Alektryo in den Tod gebracht, ach ich bin gewiß die böse Gackeleia;" dabei weinte sie so bitterlich und fuhr fort: "o du bist Gockel nicht; der Vater Gockel hat ganz schneeweiße Haare und einen weißen Bart und ist bleich im Gesicht und hat eine spitze Nase; du Schwarzer mit den ro¬ then Wangen bist Gockel nicht; du bist auch die Mutter Hinkel nicht; du bist ja so hübsch glatt und anmuthig wie ein Turteltäubchen; die Mutter Hinkel ist klapperdürr wie ein Zaunpfahl; ich will fort in das alte Schloß, ihr habt mich gestohlen;" und da weinte das Kind wieder heftig. Gockel wußte sich nicht anders zu helfen, als daß er sagte: "schau mich einmal recht an, ob ich dein Vater Gockel nicht bin." Da guckte ihn Gackeleia scharf an, und er drehte den Ring Salomonis ganz sachte am Finger und sprach leis:
"Salomon, du großer König, Mache mich doch gleich ein wenig Dem ganz alten Gockel ähnlich; Mach' mich wieder wie gewöhnlich."
Und wie er am Ring drehte, ward er immer älter und grauer, und das Kind sagte immer: "ach Herr je, ja, fast wie der Vater!" und als er ganz fertig mit dem Drehen war, sprang das Kind aus dem Bett, und flog ihm um den Hals und schrie: "ach ja, du bist's, du bist's, liebes, gu¬ tes, altes Väterchen! aber die Mutter ist es mein Lebtag nicht." Da begann Gockel auch für Frau Hinkel den Ring zu drehen, daß sie wieder ganz alt ward. Aber dieser machte das gar keine Freude, und sie sagte immer: "halt ein Go¬ ckel, nein das ist doch ganz abscheulich, einen so herunter zu bringen, nein das ist zu arg! so habe ich mein Lebtag nicht ausgesehen; du machst mich viel älter, als ich war!" und begann zu weinen und zu zanken, und wollte dem Gockel mit Gewalt nach der Hand greifen und ihm den Ring wie¬ der zurückdrehen. Aber Gackeleia sprang ihr in die Arme und küßte und herzte sie, und rief einmal über das andere¬
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Alektryo in den Tod gebracht, ach ich bin gewiß die boͤſe Gackeleia;“ dabei weinte ſie ſo bitterlich und fuhr fort: „o du biſt Gockel nicht; der Vater Gockel hat ganz ſchneeweiße Haare und einen weißen Bart und iſt bleich im Geſicht und hat eine ſpitze Naſe; du Schwarzer mit den ro¬ then Wangen biſt Gockel nicht; du biſt auch die Mutter Hinkel nicht; du biſt ja ſo huͤbſch glatt und anmuthig wie ein Turteltaͤubchen; die Mutter Hinkel iſt klapperduͤrr wie ein Zaunpfahl; ich will fort in das alte Schloß, ihr habt mich geſtohlen;“ und da weinte das Kind wieder heftig. Gockel wußte ſich nicht anders zu helfen, als daß er ſagte: „ſchau mich einmal recht an, ob ich dein Vater Gockel nicht bin.“ Da guckte ihn Gackeleia ſcharf an, und er drehte den Ring Salomonis ganz ſachte am Finger und ſprach leis:
„Salomon, du großer Koͤnig, Mache mich doch gleich ein wenig Dem ganz alten Gockel aͤhnlich; Mach' mich wieder wie gewoͤhnlich.“
Und wie er am Ring drehte, ward er immer aͤlter und grauer, und das Kind ſagte immer: „ach Herr je, ja, faſt wie der Vater!“ und als er ganz fertig mit dem Drehen war, ſprang das Kind aus dem Bett, und flog ihm um den Hals und ſchrie: „ach ja, du biſt's, du biſt's, liebes, gu¬ tes, altes Vaͤterchen! aber die Mutter iſt es mein Lebtag nicht.“ Da begann Gockel auch fuͤr Frau Hinkel den Ring zu drehen, daß ſie wieder ganz alt ward. Aber dieſer machte das gar keine Freude, und ſie ſagte immer: „halt ein Go¬ ckel, nein das iſt doch ganz abſcheulich, einen ſo herunter zu bringen, nein das iſt zu arg! ſo habe ich mein Lebtag nicht ausgeſehen; du machſt mich viel aͤlter, als ich war!“ und begann zu weinen und zu zanken, und wollte dem Gockel mit Gewalt nach der Hand greifen und ihm den Ring wie¬ der zuruͤckdrehen. Aber Gackeleia ſprang ihr in die Arme und kuͤßte und herzte ſie, und rief einmal uͤber das andere¬
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Alektryo in den Tod gebracht, ach ich bin gewiß die
boͤſe Gackeleia;“ dabei weinte ſie ſo bitterlich und fuhr
fort: „o du biſt Gockel nicht; der Vater Gockel hat ganz
ſchneeweiße Haare und einen weißen Bart und iſt bleich im
Geſicht und hat eine ſpitze Naſe; du Schwarzer mit den ro¬
then Wangen biſt Gockel nicht; du biſt auch die Mutter
Hinkel nicht; du biſt ja ſo huͤbſch glatt und anmuthig wie
ein Turteltaͤubchen; die Mutter Hinkel iſt klapperduͤrr wie
ein Zaunpfahl; ich will fort in das alte Schloß, ihr habt
mich geſtohlen;“ und da weinte das Kind wieder heftig.
Gockel wußte ſich nicht anders zu helfen, als daß er ſagte:
„ſchau mich einmal recht an, ob ich dein Vater Gockel nicht
bin.“ Da guckte ihn Gackeleia ſcharf an, und er drehte den
Ring Salomonis ganz ſachte am Finger und ſprach leis:
„Salomon, du großer Koͤnig,
Mache mich doch gleich ein wenig
Dem ganz alten Gockel aͤhnlich;
Mach' mich wieder wie gewoͤhnlich.“
Und wie er am Ring drehte, ward er immer aͤlter und
grauer, und das Kind ſagte immer: „ach Herr je, ja, faſt
wie der Vater!“ und als er ganz fertig mit dem Drehen war,
ſprang das Kind aus dem Bett, und flog ihm um den
Hals und ſchrie: „ach ja, du biſt's, du biſt's, liebes, gu¬
tes, altes Vaͤterchen! aber die Mutter iſt es mein Lebtag
nicht.“ Da begann Gockel auch fuͤr Frau Hinkel den Ring
zu drehen, daß ſie wieder ganz alt ward. Aber dieſer machte
das gar keine Freude, und ſie ſagte immer: „halt ein Go¬
ckel, nein das iſt doch ganz abſcheulich, einen ſo herunter zu
bringen, nein das iſt zu arg! ſo habe ich mein Lebtag nicht
ausgeſehen; du machſt mich viel aͤlter, als ich war!“ und
begann zu weinen und zu zanken, und wollte dem Gockel
mit Gewalt nach der Hand greifen und ihm den Ring wie¬
der zuruͤckdrehen. Aber Gackeleia ſprang ihr in die Arme
und kuͤßte und herzte ſie, und rief einmal uͤber das andere¬
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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/115>, abgerufen am 28.11.2024.
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