hof-Ofenloch bei Bisquit-Torte und süßem Wein einen stren¬ gen Arrest aushalten.
Alles Volk zog nach Gelnhausen lärmend zurück, um Gockels Palast zu plündern und dem Boden gleich zu ma¬ chen, aber sie kehrten unterwegs so oft in den Wirthshäu¬ sern ein, daß sie erst in tiefer Nacht auf dem Markte an¬ kamen, wo ihnen der Nachtwächter entgegen sang:
"Hört ihr Herrn und laßt euch sagen, Die Glocke hat zwölf Uhr geschlagen, Aber das ist noch gar nicht viel Gegen ein Schloß, das in Staub zerfiel; Hier hat's gestanden lang und breit, Wir leben in wunderbarer Zeit; Der Markt ist leer als wie zuvor, Die Kuh steht wieder vor dem alten Thor, Schaut an ihr Herren dieses Wunder Gieng schnell, wie es entstanden, unter; Bewahrt das Feuer und das Licht, Daß nicht der Stadt selbst Unglück g'schiecht, Und lobet Gott den Herrn."
Wirklich war auch das herrliche Schloß Gockels und alle seine Gärten und Alles, was darin war, mit Mann und Maus verschwunden; auf dem Markte plätscherte der alte Stadtbrunnen, als wenn er gar nichts wüßte. Die guten Bürger giengen nach Hause, nachdem sie lange in die leere Luft geschaut hatten, und überlegten, wo sie mit allen ihren Semmeln und Braten hin sollten, da der große Hof¬ staat Gockels nicht mehr bei ihnen einkaufen würde. -- Die guten Gelnhausener konnten aber doch nicht viel schlafen, denn der Bürgermeister hatte von der Eierburg bis auf das Rath¬ haus eine lange Reihe von Nachtwächtern aufgestellt, welche sich einander zubliesen, wie Eifrasius und Eilegia sich be¬ fänden, was der Leibarzt alle Viertelstunden auf der Schlo߬ wache melden ließ, und was die Nachtswächter sich in der ganzen Stadt wieder zuflüsterten, wozu die unzähligen Metz¬
hof-Ofenloch bei Bisquit-Torte und ſuͤßem Wein einen ſtren¬ gen Arreſt aushalten.
Alles Volk zog nach Gelnhauſen laͤrmend zuruͤck, um Gockels Palaſt zu pluͤndern und dem Boden gleich zu ma¬ chen, aber ſie kehrten unterwegs ſo oft in den Wirthshaͤu¬ ſern ein, daß ſie erſt in tiefer Nacht auf dem Markte an¬ kamen, wo ihnen der Nachtwaͤchter entgegen ſang:
„Hoͤrt ihr Herrn und laßt euch ſagen, Die Glocke hat zwoͤlf Uhr geſchlagen, Aber das iſt noch gar nicht viel Gegen ein Schloß, das in Staub zerfiel; Hier hat's geſtanden lang und breit, Wir leben in wunderbarer Zeit; Der Markt iſt leer als wie zuvor, Die Kuh ſteht wieder vor dem alten Thor, Schaut an ihr Herren dieſes Wunder Gieng ſchnell, wie es entſtanden, unter; Bewahrt das Feuer und das Licht, Daß nicht der Stadt ſelbſt Ungluͤck g'ſchiecht, Und lobet Gott den Herrn.“
Wirklich war auch das herrliche Schloß Gockels und alle ſeine Gaͤrten und Alles, was darin war, mit Mann und Maus verſchwunden; auf dem Markte plaͤtſcherte der alte Stadtbrunnen, als wenn er gar nichts wuͤßte. Die guten Buͤrger giengen nach Hauſe, nachdem ſie lange in die leere Luft geſchaut hatten, und uͤberlegten, wo ſie mit allen ihren Semmeln und Braten hin ſollten, da der große Hof¬ ſtaat Gockels nicht mehr bei ihnen einkaufen wuͤrde. — Die guten Gelnhauſener konnten aber doch nicht viel ſchlafen, denn der Buͤrgermeiſter hatte von der Eierburg bis auf das Rath¬ haus eine lange Reihe von Nachtwaͤchtern aufgeſtellt, welche ſich einander zublieſen, wie Eifraſius und Eilegia ſich be¬ faͤnden, was der Leibarzt alle Viertelſtunden auf der Schlo߬ wache melden ließ, und was die Nachtswaͤchter ſich in der ganzen Stadt wieder zufluͤſterten, wozu die unzaͤhligen Metz¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="126"/>
hof-Ofenloch bei Bisquit-Torte und ſuͤßem Wein einen ſtren¬<lb/>
gen Arreſt aushalten.</p><lb/><p>Alles Volk zog nach Gelnhauſen laͤrmend zuruͤck, um<lb/>
Gockels Palaſt zu pluͤndern und dem Boden gleich zu ma¬<lb/>
chen, aber ſie kehrten unterwegs ſo oft in den Wirthshaͤu¬<lb/>ſern ein, daß ſie erſt in tiefer Nacht auf dem Markte an¬<lb/>
kamen, wo ihnen der Nachtwaͤchter entgegen ſang:</p><lb/><lgtype="poem"><l>„Hoͤrt ihr Herrn und laßt euch ſagen,</l><lb/><l>Die Glocke hat zwoͤlf Uhr geſchlagen,</l><lb/><l>Aber das iſt noch gar nicht viel</l><lb/><l>Gegen ein Schloß, das in Staub zerfiel;</l><lb/><l>Hier hat's geſtanden lang und breit,</l><lb/><l>Wir leben in wunderbarer Zeit;</l><lb/><l>Der Markt iſt leer als wie zuvor,</l><lb/><l>Die Kuh ſteht wieder vor dem alten Thor,</l><lb/><l>Schaut an ihr Herren dieſes Wunder</l><lb/><l>Gieng ſchnell, wie es entſtanden, unter;</l><lb/><l>Bewahrt das Feuer und das Licht,</l><lb/><l>Daß nicht der Stadt ſelbſt Ungluͤck g'ſchiecht,</l><lb/><l>Und lobet Gott den Herrn.“</l><lb/></lg><p>Wirklich war auch das herrliche Schloß Gockels und<lb/>
alle ſeine Gaͤrten und Alles, was darin war, mit Mann<lb/>
und Maus verſchwunden; auf dem Markte plaͤtſcherte der<lb/>
alte Stadtbrunnen, als wenn er gar nichts wuͤßte. Die<lb/>
guten Buͤrger giengen nach Hauſe, nachdem ſie lange in die<lb/>
leere Luft geſchaut hatten, und uͤberlegten, wo ſie mit allen<lb/>
ihren Semmeln und Braten hin ſollten, da der große Hof¬<lb/>ſtaat Gockels nicht mehr bei ihnen einkaufen wuͤrde. — Die<lb/>
guten Gelnhauſener konnten aber doch nicht viel ſchlafen, denn<lb/>
der Buͤrgermeiſter hatte von der Eierburg bis auf das Rath¬<lb/>
haus eine lange Reihe von Nachtwaͤchtern aufgeſtellt, welche<lb/>ſich einander zublieſen, wie Eifraſius und Eilegia ſich be¬<lb/>
faͤnden, was der Leibarzt alle Viertelſtunden auf der Schlo߬<lb/>
wache melden ließ, und was die Nachtswaͤchter ſich in der<lb/>
ganzen Stadt wieder zufluͤſterten, wozu die unzaͤhligen Metz¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[126/0168]
hof-Ofenloch bei Bisquit-Torte und ſuͤßem Wein einen ſtren¬
gen Arreſt aushalten.
Alles Volk zog nach Gelnhauſen laͤrmend zuruͤck, um
Gockels Palaſt zu pluͤndern und dem Boden gleich zu ma¬
chen, aber ſie kehrten unterwegs ſo oft in den Wirthshaͤu¬
ſern ein, daß ſie erſt in tiefer Nacht auf dem Markte an¬
kamen, wo ihnen der Nachtwaͤchter entgegen ſang:
„Hoͤrt ihr Herrn und laßt euch ſagen,
Die Glocke hat zwoͤlf Uhr geſchlagen,
Aber das iſt noch gar nicht viel
Gegen ein Schloß, das in Staub zerfiel;
Hier hat's geſtanden lang und breit,
Wir leben in wunderbarer Zeit;
Der Markt iſt leer als wie zuvor,
Die Kuh ſteht wieder vor dem alten Thor,
Schaut an ihr Herren dieſes Wunder
Gieng ſchnell, wie es entſtanden, unter;
Bewahrt das Feuer und das Licht,
Daß nicht der Stadt ſelbſt Ungluͤck g'ſchiecht,
Und lobet Gott den Herrn.“
Wirklich war auch das herrliche Schloß Gockels und
alle ſeine Gaͤrten und Alles, was darin war, mit Mann
und Maus verſchwunden; auf dem Markte plaͤtſcherte der
alte Stadtbrunnen, als wenn er gar nichts wuͤßte. Die
guten Buͤrger giengen nach Hauſe, nachdem ſie lange in die
leere Luft geſchaut hatten, und uͤberlegten, wo ſie mit allen
ihren Semmeln und Braten hin ſollten, da der große Hof¬
ſtaat Gockels nicht mehr bei ihnen einkaufen wuͤrde. — Die
guten Gelnhauſener konnten aber doch nicht viel ſchlafen, denn
der Buͤrgermeiſter hatte von der Eierburg bis auf das Rath¬
haus eine lange Reihe von Nachtwaͤchtern aufgeſtellt, welche
ſich einander zublieſen, wie Eifraſius und Eilegia ſich be¬
faͤnden, was der Leibarzt alle Viertelſtunden auf der Schlo߬
wache melden ließ, und was die Nachtswaͤchter ſich in der
ganzen Stadt wieder zufluͤſterten, wozu die unzaͤhligen Metz¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/168>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.