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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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der Obrist des Garde-Zwergen-Korps hielt ihm ein Bein fest,
bis die erste Courage beruhiget und die Außersichkeit wieder
nach Haus gekommen war. Die Königin Eilegia forderte
noch größere Anstrengung, um sie aus ihrer Innerlichkeit
wieder ans Tageslicht zu bringen; sie war in sich selbst, wie
in einen tiefen Ziehbrunnen, vor Schrecken hinabgestürzt. Die
Nerven, an welchen bekanntlich der goldene Eimer hängt,
in dem die Seele des Menschen sitzt, waren bei Eilegia von
so großer Zartheit und Feinheit, daß sie vor Schrecken zer¬
rissen und die hehre Seele mit sammt dem goldenen Eimer
tief, tief, tief in ihr schönes Gemüth hinunter plumps'te.
Eilegia war unter einem lauten Schrei: "horreur! welche
Bettelbagage!" der Oberhof-Eiermarschallin ohnmächtig in
die Arme gesunken. Nur den vereinten Anstrengungen der
Akademie der Rettungswissenschaften für Verunglückte, welche
sogleich eine außerordentliche Sitzung hielt, gelang es, die
theure Innige wieder zurückzurufen; die geheime Kammer-
Schnürdame schnürte sie auf, um ihrem hehren Gemüthe
mehr Luft zu geben; der so ganz fürs Vaterland glühende
Oberhof-Osterhaas legte sinnig in kürzester Bälde ein frisches
Osterei mit der Inschrift: "Vivat Eilegia!", mit welchem die
Ohnmächtige angestrichen ward; und der für das Beßte der
leidenden Menschheit immer auf dem Sprung stehende Leibchi¬
rurg und Aderlaßschnepper rief die Seele der edeln, sinni¬
gen, innigen Eilegia durch eine, mit eben so viel Geschmack,
als Wirkung, mit eben so viel Grazie als Präzision geleiste¬
te Blutentlassung wieder aus der innern Tiefe ihres herrli¬
chen Gemüthes auf ihr edles Antlitz zurück -- ach! -- und
ihr erstes schönes Thun war, ihre geliebten Gelnhausener an¬
zulächeln. Die Hofkapelle spielte eine patriotische Dankgal¬
lopade, unter welcher Eifrasius und Eilegia in zwei Port¬
chaisen sitzend in die Eierburg zurückwalzten, um sich ganz
zu erholen; Prinz Kronovus aber mußte die Nacht im Ober¬

der Obriſt des Garde-Zwergen-Korps hielt ihm ein Bein feſt,
bis die erſte Courage beruhiget und die Außerſichkeit wieder
nach Haus gekommen war. Die Koͤnigin Eilegia forderte
noch groͤßere Anſtrengung, um ſie aus ihrer Innerlichkeit
wieder ans Tageslicht zu bringen; ſie war in ſich ſelbſt, wie
in einen tiefen Ziehbrunnen, vor Schrecken hinabgeſtuͤrzt. Die
Nerven, an welchen bekanntlich der goldene Eimer haͤngt,
in dem die Seele des Menſchen ſitzt, waren bei Eilegia von
ſo großer Zartheit und Feinheit, daß ſie vor Schrecken zer¬
riſſen und die hehre Seele mit ſammt dem goldenen Eimer
tief, tief, tief in ihr ſchoͤnes Gemuͤth hinunter plumpſ'te.
Eilegia war unter einem lauten Schrei: „horreur! welche
Bettelbagage!“ der Oberhof-Eiermarſchallin ohnmaͤchtig in
die Arme geſunken. Nur den vereinten Anſtrengungen der
Akademie der Rettungswiſſenſchaften fuͤr Verungluͤckte, welche
ſogleich eine außerordentliche Sitzung hielt, gelang es, die
theure Innige wieder zuruͤckzurufen; die geheime Kammer-
Schnuͤrdame ſchnuͤrte ſie auf, um ihrem hehren Gemuͤthe
mehr Luft zu geben; der ſo ganz fuͤrs Vaterland gluͤhende
Oberhof-Oſterhaas legte ſinnig in kuͤrzeſter Baͤlde ein friſches
Oſterei mit der Inſchrift: „Vivat Eilegia!“, mit welchem die
Ohnmaͤchtige angeſtrichen ward; und der fuͤr das Beßte der
leidenden Menſchheit immer auf dem Sprung ſtehende Leibchi¬
rurg und Aderlaßſchnepper rief die Seele der edeln, ſinni¬
gen, innigen Eilegia durch eine, mit eben ſo viel Geſchmack,
als Wirkung, mit eben ſo viel Grazie als Praͤziſion geleiſte¬
te Blutentlaſſung wieder aus der innern Tiefe ihres herrli¬
chen Gemuͤthes auf ihr edles Antlitz zuruͤck — ach! — und
ihr erſtes ſchoͤnes Thun war, ihre geliebten Gelnhauſener an¬
zulaͤcheln. Die Hofkapelle ſpielte eine patriotiſche Dankgal¬
lopade, unter welcher Eifraſius und Eilegia in zwei Port¬
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[125/0167] der Obriſt des Garde-Zwergen-Korps hielt ihm ein Bein feſt, bis die erſte Courage beruhiget und die Außerſichkeit wieder nach Haus gekommen war. Die Koͤnigin Eilegia forderte noch groͤßere Anſtrengung, um ſie aus ihrer Innerlichkeit wieder ans Tageslicht zu bringen; ſie war in ſich ſelbſt, wie in einen tiefen Ziehbrunnen, vor Schrecken hinabgeſtuͤrzt. Die Nerven, an welchen bekanntlich der goldene Eimer haͤngt, in dem die Seele des Menſchen ſitzt, waren bei Eilegia von ſo großer Zartheit und Feinheit, daß ſie vor Schrecken zer¬ riſſen und die hehre Seele mit ſammt dem goldenen Eimer tief, tief, tief in ihr ſchoͤnes Gemuͤth hinunter plumpſ'te. Eilegia war unter einem lauten Schrei: „horreur! welche Bettelbagage!“ der Oberhof-Eiermarſchallin ohnmaͤchtig in die Arme geſunken. Nur den vereinten Anſtrengungen der Akademie der Rettungswiſſenſchaften fuͤr Verungluͤckte, welche ſogleich eine außerordentliche Sitzung hielt, gelang es, die theure Innige wieder zuruͤckzurufen; die geheime Kammer- Schnuͤrdame ſchnuͤrte ſie auf, um ihrem hehren Gemuͤthe mehr Luft zu geben; der ſo ganz fuͤrs Vaterland gluͤhende Oberhof-Oſterhaas legte ſinnig in kuͤrzeſter Baͤlde ein friſches Oſterei mit der Inſchrift: „Vivat Eilegia!“, mit welchem die Ohnmaͤchtige angeſtrichen ward; und der fuͤr das Beßte der leidenden Menſchheit immer auf dem Sprung ſtehende Leibchi¬ rurg und Aderlaßſchnepper rief die Seele der edeln, ſinni¬ gen, innigen Eilegia durch eine, mit eben ſo viel Geſchmack, als Wirkung, mit eben ſo viel Grazie als Praͤziſion geleiſte¬ te Blutentlaſſung wieder aus der innern Tiefe ihres herrli¬ chen Gemuͤthes auf ihr edles Antlitz zuruͤck — ach! — und ihr erſtes ſchoͤnes Thun war, ihre geliebten Gelnhauſener an¬ zulaͤcheln. Die Hofkapelle ſpielte eine patriotiſche Dankgal¬ lopade, unter welcher Eifraſius und Eilegia in zwei Port¬ chaiſen ſitzend in die Eierburg zuruͤckwalzten, um ſich ganz zu erholen; Prinz Kronovus aber mußte die Nacht im Ober¬

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/167>, abgerufen am 23.11.2024.