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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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als einen Idealmenschen zu betrachten, über den Nie-
mand hinauskommen könne. Sokrates ist bekanntlich
oft hoch gerühmt und gepriesen worden wegen seiner
Tugend und Weisheit, und doch behauptet sogar ein
Rousseau, daß zwischen Christus und Sokrates gerade-
zu ein himmelweiter Unterschied sei, wenn er sagt:
"Des Sokrates Leben und Tod ist das eines Weisen,
das Leben und der Tod Jesu ist das eines Gottes."

Und doch wäre dieser vollkommenste und edelste der
Menschen in dem Falle, daß unser Glaube an seine
Gottheit trügerisch wäre, der infamste Lügner und der
gemeinste Heuchler und Betrüger, den je die Erde ge-
sehen; denn er hat ja wiederholt und in der feier-
lichsten Weise sich für den ewigen, wesensgleichen Sohn
des lebendigen Gottes ausgegeben. Nein, nein; Christus
kann kein teuflischer Betrüger gewesen sein. Dagegen
protestirt sein ganz heiliges und göttliches Leben,
protestirt unsere Vernunft, die ihn der gemeinsten Lüge
und des wahnsinnigsten Stolzes unfähig halten muß,
protestirt der große und reiche Segen, die hohe Kultur
und Civilisation, welche die christlichen Völker dem
Glauben an seine Gottheit zu danken haben.

Jesus Christus ist als großer Wunderthäter durch
das Leben gegangen. Er hat Blinden, die seit vielen
Jahren, ja von Geburt an des Augenlichtes beraubt
waren, sehend gemacht, hat wunderbar Tausende von
Männern und Frauen, die ihm ohne Nahrung in die
Wüste gefolgt waren, mit einigen wenigen Broden ge-
sättigt, hat Kranke aller Art, an denen berühmte

als einen Idealmenschen zu betrachten, über den Nie-
mand hinauskommen könne. Sokrates ist bekanntlich
oft hoch gerühmt und gepriesen worden wegen seiner
Tugend und Weisheit, und doch behauptet sogar ein
Rousseau, daß zwischen Christus und Sokrates gerade-
zu ein himmelweiter Unterschied sei, wenn er sagt:
„Des Sokrates Leben und Tod ist das eines Weisen,
das Leben und der Tod Jesu ist das eines Gottes.“

Und doch wäre dieser vollkommenste und edelste der
Menschen in dem Falle, daß unser Glaube an seine
Gottheit trügerisch wäre, der infamste Lügner und der
gemeinste Heuchler und Betrüger, den je die Erde ge-
sehen; denn er hat ja wiederholt und in der feier-
lichsten Weise sich für den ewigen, wesensgleichen Sohn
des lebendigen Gottes ausgegeben. Nein, nein; Christus
kann kein teuflischer Betrüger gewesen sein. Dagegen
protestirt sein ganz heiliges und göttliches Leben,
protestirt unsere Vernunft, die ihn der gemeinsten Lüge
und des wahnsinnigsten Stolzes unfähig halten muß,
protestirt der große und reiche Segen, die hohe Kultur
und Civilisation, welche die christlichen Völker dem
Glauben an seine Gottheit zu danken haben.

Jesus Christus ist als großer Wunderthäter durch
das Leben gegangen. Er hat Blinden, die seit vielen
Jahren, ja von Geburt an des Augenlichtes beraubt
waren, sehend gemacht, hat wunderbar Tausende von
Männern und Frauen, die ihm ohne Nahrung in die
Wüste gefolgt waren, mit einigen wenigen Broden ge-
sättigt, hat Kranke aller Art, an denen berühmte

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[69/0081] als einen Idealmenschen zu betrachten, über den Nie- mand hinauskommen könne. Sokrates ist bekanntlich oft hoch gerühmt und gepriesen worden wegen seiner Tugend und Weisheit, und doch behauptet sogar ein Rousseau, daß zwischen Christus und Sokrates gerade- zu ein himmelweiter Unterschied sei, wenn er sagt: „Des Sokrates Leben und Tod ist das eines Weisen, das Leben und der Tod Jesu ist das eines Gottes.“ Und doch wäre dieser vollkommenste und edelste der Menschen in dem Falle, daß unser Glaube an seine Gottheit trügerisch wäre, der infamste Lügner und der gemeinste Heuchler und Betrüger, den je die Erde ge- sehen; denn er hat ja wiederholt und in der feier- lichsten Weise sich für den ewigen, wesensgleichen Sohn des lebendigen Gottes ausgegeben. Nein, nein; Christus kann kein teuflischer Betrüger gewesen sein. Dagegen protestirt sein ganz heiliges und göttliches Leben, protestirt unsere Vernunft, die ihn der gemeinsten Lüge und des wahnsinnigsten Stolzes unfähig halten muß, protestirt der große und reiche Segen, die hohe Kultur und Civilisation, welche die christlichen Völker dem Glauben an seine Gottheit zu danken haben. Jesus Christus ist als großer Wunderthäter durch das Leben gegangen. Er hat Blinden, die seit vielen Jahren, ja von Geburt an des Augenlichtes beraubt waren, sehend gemacht, hat wunderbar Tausende von Männern und Frauen, die ihm ohne Nahrung in die Wüste gefolgt waren, mit einigen wenigen Broden ge- sättigt, hat Kranke aller Art, an denen berühmte

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/81>, abgerufen am 27.11.2024.