Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

Bild:
<< vorherige Seite

Der andere Mann, von dem ich noch sprechen
wollte, war kein Laie, sondern ein Priester, geschmückt
mit der höchsten Würde des Priesterthums; es ist Papst
Pius VII. Von Natur ans war dieser Papst sehr zur
Nachgiebigkeit geneigt; auch nicht die geringste Spur
von Schroffheit und Härte fand sich in seinem Charakter
vor. Und doch welche Festigkeit und Unbeugsamkeit
hat er an den Tag gelegt und zwar einem Manne
gegenüber, vor dem ganz Europa zitterte, auf dessen
Wink die Kronen den Königen vom Haupte fielen.
Pius VII. mit dem sanften, milden, nachgiebigen Cha-
rakter zeigte keine Schwäche und keine Furcht vor dem
mächtigen und siegreichen Manne des Schwertes und
der Schlachten, vor Napoleon 1. Muß er auch fort
aus dem geliebten Rom, wird er auch in die Ver-
bannung geführt, thut nichts, er fügt sich nicht der
ungerechten Forderung des gefürchteten Welteroberers.
Der christliche Glaube hatte den schwachen Papst stark
und unüberwindlich, hatte den milden Pius zu einem
Manne von Stahl und Eisen gemacht.

Doch der Mann darf, soll sein Charakter ein voll-
kommener sein, nicht bloß fest und unbeugsam, nicht
bloß Stahl und Eisen sein, sondern muß mit der
Stärke und Festigkeit Freundlichkeit, Sanftmuth und
Liebe verbinden. Auch dazu verhilft ihm unsere hei-
lige Religion, wenn er nur ernstlich sich von derselben
beeinflussen läßt. Sie mahnt ihn ja, den Zorn und
sein aufbrausendes Wesen zu bekämpfen und sanft-
müthig zu sein, weil die Sanftmüthigen vom Herrn

Der andere Mann, von dem ich noch sprechen
wollte, war kein Laie, sondern ein Priester, geschmückt
mit der höchsten Würde des Priesterthums; es ist Papst
Pius VII. Von Natur ans war dieser Papst sehr zur
Nachgiebigkeit geneigt; auch nicht die geringste Spur
von Schroffheit und Härte fand sich in seinem Charakter
vor. Und doch welche Festigkeit und Unbeugsamkeit
hat er an den Tag gelegt und zwar einem Manne
gegenüber, vor dem ganz Europa zitterte, auf dessen
Wink die Kronen den Königen vom Haupte fielen.
Pius VII. mit dem sanften, milden, nachgiebigen Cha-
rakter zeigte keine Schwäche und keine Furcht vor dem
mächtigen und siegreichen Manne des Schwertes und
der Schlachten, vor Napoleon 1. Muß er auch fort
aus dem geliebten Rom, wird er auch in die Ver-
bannung geführt, thut nichts, er fügt sich nicht der
ungerechten Forderung des gefürchteten Welteroberers.
Der christliche Glaube hatte den schwachen Papst stark
und unüberwindlich, hatte den milden Pius zu einem
Manne von Stahl und Eisen gemacht.

Doch der Mann darf, soll sein Charakter ein voll-
kommener sein, nicht bloß fest und unbeugsam, nicht
bloß Stahl und Eisen sein, sondern muß mit der
Stärke und Festigkeit Freundlichkeit, Sanftmuth und
Liebe verbinden. Auch dazu verhilft ihm unsere hei-
lige Religion, wenn er nur ernstlich sich von derselben
beeinflussen läßt. Sie mahnt ihn ja, den Zorn und
sein aufbrausendes Wesen zu bekämpfen und sanft-
müthig zu sein, weil die Sanftmüthigen vom Herrn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <pb facs="#f0022" xml:id="B836_001_1901_pb0010_0001" n="10"/>
          <p>Der andere Mann, von dem ich noch sprechen<lb/>
wollte, war kein Laie, sondern ein Priester, geschmückt<lb/>
mit der höchsten Würde des Priesterthums; es ist Papst<lb/>
Pius VII. Von Natur ans war dieser Papst sehr zur<lb/>
Nachgiebigkeit geneigt; auch nicht die geringste Spur<lb/>
von Schroffheit und Härte fand sich in seinem Charakter<lb/>
vor. Und doch welche Festigkeit und Unbeugsamkeit<lb/>
hat er an den Tag gelegt und zwar einem Manne<lb/>
gegenüber, vor dem ganz Europa zitterte, auf dessen<lb/>
Wink die Kronen den Königen vom Haupte fielen.<lb/>
Pius VII. mit dem sanften, milden, nachgiebigen Cha-<lb/>
rakter zeigte keine Schwäche und keine Furcht vor dem<lb/>
mächtigen und siegreichen Manne des Schwertes und<lb/>
der Schlachten, vor Napoleon 1. Muß er auch fort<lb/>
aus dem geliebten Rom, wird er auch in die Ver-<lb/>
bannung geführt, thut nichts, er fügt sich nicht der<lb/>
ungerechten Forderung des gefürchteten Welteroberers.<lb/>
Der christliche Glaube hatte den schwachen Papst stark<lb/>
und unüberwindlich, hatte den milden Pius zu einem<lb/>
Manne von Stahl und Eisen gemacht.</p>
          <p>Doch der Mann darf, soll sein Charakter ein voll-<lb/>
kommener sein, nicht bloß fest und unbeugsam, nicht<lb/>
bloß Stahl und Eisen sein, sondern muß mit der<lb/>
Stärke und Festigkeit Freundlichkeit, Sanftmuth und<lb/>
Liebe verbinden. Auch dazu verhilft ihm unsere hei-<lb/>
lige Religion, wenn er nur ernstlich sich von derselben<lb/>
beeinflussen läßt. Sie mahnt ihn ja, den Zorn und<lb/>
sein aufbrausendes Wesen zu bekämpfen und sanft-<lb/>
müthig zu sein, weil die Sanftmüthigen vom Herrn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] Der andere Mann, von dem ich noch sprechen wollte, war kein Laie, sondern ein Priester, geschmückt mit der höchsten Würde des Priesterthums; es ist Papst Pius VII. Von Natur ans war dieser Papst sehr zur Nachgiebigkeit geneigt; auch nicht die geringste Spur von Schroffheit und Härte fand sich in seinem Charakter vor. Und doch welche Festigkeit und Unbeugsamkeit hat er an den Tag gelegt und zwar einem Manne gegenüber, vor dem ganz Europa zitterte, auf dessen Wink die Kronen den Königen vom Haupte fielen. Pius VII. mit dem sanften, milden, nachgiebigen Cha- rakter zeigte keine Schwäche und keine Furcht vor dem mächtigen und siegreichen Manne des Schwertes und der Schlachten, vor Napoleon 1. Muß er auch fort aus dem geliebten Rom, wird er auch in die Ver- bannung geführt, thut nichts, er fügt sich nicht der ungerechten Forderung des gefürchteten Welteroberers. Der christliche Glaube hatte den schwachen Papst stark und unüberwindlich, hatte den milden Pius zu einem Manne von Stahl und Eisen gemacht. Doch der Mann darf, soll sein Charakter ein voll- kommener sein, nicht bloß fest und unbeugsam, nicht bloß Stahl und Eisen sein, sondern muß mit der Stärke und Festigkeit Freundlichkeit, Sanftmuth und Liebe verbinden. Auch dazu verhilft ihm unsere hei- lige Religion, wenn er nur ernstlich sich von derselben beeinflussen läßt. Sie mahnt ihn ja, den Zorn und sein aufbrausendes Wesen zu bekämpfen und sanft- müthig zu sein, weil die Sanftmüthigen vom Herrn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/22
Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/22>, abgerufen am 21.11.2024.