das wird aber nur dann geschehen, wenn es sich sagen muß, daß der Vater es nicht aus Rachsucht, sondern nur aus wahrer Liebe straft.
Der Vater muß dann weiter stets ein wach- sames Auge auf die Kinder, auf ihre Neigungen und Fehler, auf ihr Betragen und ihren Umgang haben. Ein Gärtner wacht über seine Blumen und Pflanzen; er wehrt den schäd- lichen Insekten, schneidet die üppigen Auswüchse ab und jätet das Unkraut zeitig aus, damit seine Blumen keinen Schaden leiden. Ein Hirt wacht mit großer Sorgfalt über seine Heerde, daß kein Schäflein ver- loren gehe oder irgendwie beschädigt werde. Sollte da ein christlicher Vater nicht noch viel wachsamer sein bezüglich seiner theueren Kinder, damit sie keinen Scha- den erleiden an ihrer unsterblichen Seele, damit ihr Glaube und ihre Unschuld nicht in Gefahr kommen? Wie besorgt sind gewöhnlich die Väter für die Ge- sundheit des leiblichen Lebens ihrer Kinder? Bei jeder nur etwas bedenklichen Krankheit derselben gerathen sie in große Besorgniß; sie nehmen die Hilfe der tüchtig- sten Aerzte in Anspruch; keine Mühe, kein Opfer an Zeit und Geld ist ihnen zu viel. Das soll nicht ge- tadelt werden, im Gegentheil diese Sorgfalt verdient so lange sie vernünftig bleibt, nur Lob und Anerken- nung. Aber, christliche Väter, ist die unsterbliche Seele mit ihrer erhabenen Bestimmung und dem himmlischen Schmuck der heiligmachenden Gnade nicht unendlich mehr werth als der Leib, diese Handvoll
das wird aber nur dann geschehen, wenn es sich sagen muß, daß der Vater es nicht aus Rachsucht, sondern nur aus wahrer Liebe straft.
Der Vater muß dann weiter stets ein wach- sames Auge auf die Kinder, auf ihre Neigungen und Fehler, auf ihr Betragen und ihren Umgang haben. Ein Gärtner wacht über seine Blumen und Pflanzen; er wehrt den schäd- lichen Insekten, schneidet die üppigen Auswüchse ab und jätet das Unkraut zeitig aus, damit seine Blumen keinen Schaden leiden. Ein Hirt wacht mit großer Sorgfalt über seine Heerde, daß kein Schäflein ver- loren gehe oder irgendwie beschädigt werde. Sollte da ein christlicher Vater nicht noch viel wachsamer sein bezüglich seiner theueren Kinder, damit sie keinen Scha- den erleiden an ihrer unsterblichen Seele, damit ihr Glaube und ihre Unschuld nicht in Gefahr kommen? Wie besorgt sind gewöhnlich die Väter für die Ge- sundheit des leiblichen Lebens ihrer Kinder? Bei jeder nur etwas bedenklichen Krankheit derselben gerathen sie in große Besorgniß; sie nehmen die Hilfe der tüchtig- sten Aerzte in Anspruch; keine Mühe, kein Opfer an Zeit und Geld ist ihnen zu viel. Das soll nicht ge- tadelt werden, im Gegentheil diese Sorgfalt verdient so lange sie vernünftig bleibt, nur Lob und Anerken- nung. Aber, christliche Väter, ist die unsterbliche Seele mit ihrer erhabenen Bestimmung und dem himmlischen Schmuck der heiligmachenden Gnade nicht unendlich mehr werth als der Leib, diese Handvoll
<TEI><text><body><divn="8"><divn="2"><p><pbfacs="#f0203"xml:id="B836_001_1901_pb0191_0001"n="191"/>
das wird aber nur dann geschehen, wenn es sich sagen<lb/>
muß, daß der Vater es nicht aus Rachsucht, sondern<lb/>
nur aus wahrer Liebe straft.</p><p>Der Vater muß dann weiter <hirendition="#g">stets ein wach-<lb/>
sames Auge auf die Kinder, auf ihre<lb/>
Neigungen und Fehler, auf ihr Betragen<lb/>
und ihren Umgang haben</hi>. Ein Gärtner wacht<lb/>
über seine Blumen und Pflanzen; er wehrt den schäd-<lb/>
lichen Insekten, schneidet die üppigen Auswüchse ab<lb/>
und jätet das Unkraut zeitig aus, damit seine Blumen<lb/>
keinen Schaden leiden. Ein Hirt wacht mit großer<lb/>
Sorgfalt über seine Heerde, daß kein Schäflein ver-<lb/>
loren gehe oder irgendwie beschädigt werde. Sollte da<lb/>
ein christlicher Vater nicht noch viel wachsamer sein<lb/>
bezüglich seiner theueren Kinder, damit sie keinen Scha-<lb/>
den erleiden an ihrer unsterblichen Seele, damit ihr<lb/>
Glaube und ihre Unschuld nicht in Gefahr kommen?<lb/>
Wie besorgt sind gewöhnlich die Väter für die Ge-<lb/>
sundheit des leiblichen Lebens ihrer Kinder? Bei jeder<lb/>
nur etwas bedenklichen Krankheit derselben gerathen sie<lb/>
in große Besorgniß; sie nehmen die Hilfe der tüchtig-<lb/>
sten Aerzte in Anspruch; keine Mühe, kein Opfer an<lb/>
Zeit und Geld ist ihnen zu viel. Das soll nicht ge-<lb/>
tadelt werden, im Gegentheil diese Sorgfalt verdient<lb/>
so lange sie vernünftig bleibt, nur Lob und Anerken-<lb/>
nung. Aber, christliche Väter, ist die unsterbliche<lb/>
Seele mit ihrer erhabenen Bestimmung und dem<lb/>
himmlischen Schmuck der heiligmachenden Gnade nicht<lb/>
unendlich mehr werth als der Leib, diese Handvoll<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[191/0203]
das wird aber nur dann geschehen, wenn es sich sagen
muß, daß der Vater es nicht aus Rachsucht, sondern
nur aus wahrer Liebe straft.
Der Vater muß dann weiter stets ein wach-
sames Auge auf die Kinder, auf ihre
Neigungen und Fehler, auf ihr Betragen
und ihren Umgang haben. Ein Gärtner wacht
über seine Blumen und Pflanzen; er wehrt den schäd-
lichen Insekten, schneidet die üppigen Auswüchse ab
und jätet das Unkraut zeitig aus, damit seine Blumen
keinen Schaden leiden. Ein Hirt wacht mit großer
Sorgfalt über seine Heerde, daß kein Schäflein ver-
loren gehe oder irgendwie beschädigt werde. Sollte da
ein christlicher Vater nicht noch viel wachsamer sein
bezüglich seiner theueren Kinder, damit sie keinen Scha-
den erleiden an ihrer unsterblichen Seele, damit ihr
Glaube und ihre Unschuld nicht in Gefahr kommen?
Wie besorgt sind gewöhnlich die Väter für die Ge-
sundheit des leiblichen Lebens ihrer Kinder? Bei jeder
nur etwas bedenklichen Krankheit derselben gerathen sie
in große Besorgniß; sie nehmen die Hilfe der tüchtig-
sten Aerzte in Anspruch; keine Mühe, kein Opfer an
Zeit und Geld ist ihnen zu viel. Das soll nicht ge-
tadelt werden, im Gegentheil diese Sorgfalt verdient
so lange sie vernünftig bleibt, nur Lob und Anerken-
nung. Aber, christliche Väter, ist die unsterbliche
Seele mit ihrer erhabenen Bestimmung und dem
himmlischen Schmuck der heiligmachenden Gnade nicht
unendlich mehr werth als der Leib, diese Handvoll
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/203>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.