Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Auf diese Bekanntmachung hatten schon mehrere Bür¬ "Der Patriotismus soll sich noch fassen Und alles Obige unterlassen; Nach einem ärztlichen Consulte Sind zu vermeiden alle Tumulte. Ein Genesungsfest in leisester Stille Ist Eifrasii allerweisester Wille. Die guten Bürger waren so müd und schläfrig, daß sie Der arme Gockel, die arme Frau Hinkel, die arme Ga¬ Auf dieſe Bekanntmachung hatten ſchon mehrere Buͤr¬ „Der Patriotismus ſoll ſich noch faſſen Und alles Obige unterlaſſen; Nach einem aͤrztlichen Conſulte Sind zu vermeiden alle Tumulte. Ein Geneſungsfeſt in leiſeſter Stille Iſt Eifraſii allerweiſeſter Wille. Die guten Buͤrger waren ſo muͤd und ſchlaͤfrig, daß ſie Der arme Gockel, die arme Frau Hinkel, die arme Ga¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0170" n="128"/> <p>Auf dieſe Bekanntmachung hatten ſchon mehrere Buͤr¬<lb/> ger ihre Nachtlichter aus Fenſter geſtellt, da kam ein an¬<lb/> derer Befehl:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Der Patriotismus ſoll ſich noch faſſen</l><lb/> <l>Und alles Obige unterlaſſen;</l><lb/> <l>Nach einem aͤrztlichen Conſulte</l><lb/> <l>Sind zu vermeiden alle Tumulte.</l><lb/> <l>Ein Geneſungsfeſt in leiſeſter Stille</l><lb/> <l>Iſt Eifraſii allerweiſeſter Wille.</l><lb/> </lg> <p>Die guten Buͤrger waren ſo muͤd und ſchlaͤfrig, daß ſie<lb/> ihren Patriotismus diesmal beruhigen ließen, und ganz<lb/> Gelnhauſen in das tiefe Schnarchen der Eierburger ein¬<lb/> ſtimmte. — Auf dem Markt am folgenden Tag ſtieg der<lb/> Eierpreis um 3 und 7/87 Procent.</p><lb/> <p>Der arme Gockel, die arme Frau Hinkel, die arme Ga¬<lb/> ckeleia zogen wieder wie ehedem durch den wilden Wald nach<lb/> dem alten Schloß; aber ſie waren viel trauriger und rede¬<lb/> ten kein Wort, ja Frau Hinkel hatte gar die Schuͤrze uͤber<lb/> den Kopf gehaͤngt, weil ſie ſich ſchaͤmte, ſo haͤßlich gewor¬<lb/> den zu ſeyn. Als ſie auf einer Hoͤhe angekommen waren,<lb/> wo man Gelnhauſen noch einmal ſehen konnte, drehte ſich<lb/> Gockel um, und ſprach: „unſeliger Ort, wo ich um den<lb/> koͤſtlichen Ring Salomonis betrogen ward; abſcheulicher, un¬<lb/> dankbarer Eifraſius, wie ſchaͤndlich haſt du mich in meinem<lb/> Ungluͤck verſtoßen, und haſt nicht daran gedacht, mir die<lb/> hundert Stuͤck neue Gockeld'ors wieder zu geben, die du in<lb/> gluͤcklicher Zeit von mir geborgt.“ Frau Hinkel aber rief<lb/> aus: „o Koͤnigin Eilegia! wie manches indianiſche Vogel¬<lb/> neſt ſammt den Eiern habe ich dir zum Geſchenk gemacht,<lb/> wie viele Eierſpeiſen habe ich dich bereiten gelehrt, wie viel<lb/> hundert Oſtereier habe ich dir mit ſchoͤnen Blumen und Blaͤt¬<lb/> tern bunt geſotten, die ſchoͤnſten Muſter zu Hauben und Gar¬<lb/> nituren a l'oͤff de Puffpuff habe ich dir mitgetheilt, und nun,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0170]
Auf dieſe Bekanntmachung hatten ſchon mehrere Buͤr¬
ger ihre Nachtlichter aus Fenſter geſtellt, da kam ein an¬
derer Befehl:
„Der Patriotismus ſoll ſich noch faſſen
Und alles Obige unterlaſſen;
Nach einem aͤrztlichen Conſulte
Sind zu vermeiden alle Tumulte.
Ein Geneſungsfeſt in leiſeſter Stille
Iſt Eifraſii allerweiſeſter Wille.
Die guten Buͤrger waren ſo muͤd und ſchlaͤfrig, daß ſie
ihren Patriotismus diesmal beruhigen ließen, und ganz
Gelnhauſen in das tiefe Schnarchen der Eierburger ein¬
ſtimmte. — Auf dem Markt am folgenden Tag ſtieg der
Eierpreis um 3 und 7/87 Procent.
Der arme Gockel, die arme Frau Hinkel, die arme Ga¬
ckeleia zogen wieder wie ehedem durch den wilden Wald nach
dem alten Schloß; aber ſie waren viel trauriger und rede¬
ten kein Wort, ja Frau Hinkel hatte gar die Schuͤrze uͤber
den Kopf gehaͤngt, weil ſie ſich ſchaͤmte, ſo haͤßlich gewor¬
den zu ſeyn. Als ſie auf einer Hoͤhe angekommen waren,
wo man Gelnhauſen noch einmal ſehen konnte, drehte ſich
Gockel um, und ſprach: „unſeliger Ort, wo ich um den
koͤſtlichen Ring Salomonis betrogen ward; abſcheulicher, un¬
dankbarer Eifraſius, wie ſchaͤndlich haſt du mich in meinem
Ungluͤck verſtoßen, und haſt nicht daran gedacht, mir die
hundert Stuͤck neue Gockeld'ors wieder zu geben, die du in
gluͤcklicher Zeit von mir geborgt.“ Frau Hinkel aber rief
aus: „o Koͤnigin Eilegia! wie manches indianiſche Vogel¬
neſt ſammt den Eiern habe ich dir zum Geſchenk gemacht,
wie viele Eierſpeiſen habe ich dich bereiten gelehrt, wie viel
hundert Oſtereier habe ich dir mit ſchoͤnen Blumen und Blaͤt¬
tern bunt geſotten, die ſchoͤnſten Muſter zu Hauben und Gar¬
nituren a l'oͤff de Puffpuff habe ich dir mitgetheilt, und nun,
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