schaft. Wie schön wäre es, wenn echt christliche Nächstenliebe und Theilnahme für einander allgemein unter uns wohnte; wie herrlich, wenn wir alle mit einander eine große, glückliche Gottesfamilie bildeten, aus der Zank und Streit, Zwietracht und Uneinigkeit gänzlich verbannt wären? Hier ist es nun auch wieder die Geldliebe, die vielfach störend und äußerst nach- theilig wirkt. Sie macht das Herz hart und kalt, wie das Metall ist, welches man liebt. Wie oft erzeugt sie flammenden Haß und bitteren Neid, der nur auf Unheil und Verderben sinnt? Wie viele Feindschaften ruft sie hervor, die dann Jahre lang unterhalten wer- den? Wie viele Prozesse veranlaßt sie, die falsche Eid- schwüre und viele andere schwere Sünden im Gefolge haben? Ja verscheucht sie nicht von dort jegliche Nächstenliebe, wo man sie doch vor Allem erwarten sollte? Jeder nur etwas edel angelegte Mensch wird gerührt und ist zur Abhilfe bereit, wenn er seinen Nebenmenschen in großer Verlegenheit bemerkt, wenn er die Thräne der Wittwe oder ein armes Kind vor Kälte und Hunger zittern sieht. Nur der Geldmann bleibt kalt und herzlos bei diesem Anblicke; doch ich irre, auch sein Herz wird mächtig ergriffen, aber nicht von Schmerz und Mitleiden, sondern von teuflischer Lust und Freude; denn er hofft die Noth und die Ver- legenheit seines armen Mitmenschen auszubeuten, um für sich einen Geldgewinn zu machen.
Sollte nicht Liebe und Einigkeit zwischen Geschwistern herrschen, die doch so eng mit einander verbunden sind?
schaft. Wie schön wäre es, wenn echt christliche Nächstenliebe und Theilnahme für einander allgemein unter uns wohnte; wie herrlich, wenn wir alle mit einander eine große, glückliche Gottesfamilie bildeten, aus der Zank und Streit, Zwietracht und Uneinigkeit gänzlich verbannt wären? Hier ist es nun auch wieder die Geldliebe, die vielfach störend und äußerst nach- theilig wirkt. Sie macht das Herz hart und kalt, wie das Metall ist, welches man liebt. Wie oft erzeugt sie flammenden Haß und bitteren Neid, der nur auf Unheil und Verderben sinnt? Wie viele Feindschaften ruft sie hervor, die dann Jahre lang unterhalten wer- den? Wie viele Prozesse veranlaßt sie, die falsche Eid- schwüre und viele andere schwere Sünden im Gefolge haben? Ja verscheucht sie nicht von dort jegliche Nächstenliebe, wo man sie doch vor Allem erwarten sollte? Jeder nur etwas edel angelegte Mensch wird gerührt und ist zur Abhilfe bereit, wenn er seinen Nebenmenschen in großer Verlegenheit bemerkt, wenn er die Thräne der Wittwe oder ein armes Kind vor Kälte und Hunger zittern sieht. Nur der Geldmann bleibt kalt und herzlos bei diesem Anblicke; doch ich irre, auch sein Herz wird mächtig ergriffen, aber nicht von Schmerz und Mitleiden, sondern von teuflischer Lust und Freude; denn er hofft die Noth und die Ver- legenheit seines armen Mitmenschen auszubeuten, um für sich einen Geldgewinn zu machen.
Sollte nicht Liebe und Einigkeit zwischen Geschwistern herrschen, die doch so eng mit einander verbunden sind?
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schaft. Wie schön wäre es, wenn echt christliche
Nächstenliebe und Theilnahme für einander allgemein
unter uns wohnte; wie herrlich, wenn wir alle mit
einander eine große, glückliche Gottesfamilie bildeten,
aus der Zank und Streit, Zwietracht und Uneinigkeit
gänzlich verbannt wären? Hier ist es nun auch wieder
die Geldliebe, die vielfach störend und äußerst nach-
theilig wirkt. Sie macht das Herz hart und kalt, wie
das Metall ist, welches man liebt. Wie oft erzeugt
sie flammenden Haß und bitteren Neid, der nur auf
Unheil und Verderben sinnt? Wie viele Feindschaften
ruft sie hervor, die dann Jahre lang unterhalten wer-
den? Wie viele Prozesse veranlaßt sie, die falsche Eid-
schwüre und viele andere schwere Sünden im Gefolge
haben? Ja verscheucht sie nicht von dort jegliche
Nächstenliebe, wo man sie doch vor Allem erwarten
sollte? Jeder nur etwas edel angelegte Mensch wird
gerührt und ist zur Abhilfe bereit, wenn er seinen
Nebenmenschen in großer Verlegenheit bemerkt, wenn er
die Thräne der Wittwe oder ein armes Kind vor Kälte
und Hunger zittern sieht. Nur der Geldmann bleibt
kalt und herzlos bei diesem Anblicke; doch ich irre, auch
sein Herz wird mächtig ergriffen, aber nicht von
Schmerz und Mitleiden, sondern von teuflischer Lust
und Freude; denn er hofft die Noth und die Ver-
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/245>, abgerufen am 22.11.2024.
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