menſch ſeyn moͤchte, er ſcheint mir melancho¬
liſch;“ — „ich glaube kaum,“ verſetzte Siſſi, „aber ich will
es thun.“
Als hierauf Prinz Pfiffi und Prinzeſſin Siſſi von ihren
Freunden den zaͤrtlichſten Abſchied genommen hatten, befe¬
ſtigte Gockel den falſchen Ring Salomonis dem Eſel, der
ihn nachgemacht hatte, als ein Andenken in das Ohr, hef¬
tete ihm ſeine Pudelmuͤtze auf den Kopf und ſetzte die Maͤus¬
chen hinein, dann ließen ſie durch die Treiber die drei Eſel nach
dem Maͤuſeland hintreiben und recht viele ſchoͤne Gruͤße aus¬
richten.
Als ſie fort waren, ſagte Gackeleia: „jetzt wollen wir
auch einmal in unſre Schloßkapelle gehen und ſehen, wie
ſie ſich veraͤndert hat.“ Kaum hatte ſie dieſe Worte geſpro¬
chen, als die Glocke zu laͤuten anfieng und ſie in die Ka¬
pelle rief. Sie traten hinein und konnten ſich nicht ſatt ſe¬
hen, wie Alles ſo reinlich und feſtlich mit Blumen und Laub¬
kraͤnzen geſchmuͤckt war. Alle Waͤnde und Steinbilder, das
Grabmal des Urgockels und die Bilder aus ſeinem Leben
waren wie neu, rein und polirt. Es war eine ſchoͤne Kan¬
zel an der Seite und gegenuͤber eine Orgel mit einem ſtatt¬
lichen Organiſten und ſeinen Blaſebalgtretern. Mehrere kleine
Jungen laͤuteten am Glockenſtrang aus Leibeskraͤften. Ein
Anderer lief mit Waſſer und Sprengwedel umher und ſprengte,
daß es kuͤhl ſey. An einer Seite ſtreuten weißgekleidete
Maͤdchen Blumen, an der anderen ſtanden Knaben hinter
großen Straͤußern verſteckt. Aber es war doch keine rechte
Kapelle, der Altar war auch nicht, wie zu Urgockels Zeiten,
da waren keine Leuchter, keine Kerzen, kein Heiligthum.
Der Ring Salomonis hatte ſein Moͤgliches gethan; aber er
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/232>, abgerufen am 22.11.2024.
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