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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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verrathen. -- Eile, es ist keine Zeit zu verlieren, der Bau
muß fertig seyn, wenn ich deinem Vater die versprochenen
patriotischen Backwerke schicke, welche bei der Einweihung
das Fest verherrlichen können. Mache deinen Bericht kurz
und kehre schnell mit Prinz Speckelfleck zurück, damit wir
inkognito fortreisen."

Ich bewunderte die Gemüthsfassung der hochherzigen
Prinzessin Sissi: ein Blick des Entsetzens gegen die Pulver¬
tonne, ein Blick des Dankes gegen mich, ein Blick der Hoff¬
nung gegen den Himmel war alles, was sie erwiederte, und
sogleich lief sie in der größten Eile zu dem königlichen Käse¬
pallast hinauf. Der Hunger weckte mich nun, ich näherte
mich der von den Mäusen zusammengetragenen Mahlzeit, da
fand ich auf dem Trommelfell eine kleine Melone, welche
die Marquise Marmotte selbst herangewälzt hatte; der Che¬
valier Muskardin hatte nicht nur ein halb Hundert der schön¬
sten Haselnüße eigenmaulig heraufgetragen, sondern auch
aufgeknackt; die Schuljugend hatte einen Haufen Erdbeeren
und Heidelbeeren herbeigetragen und in Nußschaalen sehr ar¬
tig angerichtet, eine Speckmaus hatte einen gewaltigen Flug
gethan und mir einen ganzen frischen Bubenschenkel aus einem
Bäckerladen und ein Würstchen aus einem Fleischerrauchfang
von Gelnhausen gebracht, Dank dem edlen, biedern, deut¬
schen Herzen! an ihm wird die alle edlen Anstrengungen so
sehr beachtende Familie der Mausoleer das Sprichwort wahr
machen: "dem Verdienste seine Kronen." Ach! wie rührend
war es, als nun noch ein gemüthvoller, junger Igel von
der schönsten Haltung zu mir heran rasselte, wie ein ganzer
Rüstwagen; er hatte sich in einem benachbarten Ort unter
den Borstorfer Aepfelbäumen gewälzt und alle herabgefalle¬
nen Aepfel auf seinen Stacheln aufgespießt, die ich ihm
dankbar herabnahm, worauf er sich schweigend empfahl. Er
war etwas melancholisch, denn er war verkannt, sein Ge¬
schlecht gehört zu den Feinden der Mäuse, aber er hatte seine

verrathen. — Eile, es iſt keine Zeit zu verlieren, der Bau
muß fertig ſeyn, wenn ich deinem Vater die verſprochenen
patriotiſchen Backwerke ſchicke, welche bei der Einweihung
das Feſt verherrlichen koͤnnen. Mache deinen Bericht kurz
und kehre ſchnell mit Prinz Speckelfleck zuruͤck, damit wir
inkognito fortreiſen.“

Ich bewunderte die Gemuͤthsfaſſung der hochherzigen
Prinzeſſin Siſſi: ein Blick des Entſetzens gegen die Pulver¬
tonne, ein Blick des Dankes gegen mich, ein Blick der Hoff¬
nung gegen den Himmel war alles, was ſie erwiederte, und
ſogleich lief ſie in der groͤßten Eile zu dem koͤniglichen Kaͤſe¬
pallaſt hinauf. Der Hunger weckte mich nun, ich naͤherte
mich der von den Maͤuſen zuſammengetragenen Mahlzeit, da
fand ich auf dem Trommelfell eine kleine Melone, welche
die Marquiſe Marmotte ſelbſt herangewaͤlzt hatte; der Che¬
valier Muskardin hatte nicht nur ein halb Hundert der ſchoͤn¬
ſten Haſelnuͤße eigenmaulig heraufgetragen, ſondern auch
aufgeknackt; die Schuljugend hatte einen Haufen Erdbeeren
und Heidelbeeren herbeigetragen und in Nußſchaalen ſehr ar¬
tig angerichtet, eine Speckmaus hatte einen gewaltigen Flug
gethan und mir einen ganzen friſchen Bubenſchenkel aus einem
Baͤckerladen und ein Wuͤrſtchen aus einem Fleiſcherrauchfang
von Gelnhauſen gebracht, Dank dem edlen, biedern, deut¬
ſchen Herzen! an ihm wird die alle edlen Anſtrengungen ſo
ſehr beachtende Familie der Mauſoleer das Sprichwort wahr
machen: „dem Verdienſte ſeine Kronen.“ Ach! wie ruͤhrend
war es, als nun noch ein gemuͤthvoller, junger Igel von
der ſchoͤnſten Haltung zu mir heran raſſelte, wie ein ganzer
Ruͤſtwagen; er hatte ſich in einem benachbarten Ort unter
den Borſtorfer Aepfelbaͤumen gewaͤlzt und alle herabgefalle¬
nen Aepfel auf ſeinen Stacheln aufgeſpießt, die ich ihm
dankbar herabnahm, worauf er ſich ſchweigend empfahl. Er
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[168/0216] verrathen. — Eile, es iſt keine Zeit zu verlieren, der Bau muß fertig ſeyn, wenn ich deinem Vater die verſprochenen patriotiſchen Backwerke ſchicke, welche bei der Einweihung das Feſt verherrlichen koͤnnen. Mache deinen Bericht kurz und kehre ſchnell mit Prinz Speckelfleck zuruͤck, damit wir inkognito fortreiſen.“ Ich bewunderte die Gemuͤthsfaſſung der hochherzigen Prinzeſſin Siſſi: ein Blick des Entſetzens gegen die Pulver¬ tonne, ein Blick des Dankes gegen mich, ein Blick der Hoff¬ nung gegen den Himmel war alles, was ſie erwiederte, und ſogleich lief ſie in der groͤßten Eile zu dem koͤniglichen Kaͤſe¬ pallaſt hinauf. Der Hunger weckte mich nun, ich naͤherte mich der von den Maͤuſen zuſammengetragenen Mahlzeit, da fand ich auf dem Trommelfell eine kleine Melone, welche die Marquiſe Marmotte ſelbſt herangewaͤlzt hatte; der Che¬ valier Muskardin hatte nicht nur ein halb Hundert der ſchoͤn¬ ſten Haſelnuͤße eigenmaulig heraufgetragen, ſondern auch aufgeknackt; die Schuljugend hatte einen Haufen Erdbeeren und Heidelbeeren herbeigetragen und in Nußſchaalen ſehr ar¬ tig angerichtet, eine Speckmaus hatte einen gewaltigen Flug gethan und mir einen ganzen friſchen Bubenſchenkel aus einem Baͤckerladen und ein Wuͤrſtchen aus einem Fleiſcherrauchfang von Gelnhauſen gebracht, Dank dem edlen, biedern, deut¬ ſchen Herzen! an ihm wird die alle edlen Anſtrengungen ſo ſehr beachtende Familie der Mauſoleer das Sprichwort wahr machen: „dem Verdienſte ſeine Kronen.“ Ach! wie ruͤhrend war es, als nun noch ein gemuͤthvoller, junger Igel von der ſchoͤnſten Haltung zu mir heran raſſelte, wie ein ganzer Ruͤſtwagen; er hatte ſich in einem benachbarten Ort unter den Borſtorfer Aepfelbaͤumen gewaͤlzt und alle herabgefalle¬ nen Aepfel auf ſeinen Stacheln aufgeſpießt, die ich ihm dankbar herabnahm, worauf er ſich ſchweigend empfahl. Er war etwas melancholiſch, denn er war verkannt, ſein Ge¬ ſchlecht gehoͤrt zu den Feinden der Maͤuſe, aber er hatte ſeine

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/216>, abgerufen am 22.11.2024.