noch mehr Jahre," sagte sie freudig erregt. Doch mit heiligem Ernste und unerschütterlicher Festigkeit gab Morus zur Antwort: "Geh', thörichte Käuferin! willst du denn eine ewig dauernde Ehre und eine unendliche Glückseligkeit einem schnöden Glücke von zwanzig Jahren aufopfern? Bewahre mich Gott vor einem so thörichten Tausche. Lieber will ich Alles verlieren als meine ewige Seligkeit; denn 'was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet?'" Mit diesen schönen, echt christlichen Worten war die versuchende Eva für immer abgewiesen.
Du, lieber christlicher Mann, wirst wohl nie in dieser Weise, wie der berühmte Glaubensheld von Eng- land, versucht werden; doch auch dir bleibt die Ver- suchung nicht aus. Hier tritt an dich eine Versuchung für deinen Glauben und deine kirchliche Gesinnung, dort eine Gefahr für die Reinheit des Herzens und die Treue, die du einst feierlich deinem Eheweibe am Altare versprochen hast; anderswo lockt und reizt dich ein reicher Gewinn, den du leicht und unbestraft machen könntest, zur Verletzung der christlichen Gerechtigkeit. In all' diesen und ähnlichen Gefahren denke an den hohen Ernst der Ewigkeit, denke an die ewigen Freuden, die dir zu Theil werden, wenn du standhaft bleibst im Guten, an die ewigen Qualen, die du dir verdienst, wenn du der Versuchung nachgibst und eine schwere Sünde begehst. Denke und erwäge, wie du allezeit gleichsam vor den Pforten der Ewigkeit stehst,
noch mehr Jahre,“ sagte sie freudig erregt. Doch mit heiligem Ernste und unerschütterlicher Festigkeit gab Morus zur Antwort: „Geh', thörichte Käuferin! willst du denn eine ewig dauernde Ehre und eine unendliche Glückseligkeit einem schnöden Glücke von zwanzig Jahren aufopfern? Bewahre mich Gott vor einem so thörichten Tausche. Lieber will ich Alles verlieren als meine ewige Seligkeit; denn 'was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet?'“ Mit diesen schönen, echt christlichen Worten war die versuchende Eva für immer abgewiesen.
Du, lieber christlicher Mann, wirst wohl nie in dieser Weise, wie der berühmte Glaubensheld von Eng- land, versucht werden; doch auch dir bleibt die Ver- suchung nicht aus. Hier tritt an dich eine Versuchung für deinen Glauben und deine kirchliche Gesinnung, dort eine Gefahr für die Reinheit des Herzens und die Treue, die du einst feierlich deinem Eheweibe am Altare versprochen hast; anderswo lockt und reizt dich ein reicher Gewinn, den du leicht und unbestraft machen könntest, zur Verletzung der christlichen Gerechtigkeit. In all' diesen und ähnlichen Gefahren denke an den hohen Ernst der Ewigkeit, denke an die ewigen Freuden, die dir zu Theil werden, wenn du standhaft bleibst im Guten, an die ewigen Qualen, die du dir verdienst, wenn du der Versuchung nachgibst und eine schwere Sünde begehst. Denke und erwäge, wie du allezeit gleichsam vor den Pforten der Ewigkeit stehst,
<TEI><text><body><divn="3"><p><q><pbfacs="#f0078"xml:id="B836_001_1901_pb0066_0001"n="66"/>
noch mehr Jahre,“</q> sagte sie freudig erregt. Doch mit<lb/>
heiligem Ernste und unerschütterlicher Festigkeit gab<lb/>
Morus zur Antwort: <q>„Geh', thörichte Käuferin! willst<lb/>
du denn eine ewig dauernde Ehre und eine unendliche<lb/>
Glückseligkeit einem schnöden Glücke von zwanzig<lb/>
Jahren aufopfern? Bewahre mich Gott vor einem<lb/>
so thörichten Tausche. Lieber will ich Alles verlieren<lb/>
als meine ewige Seligkeit; denn 'was nützt es dem<lb/>
Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner<lb/>
Seele aber Schaden leidet?'“</q> Mit diesen schönen, echt<lb/>
christlichen Worten war die versuchende Eva für immer<lb/>
abgewiesen.</p><p>Du, lieber christlicher Mann, wirst wohl nie in<lb/>
dieser Weise, wie der berühmte Glaubensheld von Eng-<lb/>
land, versucht werden; doch auch dir bleibt die Ver-<lb/>
suchung nicht aus. Hier tritt an dich eine Versuchung<lb/>
für deinen Glauben und deine kirchliche Gesinnung,<lb/>
dort eine Gefahr für die Reinheit des Herzens und die<lb/>
Treue, die du einst feierlich deinem Eheweibe am Altare<lb/>
versprochen hast; anderswo lockt und reizt dich ein<lb/>
reicher Gewinn, den du leicht und unbestraft machen<lb/>
könntest, zur Verletzung der christlichen Gerechtigkeit.<lb/>
In all' diesen und ähnlichen Gefahren denke an den<lb/>
hohen Ernst der Ewigkeit, denke an die ewigen<lb/>
Freuden, die dir zu Theil werden, wenn du standhaft<lb/>
bleibst im Guten, an die ewigen Qualen, die du dir<lb/>
verdienst, wenn du der Versuchung nachgibst und eine<lb/>
schwere Sünde begehst. Denke und erwäge, wie du<lb/>
allezeit gleichsam vor den Pforten der Ewigkeit stehst,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[66/0078]
noch mehr Jahre,“ sagte sie freudig erregt. Doch mit
heiligem Ernste und unerschütterlicher Festigkeit gab
Morus zur Antwort: „Geh', thörichte Käuferin! willst
du denn eine ewig dauernde Ehre und eine unendliche
Glückseligkeit einem schnöden Glücke von zwanzig
Jahren aufopfern? Bewahre mich Gott vor einem
so thörichten Tausche. Lieber will ich Alles verlieren
als meine ewige Seligkeit; denn 'was nützt es dem
Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner
Seele aber Schaden leidet?'“ Mit diesen schönen, echt
christlichen Worten war die versuchende Eva für immer
abgewiesen.
Du, lieber christlicher Mann, wirst wohl nie in
dieser Weise, wie der berühmte Glaubensheld von Eng-
land, versucht werden; doch auch dir bleibt die Ver-
suchung nicht aus. Hier tritt an dich eine Versuchung
für deinen Glauben und deine kirchliche Gesinnung,
dort eine Gefahr für die Reinheit des Herzens und die
Treue, die du einst feierlich deinem Eheweibe am Altare
versprochen hast; anderswo lockt und reizt dich ein
reicher Gewinn, den du leicht und unbestraft machen
könntest, zur Verletzung der christlichen Gerechtigkeit.
In all' diesen und ähnlichen Gefahren denke an den
hohen Ernst der Ewigkeit, denke an die ewigen
Freuden, die dir zu Theil werden, wenn du standhaft
bleibst im Guten, an die ewigen Qualen, die du dir
verdienst, wenn du der Versuchung nachgibst und eine
schwere Sünde begehst. Denke und erwäge, wie du
allezeit gleichsam vor den Pforten der Ewigkeit stehst,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/78>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.