mit meinen zwei Mäuschen und sieben Sächelchen im Korbe dem Walde zu.
Ich zog über Berg und Thal und fragte vergebens nach euch, liebe Eltern; manchmal ließ ich bei Bäckerläden meine Kunstfigur vor den Kindern herumtanzen und der Bäcker gab mir gern ein Brödchen zur Belohnung. So fristete ich mein Leben. Wir zogen um Gelnhausen herum, denn ich fürchtete den Bettelvogt, Meister Schelm; da ich aber die Hahnen dort krähen und auf den Thurmspitzen in die Ferne blinken sah, ward mir es recht schwer ums Herz, und wenn etwas im Gebüsch raßelte, guckte ich um und meinte immer das Prinzchen Kronovus käme vielleicht auf seinem Schimmel¬ chen zur Jagd geritten. Aber, wer nicht kam, das war er. Da ich nun einige Stunden weiter, nahe bei einer ganz herr¬ lichen Stadt, reisemüd an einem Bächlein niedersaß und mich im Wasser beschaute, mußte ich mich recht schämen, ich hatte vergessen, mich am Morgen meiner Abreise und am folgen¬ den Abend zu waschen und sah nun, daß ich Mund und Nase ganz schwarz von den vielen Heidelbeeren hatte, die ich in der Mäusestadt im Dunkeln gegessen hatte. Nun wußte ich erst, warum die Kinder überall mich ausgelacht hatten, und ich war recht froh, daß Kronovus mich nicht so schmu¬ tzig gesehen hatte. Geschwind wusch ich mich und erfrischte mich durch und durch. Ich aß auch ein Bischen mit mei¬ nen Mäuschen, und da es sehr heiß gewesen, war ich schläf¬ rig und legte mich vom Gebüsch versteckt auf den weichen Rasen und schlief. Da kam Prinz Speckelfleck an mein Ohr und sagte mir: "Wir sind am Ziel unserer Reise, wir ha¬ ben die herrliche Hauptstadt Urbs des Weltreichs Orbis vor uns. Hier ist der Ring deines Vaters, hier woh¬ nen die morgenländischen Petschierstecher; als sie mir Sissi entführt, bin ich ihnen bis hieher gefolgt, wo sie hingiengen, weil Alles, was Salz lecken kann, hier frei und ungestört leben darf. Sie sind immer in Angst vor allen Menschen
mit meinen zwei Maͤuschen und ſieben Saͤchelchen im Korbe dem Walde zu.
Ich zog uͤber Berg und Thal und fragte vergebens nach euch, liebe Eltern; manchmal ließ ich bei Baͤckerlaͤden meine Kunſtfigur vor den Kindern herumtanzen und der Baͤcker gab mir gern ein Broͤdchen zur Belohnung. So friſtete ich mein Leben. Wir zogen um Gelnhauſen herum, denn ich fuͤrchtete den Bettelvogt, Meiſter Schelm; da ich aber die Hahnen dort kraͤhen und auf den Thurmſpitzen in die Ferne blinken ſah, ward mir es recht ſchwer ums Herz, und wenn etwas im Gebuͤſch raßelte, guckte ich um und meinte immer das Prinzchen Kronovus kaͤme vielleicht auf ſeinem Schimmel¬ chen zur Jagd geritten. Aber, wer nicht kam, das war er. Da ich nun einige Stunden weiter, nahe bei einer ganz herr¬ lichen Stadt, reiſemuͤd an einem Baͤchlein niederſaß und mich im Waſſer beſchaute, mußte ich mich recht ſchaͤmen, ich hatte vergeſſen, mich am Morgen meiner Abreiſe und am folgen¬ den Abend zu waſchen und ſah nun, daß ich Mund und Naſe ganz ſchwarz von den vielen Heidelbeeren hatte, die ich in der Maͤuſeſtadt im Dunkeln gegeſſen hatte. Nun wußte ich erſt, warum die Kinder uͤberall mich ausgelacht hatten, und ich war recht froh, daß Kronovus mich nicht ſo ſchmu¬ tzig geſehen hatte. Geſchwind wuſch ich mich und erfriſchte mich durch und durch. Ich aß auch ein Bischen mit mei¬ nen Maͤuschen, und da es ſehr heiß geweſen, war ich ſchlaͤf¬ rig und legte mich vom Gebuͤſch verſteckt auf den weichen Raſen und ſchlief. Da kam Prinz Speckelfleck an mein Ohr und ſagte mir: „Wir ſind am Ziel unſerer Reiſe, wir ha¬ ben die herrliche Hauptſtadt Urbs des Weltreichs Orbis vor uns. Hier iſt der Ring deines Vaters, hier woh¬ nen die morgenlaͤndiſchen Petſchierſtecher; als ſie mir Siſſi entfuͤhrt, bin ich ihnen bis hieher gefolgt, wo ſie hingiengen, weil Alles, was Salz lecken kann, hier frei und ungeſtoͤrt leben darf. Sie ſind immer in Angſt vor allen Menſchen
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mit meinen zwei Maͤuschen und ſieben Saͤchelchen im Korbe
dem Walde zu.
Ich zog uͤber Berg und Thal und fragte vergebens nach
euch, liebe Eltern; manchmal ließ ich bei Baͤckerlaͤden meine
Kunſtfigur vor den Kindern herumtanzen und der Baͤcker gab
mir gern ein Broͤdchen zur Belohnung. So friſtete ich mein
Leben. Wir zogen um Gelnhauſen herum, denn ich fuͤrchtete
den Bettelvogt, Meiſter Schelm; da ich aber die Hahnen
dort kraͤhen und auf den Thurmſpitzen in die Ferne blinken
ſah, ward mir es recht ſchwer ums Herz, und wenn etwas
im Gebuͤſch raßelte, guckte ich um und meinte immer das
Prinzchen Kronovus kaͤme vielleicht auf ſeinem Schimmel¬
chen zur Jagd geritten. Aber, wer nicht kam, das war er.
Da ich nun einige Stunden weiter, nahe bei einer ganz herr¬
lichen Stadt, reiſemuͤd an einem Baͤchlein niederſaß und mich
im Waſſer beſchaute, mußte ich mich recht ſchaͤmen, ich hatte
vergeſſen, mich am Morgen meiner Abreiſe und am folgen¬
den Abend zu waſchen und ſah nun, daß ich Mund und
Naſe ganz ſchwarz von den vielen Heidelbeeren hatte, die ich
in der Maͤuſeſtadt im Dunkeln gegeſſen hatte. Nun wußte
ich erſt, warum die Kinder uͤberall mich ausgelacht hatten,
und ich war recht froh, daß Kronovus mich nicht ſo ſchmu¬
tzig geſehen hatte. Geſchwind wuſch ich mich und erfriſchte
mich durch und durch. Ich aß auch ein Bischen mit mei¬
nen Maͤuschen, und da es ſehr heiß geweſen, war ich ſchlaͤf¬
rig und legte mich vom Gebuͤſch verſteckt auf den weichen
Raſen und ſchlief. Da kam Prinz Speckelfleck an mein Ohr
und ſagte mir: „Wir ſind am Ziel unſerer Reiſe, wir ha¬
ben die herrliche Hauptſtadt Urbs des Weltreichs Orbis
vor uns. Hier iſt der Ring deines Vaters, hier woh¬
nen die morgenlaͤndiſchen Petſchierſtecher; als ſie mir Siſſi
entfuͤhrt, bin ich ihnen bis hieher gefolgt, wo ſie hingiengen,
weil Alles, was Salz lecken kann, hier frei und ungeſtoͤrt
leben darf. Sie ſind immer in Angſt vor allen Menſchen
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/219>, abgerufen am 28.11.2024.
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